Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)
Füßen, die Sonne auf ihrer Haut, hörte die Wellen rauschen. Sah ihren kleinen Bruder mit einem Eimer und der Tauchermaske, die er zum Geburtstag bekommen hatte, ins Wasser waten. Plötzlich waren da ihre Eltern, die sie anlachten. Ihr Vater, der sie vorsichtig wie ein rohes Ei in den Arm nahm. Ihre Mutter, die hinter ihr herrief, als sie schon auf dem Weg zur Schule war, und ihr das vergessene Schulbrot in die Hand drückte.
Lucy hielt es nicht mehr aus. Sie presste die Hände vor ihr Gesicht, rutschte mit dem Rücken einfach an der Wand herunter, bis sie auf dem Boden saß. Erst schüttelte sich der Körper. Verzweifelt kämpften die Tränen gegen die Scham. Dann siegte die Trauer. Während ihr ganzer Körper sich schüttelte, rannen die Tränen wie ein Wasserfall. Lucy versuchte, wenigstens die Lautstärke ihres Schluchzens unter Kontrolle zu bringen. Sie wollte jetzt allein sein. Keiner – auch ihre Freunde nicht – sollten sie so sehen.
Aber auch das half alles nicht. Sie sah ihre Großeltern vor sich, ihre Geburtstagsfeier. Sie hatte das Gefühl, alle schönen Eindrücke ihres Lebens noch einmal zu erleben.
Und plötzlich änderte sich dieses Gefühl. Wie eine dunkle Gestalt in einem Horrorfilm, die aus dem Schatten tritt, waren plötzlich alle Zweifel, alle Fragen da. Was hatte sie falsch gemacht? Hätte sie nicht das erzählen können, was dieser Imperianer von ihr wollte? Hätte das wirklich die Erde, ihren Planeten, ihre Welt gerettet? Aber was wäre passiert, wenn sie das gesagt hätte? Sie hätten weiter gefragt. Was hätte sie ihnen erzählen sollen? Sie wusste doch nichts von Rebellen oder über was auch immer da geredet worden war. Sie war doch nur ein Mädchen von Terra, von der Erde! Was wusste sie schon von den Dingen in der Galaxie. Warum hatte sie sich bloß eingemischt? Nichts, aber wirklich nichts wäre so schlimm geworden wie das, was sie jetzt verbockt hatte. Wie sollte sie das bloß aushalten? Wie konnte sie zusehen, wie der ganze Planet mit all seiner Schönheit, mit all diesen Menschen, mit allen, von denen sie bis eben noch gar nicht gewusst hatte, dass sie sie liebte, in Stücke flog. Wenn sie doch bloß sterben könnte, bevor das alles passierte. Ein neuer, noch viel stärkerer Schauer der Verzweiflung durchlief sie. Ihr Körper zitterte, als würde er geschüttelt. Sie schluchzte, dass es wehtat. Die Tränen rannen ungehemmt.
Plötzlich spürte sie eine Hand in ihrem Haar. Jemand hatte sich neben sie gehockt und drückte sie an sich. Es war jetzt egal. Auch wenn es Lars wäre, was würde es für eine Rolle spielen, ob sie noch ein paar Minuten miteinander kuscheln würden oder nicht. Sie hätten ja doch keine Zeit mehr, um miteinander zu gehen. Sie würde ihm nicht erklären müssen, dass es doch alles nur freundschaftlich gemeint war. Sie würde nicht seinen enttäuschten Blick aushalten müssen. Es war doch alles nur noch eine Frage von wenigen Stunden und Minuten.
»Lucy, es tut mir so leid«, flüsterte zärtlich eine bekannte Stimme. Sie hatte nicht bemerkt, dass sich die Tür geöffnet hatte. Einen kurzen Impuls lang wollte sie aufspringen, ihre Trauer und ihre Tränen verbergen, aber dann siegte ihre Trauer. Es war ja doch alles egal jetzt. Sollte doch Borek, dieser hübsche, nette Junge von ihr denken, was er wollte. Sie würde in ein paar Stunden nicht mehr existieren und das war gut so. Sie hatte schließlich ihren ganzen Planeten auf dem Gewissen.
»Lucy, bitte, du darfst dir keine Vorwürfe machen. Du hast genau richtig gehandelt. Du kannst deinen Planeten nicht retten. Der war schon mit unserer Ankunft hier zerstört. Kein Schiff des ganzen Imperiums hat solche Waffen an Bord wie wir. Ich weiß nicht warum, aber Karror ist hierher gekommen, weil er den Planeten zerstören wollte. Wenn er euch nicht gehabt hätte, hätte er einen anderen Vorwand gefunden. Du konntest nichts tun. Bitte glaub mir!«
Lucy wurde von einem neuen Weinkrampf geschüttelt. Sie wollte ihm so gerne glauben. Jede einzelne Faser ihres Körpers lechzte nach Vergebung. »Bitte, lass es wahr sein, was er sagt. Lass mich nicht schuld sein an dieser Katastrophe!«, flehte sie in Gedanken. Wieder schüttelte es sie.
Borek hielt sie weiter im Arm und streichelte zärtlich durch ihr Haar.
»Ich weiß, du denkst, ich will dich nur trösten. Aber auf jedem Planeten, den das Imperium erobert, gibt es Überfälle. Die meisten haben unzählige Menschenleben gekostet. Dagegen war euer Überfall
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