Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)
eine Ewigkeit vor. Nach jedem größeren Schlag traute sie sich kaum zu atmen, aus Angst, dass dieser Einschlag endgültig die innere Hülle der Pilotenkanzel durchschlagen haben könnte und die lebensnotwendige Atemluft verloren gegangen wäre. Bei jeder kleineren Pause hoffte sie, dass es endlich vorbei wäre, dass sie aufatmen und sich freuen könnte, überlebt zu haben, und dann ging es unbarmherzig von vorne los.
Bei jeder neuen Welle von Einschlägen sank Lucys Zuversicht. Noch eine Welle konnte das Schiff oder das, was davon noch übrig war, nicht überstehen. In der Pause danach atmete sie ein wenig auf und dachte, dass sie noch einmal Glück gehabt hätten. Dann kam die nächste Welle.
Lucy lag mit dem von den Armen geschützten Kopf auf der Konsole und zitterte. Die nächste Welle würde das Schiff zerstören. Es war einfach unmöglich, dass das Schiff noch eine weitere Welle aushielt. Sie hatte alle Hoffnung verloren.
Es war ruhig, merkwürdig ruhig. Keine weiteren Erschütterungen durchliefen das Schiff. Lucy wartete ab. Sie konnte es nicht glauben, aber es war vorbei.
Vorsichtig schaute sie auf. Die Köpfe der anderen lagen noch immer in den verschränkten Armen auf den Konsolen. Lucy atmete tief durch. Die Luft war noch da. Zumindest die Innenkabine hatte gehalten. Sie sah ängstlich auf den Bildschirm, das heißt auf einen der wenigen, die noch funktionstüchtig waren. Zwei Drittel aller Schirme waren ausgefallen. Es waren noch kleinere Teile und Staub zu sehen, die sie noch überholten, aber der Materieschirm war im Wesentlichen wieder im gelben Bereich. Also hatte auch er die Druckwelle überstanden.
Die anderen hoben nacheinander auch die Köpfe.
»Kann ich wieder gucken? Ist es vorbei?« Kims piepsige Stimme erinnerte Lucy irgendwie an einen verletzten Vogel. Christoph streichelte sie sanft.
»Oh Gott, ich dachte, das war’s jetzt«, stöhnte Lars und rieb sich das blasse Gesicht.
»Wie sieht’s aus Christoph? Kannst du erkennen, wie groß der Schaden ist?«, fragte Lucy.
Christoph hantierte mutlos an seiner Konsole.
»Wollt ihr zuerst die guten oder zuerst die schlechten Nachrichten«, fragte er resigniert.
»Nur die Guten! Schlechte Nachrichten kann ich jetzt echt nicht mehr vertragen«, maulte Lars.
»Also die gute Nachricht ist, die Innenkanzel ist heil geblieben.«
»Das sehen wir selbst! Nun mach’s doch nicht so spannend«, raunte Lars ihn an.
Christoph verzog genervt das Gesicht.
»Ansonsten sind wir auf einer stabilen Umlaufbahn um die Erde. Das heißt, wir werden in den nächsten zweihundert Jahren nicht verglühen. So, das waren alle guten Nachrichten. Ich komme dann zu den schlechten!«
Alle sahen ihn erwartungsvoll, mit ängstlichen Augen an.
»Dass das Gravitationssystem ausgefallen ist, habt ihr ja auch schon mitbekommen. Die Triebwerke habt ihr wahrscheinlich auch vorbeisegeln sehen. Was ihr wahrscheinlich noch nicht wisst ist, dass auch alle kleineren Steuerturbinen, wie im Übrigen fast die gesamte Außenhaut zerstört sind. Kurz gesagt, wir sind absolut manövrierunfähig. Wir haben die Strahlenkanone verloren. Das hintere Ende ist noch da, aber für das würde man wohl nicht einmal mehr den Schrottpreis bekommen. Das Notaggregat funktioniert noch und wird sicher noch zwei Jahre oder mehr laufen. Solange wird es auch den Materieschirm aufrechterhalten. Na ja, das gehörte wohl eher zu den guten Nachrichten. Dass das Hauptenergieaggregat weggerissen worden ist, brauch ich euch wohl nicht zu erzählen. Ja und dann gibt es die entscheidende schlechte Nachricht.«
Christophs Kunstpause verfehlte nicht ihre Wirkung, alle starrten ihn gebannt mit zunehmend ängstlicheren Augen an.
»Die Sauerstoffaufbereitungsanlage ist auch zerstört worden. Der Notmechanismus hat funktioniert, sodass wenigsten keine Luft ausströmt und quasi ein geschlossener Kreislauf aufgebaut wurde.«
»Was erzählst du da, was heißt das verdammt?« Lars gingen die Nerven durch.
Christoph sah ihn leicht arrogant und absolut cool an. Mit kalter resignierter Stimme sagte er: »Das heißt, wir haben noch für acht Stunden Sauerstoff. Dann war’s das. Ihr solltet überlegen, ob ihr noch etwas Dringendes in eurem Leben zu erledigen habt. Viel Zeit ist nicht mehr.«
Einen Moment herrschte absolute Ruhe in dem kleinen Schiff oder dem, was noch davon übrig war.
»Christoph, kann man das denn nicht reparieren?«, fragte Kim und sah ihn flehend an. Christoph schüttelt nur leicht den Kopf und
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