Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)
Eindruck stundenlang auf dieser Wiese zu liegen, ihren Körper wohlig zu spüren und den schönsten Träumen nachzuhängen. Sie dachte gerade, dass es endlos so weitergehen könnte, als die ganze Szenerie verblasste. Die Röhre wurde wieder sichtbar und der Einstieg öffnete sich über ihrem Kopf. Das Einzige, was von dem ganzen Vorgang blieb, war das Gefühl, dass nicht nur der ganze Körper, sondern auch ihr Kopf mit Energie aufgeladen war.
Lucy kletterte beschwingt aus der Röhre. Die Ärztin musterte sie von oben bis unten mit ihren für Aranaer typischen stechend hellen Augen, die kalt wirkten. Ihre Miene war trotz eines kühlen Lächelns undurchdringlich.
»Dort hinten findest du die Sachen, die du während des Aufenthalts bei uns auf dem Schiff tragen wirst.« Dabei zeigte sie auf eine Art Stuhl, auf dem Kleidung in den üblichen Grautönen lag, die scheinbar die bevorzugte Farbe der Außerirdischen war.
Lucy ging unter den Blicken der Ärztin zu dem Stuhl. Ein Teil der energiegeladenen Beschwingtheit ging durch die Verunsicherung, die sie gegenüber der Ärztin empfand, wieder verloren. Als sie an einem Spiegel vorbeikam, der ihren Körper in voller Größe abbildete, blieb sie vor Schreck mit offenem Mund stehen. Sie hätte sich fast nicht wieder erkannt. In ihren geheimsten Träumen hatte sie sich manchmal vorgestellt, eine gute Fee würde kommen und mit einem Zauberstab alles, was sie an ihrem Körper und ihrem Gesicht hasste, verzaubern. Von diesen Träumen würde sie natürlich niemals einem anderen erzählen. Manchmal schämte sie sich wegen ihnen sogar vor sich selbst. Das Spiegelbild, das sie jetzt vor sich sah, übertraf diese Träume aber noch. Ihre Pickel waren verschwunden, ebenso wie das überflüssige Körperfett. Ihr Bauch war flach. Dabei sah sie nicht so wie diese halb verhungerten Tussis aus, über die sich so gerne lustig gemacht hatte. Im Gegenteil ihr Körper war muskulös und einfach gut trainiert. Kurz, sie sah aus, als hätte sie ihr Leben lang intensiv Sport betrieben. Sie war von einer Minute zur anderen zu dem hübschen Mädchen geworden, das sie im Geheimen schon immer gern gewesen wäre.
»Das haben wir doch ganz gut hinbekommen, oder?« Die Ärztin stand plötzlich hinter ihr und lächelte sie kühl aus dem Spiegel an. »So und nun zieh dich an. Die anderen warten schon.«
Schnell zog Lucy die Kleidungsstücke an. Sie hatten absolut gar nichts mit der neusten Mode – der irdischen natürlich – zu tun. Neben sehr einfallsloser, grauer Unterwäsche gehörte eine dunkelgraue Hose dazu, die eine Unzahl von Taschen an den Seiten, am Gesäß und an den Beinen hatte. Für den Oberkörper gab es eine Art Pullover, der von hellgrauer Farbe war, und ebenfalls mit Taschen an beiden Seiten, am Bauch und der Brust besetzt war. Alles schien aus dem gleichen oder zumindest sehr ähnlichem Material zu bestehen. Es war extrem dehnbar und schmiegte sich direkt an die Haut an. Dabei war es wirklich bequem zu tragen und behinderte keinerlei Bewegungen. Wie Lucy und die anderen später noch lernen sollten, hielt der Stoff, der natürlich ein außerirdischer Hightech-Kunststoff war, den Körper gleichmäßig und angenehm warm und das bei Außentemperaturen zwischen minus zwanzig bis plus vierzig Grad, und zwar so, dass die Trägerin bzw. der Träger weder fror noch schwitzte. Die Schuhe bestanden aus einem ähnlichen Material, das an der Sohle verstärkt war. Sie hatten flache Sohlen und gaben dem Träger bzw. der Trägerin das Gefühl barfuß zu laufen und gleichzeitig die Füße geschützt zu haben. Es muss eigentlich nicht erwähnt werden, dass die Schuhe ebenfalls in einem Grauton gehalten waren. Erst als Lucy noch einmal ihr Outfit im Spiegel kontrollierte, fiel ihr auf, dass sie ihre Brille gar nicht aufgesetzt hatte und trotzdem alles deutlicher sehen konnte als vor der Behandlung. Gedankenversunken rieb sie sich die Nasenwurzel, dort, wo normalerweise die Brille aufliegen würde.
»Die brauchst du jetzt nicht mehr. Deine Augen haben wir wieder vollständig hinbekommen. Für Sehschwächen haben wir natürlich weiterentwickeltere medizinische Methoden als ihr. Sehhilfen brauchen wir nicht mehr. So und jetzt sieh zu, dass du zu deinen Freunden kommst.«
Damit fasste die Ärztin Lucy an den Schultern und schob sie sanft vor sich her aus ihrem Behandlungszimmer in den Warteraum. Hinter Lucy schloss sich in der üblichen Weise lautlos die Tür und es blieb kein Zeichen für einen Eingang
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