Lucy im Himmel (German Edition)
natürlich mal wieder nicht gekommen.
»Ach Lucy, du musst noch viel verinnerlichen, wenn du wirklich ein Engel werden willst«, seufzte Gabriel.
»Na ja, irgendwelche Lerninhalte müssen einem während einer dreijährigen Ausbildung ja auch vermittelt werden!«, antwortete ich trotzig. »Ich habe schließlich nur einen Fünf-Minuten-Schnellkurs erhalten.«
»Den du in weniger als fünf Sekunden wieder vergessen hast, wie mir manchmal scheint.«
Allmählich begann mich Gabriels ironischer Unterton zu nerven.
»Also, denk daran: Wenn du willst, dass Menschen etwas für dich tun, musst du sie nur ansehen, dich darauf konzentrieren, was sie machen oder empfinden sollen und ihnen genau diesen Gedanken suggerieren.«
»Sir! Ja, Sir!«
»Ach, und Lucy?«
»Ja?«
»Knackiges Hinterteil, das du da hast!« Mit einem leisen Lachen legte er auf.
Ich erhob mich und machte mich auf die Suche nach Gregor. Ein Handtuch um die Hüften geschlungen stand er vor dem Badezimmerspiegel und betrachtete sich. Seine Augen wirkten glanzlos, irgendwie müde.
»War es nicht schön beim Klettern? Das hast du doch früher so gerne gemacht«, murmelte ich leise.
Als hätte er mich hören können, knurrte er: »Ich gehe nie wieder mit einem frischverliebten Pärchen irgendwohin. Das war die reinste Hölle!«
»Ach Mensch!«, seufzte ich und schlang tröstend meine Arme um ihn. »Mein armer Liebling. Aber ich verspreche dir: Wir werden die Frau für dich finden, von der du noch gar nicht weißt, dass du sie suchst. Und wenn ich dafür Gabriel persönlich auf die Erde herunterholen muss.«
Dann konzentrierte ich mich darauf, meinem Schatz ein zuversichtliches Gefühl zu vermitteln.
Es war trotz allem ein schöner Tag, weil du deinen Körper trainiert hast. Und jetzt kochst du noch etwas Leckeres, bevor du dich mit einem Glas Wein und einem guten Buch auf die Terrasse setzt und den Abend entspannt ausklingen lässt .
Endlich löste er seinen Blick vom Spiegel, ging ins Schlafzimmer und holte sich frische Unterwäsche. Als er den Schrank öffnete, nutzte ich die Gunst des Augenblicks, ihm einen anderen Gedanken zu schicken.
Du solltest endlich damit anfangen, Lucys Kleider auszusortieren und wegzugeben.
Ich fühlte förmlich den Widerstand, mit dem er den Gedanken zu blockieren versuchte.
»Nicht heute!«, flehte er leise.
Es tat mir weh, ihm so offensichtliche Schmerzen zuzufügen, daher knickte ich sofort ein.
Es muss nicht auf der Stelle sein, aber morgen ist ein guter Tag dafür. Lucy würde sich freuen, wenn du ihre Sachen verschenkst.
Gregor stöhnte gequält auf. Deshalb unternahm ich auch nichts, als er nach einem schwarzen T-Shirt und ebensolchen Jeans griff. Dabei wäre ich viel glücklicher gewesen, wenn er endlich etwas Farbiges angezogen hätte. Nun ja, das war dann eben mein zweites Projekt für den kommenden Tag.
Zehntes Kapitel
In dem Lucy den Kampf mit den Altkleidercontainern aufnimmt
Nachdem Gregor am nächsten Morgen aus der Dusche gekommen war, sich abgetrocknet hatte und zu rasieren begann, ritt mich plötzlich der Teufel.
Was hältst du davon, wenn du dir wie früher einen Unterlippenbart stehen lassen würdest?
Er hatte manchmal einen kleinen, auf ein Dreieck getrimmten Bart zwischen Unterlippe und Kinn getragen – einen sogenannten Soul Patch, wie ich zu meiner Belustigung in einer Männerzeitschrift gelesen hatte. An meinem Schatz hatte er besonders gut gewirkt, weil die Härchen an der Stelle schon seit einigen Jahren schlohweiß waren und damit einen tollen Kontrast zu seinen dunklen Bartstoppeln boten. Es machte ihn ein klein wenig verwegener, ohne zu viel Gewicht auf seine untere Gesichtshälfte zu legen.
Gregor schien meinen Vorschlag ebenfalls für eine gute Idee zu halten. Ein paar Minuten später betrachteten wir gemeinsam zufrieden sein Werk im Spiegel. Was für ein exzellenter Start in den Sonntag! Gutgelaunt folgte ich ihm ins Schlafzimmer.
So toll es im Bad geklappt hatte, so schwierig wurde es jedoch bei der Kleiderwahl. Entweder konzentrierte ich mich nicht ausreichend, oder er hatte schlichtweg andere Vorstellungen von dem, was er anziehen wollte.
Wie wäre es mit der ausgewaschenen blauen Jeans mit den Knöpfen? Die hat Lucy doch so
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