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Lucy im Himmel (German Edition)

Lucy im Himmel (German Edition)

Titel: Lucy im Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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sich selbst. Gregor war abrupt stehengeblieben und machte nun zögerlich ein paar Schritte auf sie zu. Ich öffnete die Beifahrertür einen Spalt breit, um das Gespräch besser mithören zu können.
         So aggressiv die Frau im ersten Augenblick gewirkt hatte, so hilflos schien sie jetzt zu sein. Sie erklärte meinem Göttergatten, dass sie mit dem Auto ihrer Tochter unterwegs sei, weil ihr Sohn ihren Mercedes gegen eine Wand gesetzt hatte und Letzterer derzeit in der Werkstatt stand. Leider war ihr Wagen ein Benziner, der Clio ihrer Tochter allerdings ein Diesel: Und sie hatte gewohnheitsmäßig Superplus getankt. Na, das konnte jedem mal passieren, vor allem, wenn man mit dem Kopf wo anderes war. Immerhin hatte sie Glück im Unglück: Der Fehler war ihr aufgefallen, bevor sie den Motor angelassen hatte.
         Bei einer großen Markentankstelle mit angeschlossener Werkstatt wäre all das kein Problem gewesen, aber wir standen an einer kleinen Freien. Und das Mädchen hinter dem Tresen hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie reagieren sollte. Die Dame, der das Malheur passiert war, war mit ihren Nerven am Ende. In solchen Momenten war mein Mann einfach Gold wert. Er nahm die Sache in die Hand und schleppte den Clio kurzerhand zur nächstgelegenen Renault Markenwerkstatt in die Rollnerstraße. Dort angekommen, war er sogar noch so freundlich, den Pechvogel zu fragen, wo er sie hinbringen solle.
         »In die nächste Pizzeria? Darf ich Sie zum Essen einladen? Ich habe furchtbar Hunger! Leisten Sie mir Gesellschaft?«
         Mir blieb die Luft weg. Die Dame war offenbar kein Kind von Traurigkeit. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dass sie tatsächlich den falschen Zapfhahn in der Hand gehalten hatte, hätte ich ihr Vorgehen glatt für eine besonders raffinierte Art der Anmache gehalten. Dennoch wollte ich eigentlich nicht, dass mein Mann mit ihr essen ging. Wer konnte schon wissen, was sie im Schilde führte? Außerdem war sie um einiges älter als er und schied damit als Kandidatin, in die er sich verlieben und mit der er Kinder haben sollte, aus.
         »Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich habe einen furchtbaren Tag hinter mir«, sagte mein Schatz ganz ohne mein Zutun. »Ich möchte eigentlich bloß noch nach Hause.«
         »Oh, dann ... Entschuldigen Sie. Wissen Sie was? Am besten lassen Sie mich einfach am nächsten Taxistand raus. Das macht die wenigsten Umstände.«
         Gregor nickte, wie mir schien, erleichtert.
     
    Sobald die Unbekannte am Schillerplatz ausgestiegen war, wendete mein Göttergatte jedoch nicht etwa. Zu meiner Überraschung machte er einen Umweg in die Pirckheimerstraße und hielt an unserer Trattoria, von der wir uns manchmal eine Pizza mitgenommen hatten, wenn keine Zeit zum Kochen gewesen war.
         Eine »Pizza quattro formaggi« mit einem großen Salat wäre jetzt genau nach meinem Geschmack , dachte ich, und merkte im selben Moment, dass ich Gregor dabei angeschaut hatte. Unwillkürlich musste ich grinsen. Zum Glück war es auch seine Lieblingspizza.
         Gemütlich auf dem Sofa vor dem Fernseher lümmelnd aßen wir die Pizza mit den Fingern direkt aus dem Karton – wobei ich mir nur hier und da einen Bissen klaute, während mein Mann abgelenkt war. Anschließend ließ ich mich völlig geschafft zurücksinken. Ihm ging es offenbar ganz ähnlich, denn kaum hatte ich alle Viere von mir gestreckt, tat er dasselbe: Er bettete seinen Kopf in meinen unsichtbaren Schoß, schlang die Arme um ein Kissen und streckte die Beine aus. Fünf Minuten später war er eingeschlafen. Mir liefen Tränen über das Gesicht, so gerührt war ich von dieser liebevollen und vertrauten Geste, die er nicht einmal merkte.
     
    Nachdem mein Göttergatte am Montagmorgen in die Arbeit gefahren und ich endlich aufgestanden war, blieb mir noch eine Stunde, bis ich zu Bea aufbrechen wollte – und wie hätte ich die besser nutzen können, als damit, ein wenig aufzuräumen. Ich konnte es eben einfach nicht lassen.
         Flugs holte ich mir die kleine Trittleiter und einen Eimer Wasser, dann wischte ich die Schränke feucht aus, in denen bis gestern meine Sachen gelegen hatten. Anschließend verteilte ich Gregors Kleider etwas luftiger im Schrank, damit die entstandene Leere nicht gar so bedrückend wirkte. Dabei stellte ich fest, dass wir einen Kleiderbügel mit einem Kleid und einer langen Strickjacke übersehen hatten. Rasch nahm ich die zwei Teile heraus

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