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Lucy im Himmel (German Edition)

Lucy im Himmel (German Edition)

Titel: Lucy im Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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geschickter gewesen, alles direkt zum Roten Kreuz zu bringen, aber die hatten sonntags leider nicht offen. Daher machten wir uns auf die Suche nach Altkleidercontainern. Was sich so einfach anhörte, wurde zur reinsten Odyssee.
         Den ersten wollte Gregor nicht nehmen, wofür ich vollstes Verständnis hatte: Er befand sich am Ende unserer Straße und würde ihn nur ständig daran erinnern, dass er meine Sachen weggegeben hatte. Und vielleicht würde in einem depressiven Moment der Anreiz überhand nehmen, sie zurückholen zu wollen.
         Beim zweiten Behälter in der Rollnerstraße stapelten sich davor schon die Tüten. Entweder war er schon seit geraumer Zeit nicht mehr geleert worden, oder jemand hatte ausgerechnet dieses Wochenende dieselbe Idee gehabt wie wir. Im Rennweg bekamen wir immerhin zwei Säcke los, in der Veilhofstraße drei – dann waren auch die Container so voll, dass man die Klappe nicht mehr betätigen konnte.
         Nicht nur Gregors Stimmung wurde zusehends schlechter. Es war wie verhext. Entweder waren die Behälter überfüllt, oder wir fanden erst gar keinen, obwohl wir an Stellen suchten, an denen ich mir sicher war, dass früher einer gestanden hatte. Irgendwann riss mir der Geduldsfaden. Ich zückte mein Handy und wählte die 999. Vielleicht verfügte Engel Isolde über einen Plan, in dem die Standorte sämtlicher Altkleidercontainer eingezeichnet waren? Wenn die dann auch noch einen Füllstandsanzeiger hatten, wäre mein Problem binnen Sekunden gelöst.
         »Himmlische Notrufzentrale. Du hast das große Vergnügen, heute ausnahmsweise mit Engel Manuel zu sprechen«, flötete mir eine überaus vertraute Stimme ins Ohr – wenngleich nicht die, die ich erwartet hatte.
         »Was ist mit Isolde passiert?«, frage ich anstelle einer gebührenden Begrüßung.
         »Oh, welche Freude, unser Möchtegern-Engelchen Lucy gelüstet es nach einem himmlischen Gespräch«, neckte er mich. »Isolde feiert Überstunden ab. Wo brennt's denn? Möchtest du zurück in den Himmel? Das wäre gerade allerdings blöd, weil ich hier nicht wegkann, und die anderen Fahrstuhlfahrer würden dich zu Tode langweilen.«
         »Nein, ich suche einen leeren Altkleidercontainer, in den siebenundzwanzig prallgefüllte Kleidersäcke passen.«
         »Wenn es weiter nichts ist«, antwortete Manuel prompt. »Warte einen Augenblick, ich guck mal schnell im Lagerwirtschaftsprogramm nach.« Ich hörte Tasten klappern, dann ein leises Fluchen. »Das blöde Programm bleibt immer hängen. Moment noch.« Wieder klapperte es. »Also, pass auf. Die Container bei dir in der Umgebung sind alle ziemlich voll. Aber in Hamburg hätte ich ein paar, die komplett frei wären.«
         »Sag mal, spinnst du?«, blaffte ich. »Wir sind am anderen Ende von Deutschland!«
         »Ach, wenn ihr ein bisschen auf die Tube drückt ...« Manuel ließ den Satz in der Schwebe. »Ich dachte nur: Das wäre doch ein netter kleiner Sonntagsausflug. Aber wenn du nicht willst ... Also pass auf: Ich schicke dir gleich eine Straßenkarte auf dein Handy. Darauf sind alle Nürnberger Container eingezeichnet, und du kannst in Echtzeit sehen, wie viel Platz noch in ihnen ist.«
     
    Von nun an war alles ganz einfach: Innerhalb einer Stunde hatten wir sämtliche Säcke weggebracht. Ich schwor mir, in Zukunft immer umgehend im Himmel anzurufen, wenn es ein Problem gab. Heute hätten wir uns viel Zeit und Nerven gespart, wenn ich die Karte von Anfang an gehabt hätte. Müde machten wir uns auf den Heimweg.
         Ein durchdringendes »Piiiiiiiep« ließ mich aus meinen Gedanken schrecken. Die Benzinanzeige leuchtete auf. Mein Mann bog in die nächstgelegene Tankstelle in der Äußeren Bayreuther Straße. Während er volltankte, beobachtete ich, wie in rasantem Tempo ein kleiner roter Clio angeschossen kam und schräg gegenüber hielt. Eine sportlich in Reitstiefel gekleidete Dame sprang heraus, lief forschen Schrittes um ihren Flitzer herum und machte sich an den Zapfhähnen zu schaffen. Ihre Bewegungen wirkten fahrig. Vielleicht hatte sie sich über irgendetwas geärgert?
         Ich wandte meinen Blick wieder meinem Mann zu, der soeben vom Bezahlen zurückkehrte. Genau in dem Augenblick, als er auf Höhe der Frau war, fing sie aus heiterem Himmel an zu toben.

Elftes Kapitel
    In dem Lucy etwas verschenkt
     
    Es dauerte einen Augenblick, bis ich merkte, dass die Clio-Fahrerin nicht meinen Mann beschimpfte, sondern

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