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Lucy im Himmel (German Edition)

Lucy im Himmel (German Edition)

Titel: Lucy im Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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Das konnte ja heiter werden. Da gab es auf der ganzen Welt einen einzigen Menschen, der mich sehen konnte, und dann musste diese Person nicht nur mir begegnen, sondern auch noch mit meinem Mann zu tun haben. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Gregor war der zurückhaltende Beamte, von dem mir Bea gestern erzählt hatte. Komplizierter ging es wirklich nicht mehr.
         Ich überlegte: Was sollte ich tun? Irgendetwas musste ich ihr spätestens morgen erzählen. Warum war ich im Büro eines leitenden Beamten der Zollfahndung gewesen? Ich konnte ihr schlecht sagen, dass ich ebenfalls dort arbeitete. Schließlich glaubte sie, ich sei arbeitslos. Ich biss mir auf die Unterlippe. Da war guter Rat teuer.
         Aber jetzt musste ich erst einmal Sofortmaßnahmen einleiten, denn hier, unmittelbar vor Gregors Zimmer konnte ich nicht bleiben.Ich entschied, mich in der Herrentoilette zu verstecken, da es der einzige Ort war, an dem mich Bea mit Sicherheit nicht entdecken würde.

Vierzehntes Kapitel
    In dem Lucy ein Gespräch von Frau zu Frau führt
     
    Am nächsten Morgen stand ich zwar mit meinem Mann auf und versuchte, ihn bei seiner Kleiderwahl zu etwas Nicht-Schwarzem zu motivieren – er entschied sich für ein hellgraues Unterziehshirt –, fuhr anschließend aber nicht mit ihm ins Büro. Stattdessen machte ich mich gegen halb zehn auf den Weg zu Bea.
         Leider öffnete auf mein Klingeln niemand. So ein Mist! Ich hätte vorher anrufen und fragen sollen, ob sie zu Hause war. Wo konnte sie nur sein? Saß sie gerade bei einem anderen Beamten im Büro, um die Plausibilität ihrer Story zu recherchieren? Oder machte sie vielleicht nicht auf, weil sie arbeitete und nicht gestört werden wollte? Ich war kurz davor, Engel Isolde in der himmlischen Notrufzentrale anzurufen und nachzufragen, ob es ein Ortungssystem gab, mit dessen Hilfe ich herausfinden konnte, wo Bea steckte, als mir der Johannisfriedhof einfiel. Natürlich! Sicher war sie bei dem schönen Wetter zum Schreiben dorthin gegangen.
     
    Ich hatte recht. Bea saß auf derselben Bank wie bei unserer dritten Begegnung. Diesmal hatte sie jedoch die Füße lässig auf einen der Grabsteine unmittelbar vor ihr gestellt. Ihr Netbook auf den Knien balancierend tippte sie konzentriert vor sich hin, ohne auf die Geschehnisse um sie herum zu achten. Ich beobachtete sie.
         Nach einer Weile wurde sie unruhig. Offenbar spürte sie, dass sie nicht allein war. Ich trat hinter dem üppigen Rosenbusch hervor und schlenderte langsam in ihre Richtung, ganz so, als sei ich gerade erst auf den Friedhof gekommen.
         »Guten Morgen, Bea.«
         »Lucy! Dachte ich mir doch, dass da jemand ist.« Sie grinste.
         »Du hast in der Beziehung sehr feine Antennen, nicht wahr?«
         »Ich weiß nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Spürst du es nicht auch manchmal, dass dich jemand ansieht, bevor du den Menschen wahrnimmst?«
         Ich musste einen Moment nachdenken, dann schüttelte ich den Kopf. »So was ist mir früher nie sonderlich aufgefallen.«
         »Und jetzt?«
         »Wie meinst du das?« Ich runzelte die Stirn.
         »Na, wenn du sagst, dass du früher nicht besonders feinfühlig warst, muss es jetzt doch anders sein.«
         Mit einem Mal stieg mir die Schamesröte ins Gesicht. Ich hatte mich verplappert. »Irgendwie hat sich in letzter Zeit vieles geändert«, murmelte ich unbestimmt und wechselte schleunigst das Thema, damit sie nicht weiter nachhaken konnte. »Sagen die Leute eigentlich nichts, wenn du die Füße auf den Grabstein stellst? Manche der älteren Besucher dürften das doch als ziemlich pietätlos empfinden, oder?«
         Sie schnitt eine Grimasse, dann legte sie ihr Netbook neben sich und stand auf, um auf dem Grabstein ein paar der Efeuranken zur Seite zu schieben, die darüber wucherten. Schließlich deutete sie auf das Epitaph: Beatrix Middelhauve.
         Ich hielt den Atem an. Zeigte sie mir gerade ihr eigenes Grab? War sie vielleicht doch kein Mensch, sondern ein Engel?
         »Meine Urururgroßmutter wurde hier beerdigt. Und so gut wie alle anderen Familienmitglieder seither.«
         Jetzt erst sah ich, dass unter dem Namen noch ein Zusatz stand: Geboren 1806, Gestorben 1859. Erleichterung durchströmte mich. Da wäre fast mal wieder der Gaul mit mir durchgegangen.
         »Haben dich deine Eltern nach ihr benannt?«
         Bea nickte. »Wollen wir einen

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