Lucy in the Sky
aus. Verständlicherweise.
Den ganzen Tag verwöhnen mich die Mädels bei der Arbeit. Nachmittags kauft Mandy sogar einen Kuchen für mich. James lässt einen riesigen Blumenstrauß ins Büro schicken, und Chloe ist grün vor Neid. Aber das ist nichts im Vergleich zu ihrem Gesicht, als ich ihr die Halskette zeige, die er mir heute Morgen geschenkt hat. Eine Weißgoldkette mit einem großen Solitärdiamanten, passend zu meinen Ohrringen.
Die Kette ist wunderschön. Ich liebe sie. Und ich hasse sie genauso leidenschaftlich, denn jedes Mal, wenn ich sie anschaue, komme ich mir vor wie ein falsches Miststück.
Später wollen wir in einem Pub in der High Street feiern, aber ich habe Richard und Nathan vorher noch auf einen Drink in unsere Wohnung eingeladen. Also gehe ich nicht direkt in den Pub, sondern erst mal nach Hause. Inzwischen ist es Oktober, die Nächte werden länger und kälter, deshalb nehme ich die U-Bahn – wie meistens in letzter Zeit.
Doch schon bald bereue ich meine Entscheidung. Die Bahn ist gerammelt voll, wir stehen gepresst wie in einer Sardinenbüchse.
Gerade als ich beschlossen habe, an der nächsten Station auszusteigen und zu Fuß zu gehen, bleibt der Zug im Tunnel stehen. In der nächsten Station ist ein Feuer ausgebrochen, und es muss vollständig geräumt werden. Der Frau neben mir ist übel, und ich muss die Leute um uns herum anschreien, sie sollen den Weg freimachen, damit sie ein bisschen mehr Luft kriegt. Eine albtraumartige halbe Stunde später setzt der Zug sich wieder in Bewegung.
Zu Hause kaure ich mich zum Schminken wie immer im Schneidersitz auf den Boden vor den großen Spiegel am Kleiderschrank. Meine Haare halte ich mit einem schwarzen Haarband aus der Stirn, fische dann meine getönte Feuchtigkeitscreme heraus und drücke mir ein bisschen davon auf die Handfläche.
In diesem Moment klingelt es an der Tür. Ach du Scheiße, sie sind schon da, und ich bin noch längst nicht fertig! Ich schaue mich um: ungemachtes Bett, halb unter Klamotten begraben, Kosmetikartikel in wildem Chaos über den Boden verteilt … In diesem Zustand kann ich Nathan das Schlafzimmer jedenfalls nicht zeigen. Ich höre James’ Stimme, der die beiden begrüßt, während sie die Treppe heraufkommen. Na gut, er kann sie mit einem Bier hinhalten, bis ich fertig bin. Nachdem ich das Make-up aufgetragen habe, gehe ich auf die Suche nach meinem grün schimmernden Lidschatten und trage ihn erst auf das eine, dann auf das andere Augenlid auf. Jetzt suche ich in meiner Tasche nach der Mascara. Es klopft. Scheiße! »Herein!« Hoffentlich ist es James.
»Hi«, ruft Nathan und streckt den Kopf durch den Türspalt.
»Herzlichen Glückwunsch!«
»Danke. Tut mir leid, ich bin noch nicht ganz fertig.«
Er macht die Tür noch ein bisschen weiter auf und kommt herein. Ich möchte mir unbedingt das Haarband vom Kopf zerren.
»Die Wohnung ist super«, meint er bewundernd und setzt sich schließlich hinter mich auf den Boden, ein Bier in der Hand. Als ich mich zu ihm umdrehe, streifen meine Füße fast sein Bein.
»Habt ihr gut hergefunden?«
»Ja, kein Problem. Gute Wegbeschreibung.« Er nimmt einen Schluck aus der Flasche.
»Ich bin ein bisschen spät dran, weil ich mit der U-Bahn stecken geblieben bin«, erkläre ich, während ich mich wieder dem Spiegel zuwende und zur Wimperntusche greife. Da er keine Anstalten macht, wieder rauszugehen, mache ich einfach weiter und versuche das Chaos zu ignorieren.
»Ach wirklich? Welche Linie denn?«
»Hör dir das an – welche Linie denn. Du klingst ja schon wie ein Londoner.«
Er lacht leise, und während ich mich fertig schminke, erzähle ich ihm von meiner Fahrt hierher. Schließlich entferne ich das Haarband und zupfe meinen Pony zurecht.
»Okay, fertig«, verkünde ich. Nathan steht auf und hält mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen. Ich drängle mich an ihm vorbei und gehe voraus in die Küche. Meine Handfläche brennt von seiner Berührung. Verdammt, verdammt, verdammt!
James und Richard sitzen vor der Glotze. Schon wieder Rugby. »Nein!«, brüllt James, als ein Team – ich denke, es ist mit ziemlicher Sicherheit der Gegner – einen Punkt macht. Nathan folgt mir in die Küche und lehnt sich an die Anrichte, während ich die Erdnüsse und Cashewkerne im Honigmantel herauskrame.
»Nüsse?«, frage ich und versuche so normal wie möglich zu klingen.
»Danke.«
»Möchtest du noch ein Bier?«
»Nein, ich hab noch.« Er trägt einen schwarzen Pulli und
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