Lucy in the Sky
dunkelblaue Jeans. Die Hose sieht neu aus. Ich schenke mir ein Glas Weißwein ein, und wir sehen uns an, tief in die Augen, bis es ungemütlich wird.
»Wo gehen wir denn heute Abend hin?«, fragt er schließlich.
»Nur ein Stück die Marylebone High Street runter«, antworte ich und mache mich konzentriert daran, einen Cashewkern aus den Erdnüssen zu fischen.
In meinem Magen scheint eine ganz eigene Geburtstagsparty stattzufinden.
Als wir in der Kneipe ankommen, sind Chloe und Gemma schon da und natürlich voller Erwartung. Natürlich wissen sie nicht, welcher der beiden Männer Nathan ist, und es ist ziemlich witzig anzusehen, wie ihre Blicke vom einen zum andern wandern, während sie darauf warten, vorgestellt zu werden.
»Hallo, ihr beiden«, lächelt James und küsst sie.
»Chloe, Gemma, das hier ist Richard, und das ist Nathan … «
»Wow!«, flüstert Chloe mir anerkennend ins Ohr, als die Jungs sich auf den Weg zur Bar machen. Ich beschwöre sie, leise zu sein, aber natürlich freut mich ihre Reaktion.
»Und dieser Richard ist auch nicht schlecht«, setzt sie kichernd hinzu.
»Single«, informiere ich sie, und ihr Gesichtsausdruck bringt mich zum Lachen. Diese Frau ist einfach nicht zu bremsen.
Reena und Karen treffen zusammen mit Paul und Alan ein und überhäufen mich mit Küssen und Geschenken. Nächste Woche hat Karen Geburtstag, also wünsche ich ihr auch gleich alles Gute und überreiche ihr ein Geschenk, nämlich einen ledernen Kulturbeutel von The White Company. Kein Werbegeschenk!
»Ist er das?«, flüstert Karen mir ins Ohr, ohne Richard eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Das Päckchen in ihrer Hand bemerkt sie kaum.
»Nein«, flüstere ich zurück. »Er ist gerade an der Bar.«
»Welcher denn?«
»Hör auf zu starren. Da kommt er schon.«
»Nicht übel«, gesteht sie, und mein Herz jubelt eine Sekunde, ehe sie fortfährt: »Aber das ist keine Entschuldigung dafür, James schlecht zu behandeln.«
»Ach Karen, fang doch bitte nicht schon wieder damit an.«
»Na gut, lassen wir das Thema. Schließlich ist heute dein Geburtstag.«
Sie stößt mit mir an, und ich trinke einen großen Schluck. Dann schaue ich mich nach Reena um.
Gegen Ende des Abends sehe ich Nathan von der Bar zurückkommen und gehe zu ihm.
»Amüsierst du dich gut?«, fragt er und lächelt mich an.
»Ja, es ist total nett«, antworte ich, ganz glücklich.
Heute erscheint er mir ganz anders, viel entspannter als letzte Woche im Walkabout Pub. Wir hatten keine Gelegenheit, uns unter vier Augen zu unterhalten, aber wenigstens ist er mir nicht den ganzen Abend ausgewichen.
Natürlich hatte Karen recht. Ich habe mich die ganze Woche über selbst belogen und mir eingebildet, mir tatsächlich eine platonische Beziehung mit Nathan zu wünschen. Dabei fand ich es grässlich, dass er letztes Mal so distanziert war. Ich habe es gehasst!
»Deine Freunde sind toll«, sagt er.
»Ja, nicht wahr? Ich wünschte, Sam und Molly könnten auch hier sein.«
»Ja, ich weiß.« Er lächelt. »Hey, es tut mir leid, dass ich kein Geschenk für dich habe. Du hast mir zu spät Bescheid gesagt, dass du Geburtstag hast, da hatte ich keine Zeit mehr.«
»Ist schon okay, ich hab auch nichts erwartet«, lache ich.
»Was machst du morgen?«
»Nichts.«
»Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht Lust hast, einen Ausflug zum Windsor Castle zu machen. James natürlich auch«, fügt er schnell hinzu.
»Das wäre wunderbar!« Ich war auch noch nie dort.
»Cool. Wann soll ich euch morgen früh abholen?«
Als Nathan gesagt hat, er wolle uns abholen, habe ich mir vorgestellt, er käme zu Fuß. Deshalb bin ich überrascht, als er neben einem Saab 900 i vor dem Haus steht. Richard sitzt vorne neben ihm, also steigen James und ich hinten ein.
Die Polster sind zerrissen, die cremebraune Farbe ausgebleicht, aber das Auto passt irgendwie zu Nathan. Er hat die Karre für 500 Pfund gekauft und will damit rumfahren, solange er hier ist. Als wir die Marylebone Road in Richtung
Windsor einschlagen, dreht er das Radio auf. Aha, denke ich, er hat einen Kassettenrecorder. Ob er sein Tape vermisst?
Als wir hinter Richard und Nathan zum Schloss hinaufwandern, nimmt James meine Hand. Ich ärgere mich, weil es mir nicht angenehm ist, und halte James’ Hand umso fester, während ich Nathans Profil betrachte und hoffe, dass er sich nicht umdreht.
Als Erstes machen wir uns auf den Weg zu den Prunkräumen. James und Richard sind begeistert von all den
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