Lucy in the Sky
spät dran.«
»Es ist doch nie zu spät!«
»Doch, schon. Architektur zu studieren dauert richtig lange, und ich hab ja schon kaum die Highschool zu Ende gebracht.«
Plötzlich wird die Tür aufgerissen, und herein kommt eine schlanke, blonde Schönheit mit zerzausten Haaren, einem knappen T-Shirt und Shorts.
»Hi!«, rufe ich ein bisschen zu überschwänglich und springe auf.
In aller Ruhe lehnt Nathan die Gitarre wieder ans Bett und erhebt sich ebenfalls. »Amy, das ist Lucy. Lucy, das ist Amy.«
»Hi!«, ruft auch die Blonde mit dem gleichen Überschwang wie ich. »Ich hab mich schon gewundert, wer sich hier angeregt unterhält.«
»Ich wollte gerade Frühstück machen«, sagt Nathan. »Möchtest du auch was?«
»Oooh, was gibt es denn?«, flötet sie.
»Kommt drauf an. Worauf hast du Lust, Lucy?« Er geht voraus in die kleine Küche und öffnet den rostigen, verbeulten Kühlschrank. »Spiegelei? Oder vielleicht ein Omelett?«
»Omelett wäre toll.« Auf einmal merke ich, dass ich riesigen Hunger habe, wegen des Katers habe ich gestern kaum etwas gegessen.
»Omelett, ja?«, kichert Amy. »Deine Spezialität, Nathan.« Die Art, wie sie »Spezialität« sagt, gefällt mir nicht.
»Also möchtest du was oder nicht?«, fragt er noch einmal.
»Nein, so was Schweres vertrage ich um diese Zeit noch nicht. Ich bleib lieber beim Obst.«
Ich bleib lieber beim Obst
, ahme ich sie zickig in meinem Kopf nach. Ich weiß nicht, wie ich mich in ihren Neoprenanzug gequetscht habe. Anscheinend denkt sie das Gleiche.
»Hat der Anzug gepasst?«, fragt sie.
»Ja, perfekt«, antworte ich.
»Gut!« Dabei sieht sie erfreut aus. Oder überrascht. Keine Ahnung.
»Orangensaft?«, unterbricht uns Nathan.
»Ja, gerne.«
Ganz schön häuslich ist das alles hier. Die Vorstellung, dass James einkauft, wenn ich nicht da bin, ist mir fremd. Bei uns ist Takeaway angesagt. Immer. Aber ich bin ziemlich sicher, dass Amy den Kühlschrank aufgefüllt hat. Ob das ihre Eier sind, die Nathan jetzt zubereitet? Gerade schlägt er zwei in eine alte Schüssel. Amy geht zu ihm hinüber und legt ihre Hand auf seinen Rücken. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich könnte schwören, dass ich sehe, wie er zurückzuckt.
Dann macht sie es sich neben mir am Küchentisch bequem und erkundigt sich nach meiner Reise. Wie lange ich hier bleiben will, wie lange ich schon nicht mehr in Australien war … In der Zwischenzeit serviert Nathan unsere Omeletts, und ich versuche zu essen, während ich Amys Fragen beantworte. Himmel, sie ist ganz schön neugierig, die Kleine. Irgendwas hat sich verändert. Und das gefällt mir ganz und gar nicht. Die Nähe, die ich am Strand zwischen mir und Nathan gespürt habe, ist wie weggeblasen. Er wirkt nicht mehr entspannt, und ich vermutlich auch nicht.
»Kommst du zu Mollys Junggesellinnenparty am Samstag?«, fragt Amy schließlich.
»Ja. Und du?«
»Na klar!«
Das überrascht mich. Warum ist das klar? Mir war nicht bewusst, dass Molly und Amy sich so gut kennen.
»Ich bin froh, dass sie sich für diesen Samstag entschieden hat und nicht für nächsten Freitag. Direkt vor der Hochzeit«, sage ich kopfschüttelnd.
»Ach, das hätte bestimmt auch geklappt. Sie hätte einfach nicht so viel trinken dürfen.«
»Na klar!«, rufen Nathan und ich wie aus einem Munde. Dann sehen wir uns grinsend an, und einen Moment lang fühle ich mich ihm wieder ganz nah.
Über Amys Gesicht zieht ein Schatten von Verärgerung. »Ich verstehe nicht, warum manche Leute immer Alkohol brauchen, um sich zu amüsieren.« Wieder sieht Nathan mich an und verdreht die Augen. »Ich trinke so gut wie nichts«, fährt Amy fort. »Wenn ich sehe, wie Nathan nach einer durchgemachten Nacht aufwacht, reicht mir das schon.«
Wenn ich sehe, wie Nathan aufwacht. Ich frage mich, ob sie damit meint, dass sie ihn von der anderen Seite des gleichen Betts aus sieht oder dann wenn er aus seinem Zimmer kommt.
Sie wirft einen Blick zur Küchenuhr. »Es ist schon fast neun, Nathan. Wolltest du heute nicht Barry helfen?«
»Scheiße, ja.« Er fängt an, den Tisch abzuräumen.
»Lass nur, ich mach das später«, bietet Amy an, ehe ich die Gelegenheit habe aufzustehen. »Ich kann Lucy dann auch heimfahren.«
O nein!
»Nein, nein, geht schon klar. Ich nehm sie mit.«
Danke, Nathan!
»Sei nicht albern, das macht mir nichts aus«, beharrt sie.
Aber mir!
»Ich hab sowieso noch was mit Molly zu besprechen«, erklärt sie.
»Ist das in Ordnung?«,
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