Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lucy in the Sky

Lucy in the Sky

Titel: Lucy in the Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
Vom Netzwerk:
noch einen besseren.«
    »Leg los.«
    »Lass mich nachdenken, wie ging der nochmal?« Ich zögere einen Moment und versuche, den Witz in meinem Kopf zusammenzukriegen. »Richtig. Spätnachts bricht ein Einbrecher in ein Haus ein, von dem er glaubt, es steht leer. Auf Zehenspitzen schleicht er durchs Wohnzimmer, da hört er plötzlich eine laute Stimme, die sagt: ›Jesus sieht dich.‹ Dann ist alles wieder still, und der Einbrecher schleicht weiter. ›Jesus sieht dich‹, hört er die Stimme wieder. Der Einbrecher bleibt wie angewurzelt stehen. Da sieht er in einer dunklen Ecke einen Papagei in einem Käfig. ›Hast du gerade gesagt, Jesus sieht mich?‹, fragt er den Papagei. ›Ja‹, antwortet der Papagei. Der Einbrecher stößt einen Seufzer der Erleichterung aus. ›Heißt du Jesus?‹ ›Nein, Clarence‹, sagt der Vogel. ›Das ist aber ein blöder Name für einen Papagei‹, meint der Einbrecher. ›Welcher Idiot hat dich denn Clarence genannt? ‹ ›Der gleiche Idiot, der den Rottweiler Jesus genannt hat.‹«
    Jetzt halten wir uns beide die Bäuche vor Lachen. Nathan lässt sich in den Sand fallen, und ich kann kurz seinen Waschbrettbauch bewundern. Über den Bauch, direkt unterhalb der Rippen, zieht sich eine verblasste rosa Narbe.
    »Woher hast du denn die Narbe?«, frage ich.
    »Vom Surfen. Bin mal gegen einen Felsen gekommen«, antwortet er und setzt sich wieder aufrecht hin.
    »Oh, das ist furchtbar!«, rege ich mich auf. »Wenn das dein Kopf gewesen wäre!«
    »Dann hätte Sam vermutlich jetzt nicht nur keine Eltern, sondern auch keinen Bruder mehr.«
    Ich schaudere.
    »Das mit deinen Eltern tut mir so leid«, sage ich leise.
    »Danke. Mir auch.« Wir sitzen nebeneinander und schauen nachdenklich aufs Meer hinaus. »Sam geht seither nicht mehr ins Wasser«, sagt er nach einer Weile.
    »Seit dem Unfall?«, frage ich, obwohl ich weiß, dass er genau das meint.
    »Ja. Auf großen Schiffen hat er kein Problem, aber auf kleinen Booten oder beim Schwimmen … das hasst er. Eine Weile war ich auch nicht sicher, ob ich jemals wieder surfen gehen würde. Aber eigentlich kann ich mir das Leben nicht ohne vorstellen.«
    Ich sehe zu ihm auf, und der Schmerz, der sich auf seinem Gesicht widerspiegelt, bricht mir fast das Herz.
    »Molly und Sam vermissen dich, weißt du«, sagt er nach kurzem Schweigen, sieht mich an und streicht mir mit seiner rauen Hand die Haare aus der Stirn.
    »Ich vermisse sie auch.«
    »Denkst du manchmal daran, wieder hierher zu ziehen?«
    »Im Moment kann ich den Gedanken kaum ertragen, dass ich Australien wieder verlassen muss. Ich weiß, das klingt kitschig, aber mein Leben in England kommt mir so weit weg vor.«
    »Das klingt überhaupt nicht kitschig.«
    Auf einmal merke ich, dass ich zittere.
    »Dir ist ja kalt, du solltest den Anzug ausziehen«, sagt er und fängt an, an meinem Reißverschluss zu ziehen. Aber dann hält er abrupt inne und sieht sich nach einem trockenen Handtuch um. Unterdessen winde ich mich bis zur Taille aus dem engen Anzug heraus. Er breitet mir das Handtuch über die Schultern, legt den Arm um mich und rubbelt mir kräftig den Rücken ab. Nach einer Weile hört er damit auf und zieht mich stattdessen eng an seinen warmen Körper. Noch ein paar Minuten sitzen wir so da und beobachten die anderen Surfer auf den Wellen. Wie sie auf ihren Brettern die Balance halten, erinnert mich an die Skater zu Hause auf der South Bank.
    Schließlich bricht Nathan das Schweigen: »Ich glaube, wir sollten gehen. Ich hab einem Freund versprochen, dass ich ihm heute Vormittag an seinem Haus helfe. Hast du Lust, zum Frühstück vorher noch mit zu mir zu kommen?«
    Ich nicke, wir nehmen unsere Bretter und laufen zurück zu Nathans Wagen. Nathan befestigt sie auf dem Dach, während ich meinen Neoprenanzug ganz ausziehe und wieder in meinen Rock und mein T-Shirt schlüpfe. Zwar ist mein Bikini noch nicht wieder ganz trocken, aber es wird schon gehen.
    Er setzt sich neben mich auf den Fahrersitz, sieht mich an und lächelt. »Es ist schön, dass du wieder da bist, Lucy.« Dann lässt er den Motor an und fährt los.

Kapitel 4
    Nathan wohnt direkt um die Ecke vom Strand in einem Apartmenthaus. Auf mehreren Balkonen hängen Neoprenanzüge: Hier leben also die Surfer.
    Wir schleppen unsere Bretter und Anzüge über das stachlige, trockene Gras zum Eingang. Er wohnt ganz oben und läuft die Betonstufen vor mir in Höchstgeschwindigkeit hinauf. Ich habe keine Chance, Schritt zu halten,

Weitere Kostenlose Bücher