Lucy in the Sky
gerammelt vollen Zug nach Dunster in Somerset, wo Mum und Terry wohnen. Sogar Tom und Nick kommen übers Wochenende. Tom bringt seine neue Freundin Meg mit und droht uns mit grausamen Konsequenzen, wenn wir ihn zu sehr blamieren. Das wird bestimmt lustig! Ich kann ihn mir überhaupt nicht in einer ernsthaften Beziehung vorstellen.
Heute Abend habe ich schon wieder die Drinks nach der Arbeit mit Gemma und Chloe ausfallen lassen. Wenn ich so weitermache, laden sie mich bestimmt bald nicht mehr ein, aber ich hatte meine Fahrkarte schon gebucht. Das Tolle ist, dass Mandy sich tatsächlich einverstanden erklärt hat, Chloe nächste Woche mit nach Mailand kommen zu lassen. Sie stirbt fast vor Aufregung, und die arme Gemma ist grün vor Neid.
Als ich in Dunster ankomme, ist es schon dunkel, und ich kann es kaum abwarten, am nächsten Morgen aufzuwachen und endlich wieder die Schönheit dieser Gegend zu sehen. Mum und Terry erwarten mich auf dem Bahnsteig und erdrücken mich fast in ihren Umarmungen. Inzwischen liebe ich Terry sehr – er ist für mich wie ein Vater. Bestimmt mehr ein Vater, als ich jemals einen hatte, so viel ist sicher.
»Deine Mum hat mir von diesem Lugee-Auftrag berichtet, Lucy«, sagt Terry auf der Heimfahrt vom Bahnhof. Mum hat darauf bestanden, dass ich mich neben ihn nach vorn setze.
»Luigi«
, korrigiert ihn Mum sofort. »Du kennst doch die Luigis, Terry!«
»Ach, natürlich, Schatz, ich vergesse das bloß dauernd. Das Gedächtnis ist einfach nicht mehr das, was es mal war, weißt du … « Terry ist zwanzig Jahre älter als Mum, also fünfundsechzig. Und ziemlich alt geworden, finde ich.
Als Mum mit mir schwanger war, war sie erst neunzehn. Ich bin sicher, dass ich ein Unfall war und mein Dad ein hoffnungsloser Fall, wahrscheinlich immer noch. Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen, aber das Letzte, was ich von ihm gehört habe, ist, dass er seine Heimatstadt Dublin verlassen hat und jetzt in einer schäbigen Wohnung in Manchester haust. Mum hat ihn verlassen, als ich noch ein Baby war, und ich habe den Verdacht, dass er, wenn er getrunken hatte, manchmal gewalttätig geworden ist. Und er war fast ständig betrunken. Soviel ich weiß jedenfalls – Mum spricht nur sehr selten von ihm.
»Also, Liebes, wann fährst du denn nach Mailand?«, fragt Terry. Ich erzähle ihnen von meiner bevorstehenden Reise, und als ich fertig bin, sind wir da. Mum legt den Arm um meine Schulter und drückt mich an sich, während wir Terry zur Haustür folgen. Der Abend ist recht kühl, und Mum geht gleich in die Küche, um den Wasserkessel auf den alten Kohleherd zu stellen.
Ich liebe dieses Haus. Es ist unglaublich gemütlich trotz seiner Größe. Fünf Schlafzimmer, drei Stockwerke. Tom, Nick und ich haben unsere Zimmer ganz oben, Mum und Terry schlafen im ersten Stock, wo auch das Wohnzimmer und das Gästezimmer sind, und im Erdgeschoss befindet sich neben dem Esszimmer, das wir selten benutzen, noch die große gemütliche Landhausküche.
»Ich dachte, wir könnten uns einen schönen Brandy genehmigen«, schlägt Terry vor. »Einverstanden, Lucy?«
»Eigentlich hätte ich nichts gegen einen Baileys … «
»Ach, ihr beiden«, lächelt Mum. »Also ich mach mir lieber eine Tasse Tee.«
Nick ist mit ein paar Freunden im Pub. Als ich ihn gegen Mitternacht die Treppe heraufstolpern höre, krieche ich noch einmal aus dem Bett und begrüße meinen kleinen Stiefbruder. Tja, klein ist er eigentlich nicht mehr. Er ist achtzehn und ziemlich groß, mit sehr, sehr kurzen dunklen Haaren. Ein ziemlicher Frauenschwarm, wie ich von Mum höre.
Meg, Toms Freundin, ist ausgesprochen hübsch. Halblanger, hellblonder Bob und dunkelbraune Augen. Dem Aussehen nach ist sie ein cooles Citygirl, in Röhrenjeans und einem Top von All Saints. Tom ist groß, schlaksig und hat kurze hellbraune Haare. Er ist dünner als sein Bruder, der vermutlich in seinem Zimmer gelegentlich Gewichte hebt, denn Nick sieht jedes Mal erwachsener und männlicher aus, wenn ich ihn sehe.
»Alles in Ordnung, Bruderherz?«, murmelt Nick vom Frühstückstisch aus. Er sieht aus, als hätte er einen Kater.
Schüchtern bleibt Meg neben Tom im Türrahmen stehen.
Sie sind gerade erst angekommen. Aber Nick hält ihr einfach die Hand hin und stellt sich vor.
»Gut!«, sagt Tom und legt rasch den Arm um Megs Schulter. »Soll ich Meg ihr Zimmer zeigen?«
»Ich hab dein Zimmer für euch beide hergerichtet – ist das okay?«, fragt meine Mum. Sie ist einfach
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