Lucy kriegt's gebacken
Führung durch die Bäckerei gegeben (und den Groll, den sie vielleicht noch hegte, weil sie sich an einem Kürbiskeks einen Zahn ausgebissen hat, durch ofenwarme Cupcakes gelindert).
Katie Rose trällert sich mit der quietschenden Begeisterung einer Mariah Carey durch „God Bless America“, während wir alle stehen, die Mützen auf unsere Herzen gedrückt, und darauf warten, dass die Qual ein Ende hat. „God bless America … my home … swee-ee-eeet … ho-wo-wome!“ Ihre Stimme überspringt beinahe eine Oktave, und obwohl sie ziemlich falsch singt, erntet sie stehende Ovationen für ihren enthusiastischen Vortrag.
In diesem Augenblick taucht Ethan auf der Bildfläche auf. Die Menge wird umgehend still, alle setzen sich und richten ihre Aufmerksamkeit auf uns.
„Hey, Leute“, ruft er seiner Mannschaft zu. „Tut mir leid, dass ich zu spät komme.“
„Hey, Ethan“, antworten ein paar wenige Stimmen.
Also los. Ich gehe auf ihn zu, nehme sein Gesicht in beide Hände und küsse ihn fest auf den Mund. Jetzt muss sich niemand mehr fragen, ob wir zusammen sind oder nicht.
Schweigen liegt über dem Baseballplatz.
„Hi“, sage ich, als ich fertig bin.
„Autsch“, murmelt er. Vielleicht war ich etwas zu stürmisch. Aber sein wunderschöner Mund verzieht sich zu diesem schelmischen Lächeln, er küsst mich kurz (und zart), dann trottet er zur zweiten Base.
Mein Gesicht brennt, aber ich tue so, als ob alles wie immer wäre. Wobei ich es vermeide, zu den Bänken zu schauen, wo meine Schwiegereltern vielleicht gerade einen Herzinfarkt bekommen haben. Carly Espinosa, unsere Catcherin, gibt mir einen Klaps auf den Hintern. „Ich fand Ethan schon immer heiß.“ Sie grinst.
Im neunten Inning, als ich beschließe, die zweite Base zu stehlen, höre ich Chris rufen: „Safe!“
„Echt jetzt?“, frage ich Ethan. „Oder schont ihr mich noch immer?“
„Klar schonen wir dich“, grinst er.
Am Ende gewinnt Bunny‘s mit elf zu vier. Meine Mannschaft ist einmal mehr Meister von Mackerly.
„Gut gemacht.“ Ethan umarmt mich kurz. Das hat er in der Vergangenheit auch immer gemacht, aber jetzt, da alle Augen der Stadt auf uns gerichtet sind, fühlt es sich anders an.
„Kommst du mit ins Lenny‘s, Lucy?“, fragt Carly.
„Aber natürlich.“
„Dann bis gleich“, murmelt Ethan und zieht davon.
Während meine Mannschaftskollegen vom Platz gehen, gebe ich Mick Onegin ein kurzes Interview. Er ist für die Sportnachrichten unserer winzig kleinen Stadtzeitung verantwortlich. Ich erkläre ihm, wie viel Spaß wir in dieser Saison hatten und wie froh wir sind, gegen so gute Gegner gewonnen zu haben.
Ich sehe, wie Ethan sich mit Nicky auf dem Arm mit meinen Tanten unterhält. Zweifellos quetschen sie ihn über uns aus. Im Gegensatz zu seinen Eltern kann er sich den schwarzen Witwen gegenüber gut behaupten. Kein Wunder, sie fressen ihm ja förmlich aus der Hand.
Ich schlendere hinüber zu unserer eigenen Spielerbank, um zu sehen, ob alles eingepackt wurde. Wie immer hat jemand einen Handschuh liegen lassen, dem Geruch nach zu urteilen eine kleine Thermoskanne mit Gin darin, und einen Schuh. Ehrlich, wie kann man nicht merken, dass einem ein Schuh fehlt?
„Du findest dich so was von toll, oder?“, höre ich eine Stimme hinter mir.
Wenig überrascht drehe ich mich um. „Hey, Doral-Anne. Wie läuft‘s denn?“
„Ich habe mir letzte Woche den Arm verletzt.“ Sie beäugt mich angewidert.
„Oh.“ Ich schweige einen Moment. „Zu schade. Ist mir schon aufgefallen, dass du nicht so gut warst wie sonst.“
„Echt, Lucy? Es ist dir aufgefallen? Ich fühle mich ja so was von geehrt.“
Na schön. Ich stemme eine Hand in die Hüfte und betrachte Doral-Anne nachdenklich. „Doral-Anne, jetzt mal ehrlich. Was ist eigentlich dein Problem? In der Schule haben wir soweit ich weiß kaum ein Wort miteinander gewechselt. Ich habe nie deinen Hund überfahren oder deinem Kind gegen den Kopf getreten. Warum also bist du immer so unglaublich fies zu mir?“
„Oh, soll ich vielleicht Mitleid mit dir haben wie der Rest der Stadt, Lucy? Habe ich dich nicht genug angebetet?“ Ihre Stimme wird greller. „‚Arme Lucy Lang, ihr Vater ist gestorben. Also seid alle lieb zu ihr. Wähle sie in dein Team und setz dich in der Schule neben sie.‘“ Sie stößt ein empörtes Grunzen aus. „Und dann bist du auf diese schicke Uni gegangen, als ob du eine Prinzessin wärst oder so was.“
„So habe ich mich nie verhalten,
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