Lucy kriegt's gebacken
Dor…“
„Dann kommst du zurück und schnappst dir Jimmy Mirabelli. Und ich schätze, ein Mirabelli-Junge hat dir nicht gereicht, weil du jetzt auch noch mit dem anderen vögelst.“
„Sag mal, küsst du eigentlich deine Kinder mit diesem Mund?“, frage ich, aber trotzdem zittern meine Knie.
„Sprich du nicht von meinen Kindern“, faucht sie. „Und möchtest du noch was wissen, Prinzessin?“
„Eigentlich nicht.“
„Nein, lieber steckst du den Kopf in den Sand, nicht wahr? Tja, Scheiße, zu schade.“ Sie beugt sich nah zu mir. „Dein Heiliger Jimmy war mit mir zusammen, als du ihn kennengelernt hast. Er wollte mich heiraten.“
Ich bekomme vor Entsetzen keine Luft mehr. Meine Hände beginnen zu zittern, ich balle sie zu Fäusten. „Das ist nicht wahr“, presse ich hervor.
„Ach nein? Was glaubst du wohl, warum ich gefeuert wurde? Jimmy wollte nicht, dass seine kostbare kleine Prinzessin von seiner Exfreundin aus der Fassung gebracht wird.“
Immer noch gelangt einfach keine Luft in meine Lungen - meine Brust ist wie gelähmt vor Schock. Und Hass. „Du wurdest gefeuert, weil du Geld aus der Kasse genommen hast“, presse ich irgendwie hervor. Meine Stimme klingt wie zerstoßenes Glas.
„Tja, das haben diese arroganten Arschlöcher verdient. Und ich verrate dir noch was.“ Doral-Anne wischt sich die Hände an ihrer Sporthose ab. „Diesen treulosen Scheißer hattest du wirklich verdient. Aber Ethan nicht. Nicht einmal annähernd.“
Ich ohrfeige sie so heftig, dass ihr Kopf nach hinten fliegt. Meine Hand brennt, mein ganzer Arm summt und fällt dann schlaff an meiner Seite herab. Doral-Annes Gesicht wird knallrot, dann weiß, meine Finger zeichnen sich deutlich auf ihrer Haut ab.
„Wage es nie mehr, so über meinen Mann zu sprechen, Doral-Anne. Hast du mich verstanden?“ Mein Herz schlägt so hart und laut, dass ich meine eigenen Worte kaum verstehe. Ich hoffe fast, dass sie weiterspricht, damit ich … keine Ahnung. Sie verprügeln kann. Wobei mir selbst in meinem benommenen Zustand klar ist, dass sie mich wahrscheinlich plattmachen würde. Auf meinen Eingeweiden herumtrampeln. Mich skalpieren.
Doch zu meiner Überraschung weicht sie zurück. „Die Wahrheit tut weh, nicht wahr?“, fragt sie leise. Und damit dreht sie sich um, überquert das Spielfeld und steuert auf den Friedhof zu. Und Gott helfe mir, wenn sie irgendetwas mit Jimmys Grab anstellt, werde ich … werde ich …
Ich beginne zu hyperventilieren. Als ich mich auf die Bank sinken lasse, zappelt mein Herz wie ein Fisch am Haken. Mein Hals ist wie zugeschnürt, ich sehe alles nur noch schwarz-weiß … und Bilder aus der Vergangenheit tauchen vor meinem inneren Auge auf.
Als Jimmy und ich erst kurz zusammen waren, bin ich einmal unangekündigt ins Restaurant gekommen. Doral-Anne war da, natürlich, sie unterhielt sich in der Küche mit Jimmy. Und Jimmy wirkte irgendwie … schuldbewusst. Als er mich entdeckte, starrte er Doral-Anne an, und da entstand so ein komischer, unangenehmer Augenblick. Dann stürzte er sich regelrecht auf mich und schob mich so schnell es ging aus der Küche.
Ein anderes Mal … oh Gott. Ich weiß noch, wie er mir von Doral-Annes Kündigung erzählte, und um meine Loyalität zu beweisen, sagte ich, dass ich sie noch nie hätte leiden können. Ich fragte mich laut, wie sie bloß eine Familie beklauen könne, die so gut zu ihr gewesen sei. In diesem Moment sah Jimmy so unglücklich aus, dass ich ihm sogar vorwarf, ein Weichei zu sein. „Wenn dich jemand beklaut, Liebling, dann musst du ihn feuern. Du hast das Richtige getan.“
Jetzt auf einmal kommt es mir so vor, als ob Jimmy aus einem anderen Grund so unglücklich ausgesehen hatte. Er hatte Doral-Anne meinetwegen sitzen lassen, sie hatte sich dafür gerächt, und das hatte Jimmy gewusst.
Als ich damals Doral-Anne an der Tankstelle sah, kurz nach Jimmys Tod, und sie mir so unglaublich grausam ins Gesicht schleuderte, dass ich nie ein Kind von Jimmy bekommen würde - damals und viele Male danach fragte ich mich, wie ein Mensch so hasserfüllt und bösartig sein konnte. Und auf einmal weiß ich die Antwort.
Rache. Demütigung. Ein gebrochenes Herz.
Er wollte mich heiraten .
Oh Gott. Oh Jimmy.
Mein Atem geht immer hektischer, und wenn ich jetzt nicht irgendetwas unternehme, werde ich in Ohnmacht fallen. Was im Moment nicht das Schlechteste wäre, immer noch besser als all diese Gedanken, die durch meinen Kopf schießen wie eine ganze Ladung
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