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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ich hätte tun können. Es schien keinen Weg zurück zu geben. Also konzentrierte ich mich auf das, was in meinem Leben gut war, nämlich Gus.
    Wie ernst es zwischen Daniel und Karen war, merkte ich, als ich erfuhr, daß sie im September gemeinsam nach Schottland reisen wollten. Dem Glitzern in Karens Augen nach zu urteilen, war sie überzeugt, Daniel sicher an der Angel zu haben. Ihrer Ansicht nach war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich mit ihrer Mutter darüber in den Haaren liegen würde, ob auch die um fünf Ecken verwandten Cousins und Cousinen zur Hochzeit eingeladen werden sollten und bis sie sich überlegte, ob man eine Zitronencremetorte einer Eisbombe vorziehen sollte oder umgekehrt.
    Ich fragte mich, ob sie mich wohl bitten würde, ihre Brautjungfer zu sein – wohl eher nicht.
     
    Eines Samstagabends gingen wir alle – Charlotte, Simon, Gus und ich, Dennis, Jed, Megan und sogar Karen und Daniel – zu einem Open-air-Konzert in einem Schloßpark im Norden Londons.
    Obwohl es sich um klassische Musik handelte, genossen wir das Ganze. Wir lagen ausgestreckt im warmen Gras, hörten die Blätter in der stillen Abendluft rauschen und tranken Champagner. Dazu aßen wir Wurst-Sandwiches von Marks and Spencer und Mini-Eclairs.
    Nach dem Konzert fanden wir, daß wir uns lange genug wie Erwachsene aufgeführt hatten und der Abend uns noch ein paar kleine Zügellosigkeiten schuldete. Es war erst Mitternacht, und vor Sonnenaufgang ins Bett zu gehen, galt als Zeitverschwendung.
    Also kauften wir in einem Laden, der vierundzwanzig Stunden am Tag offen hatte und dessen Inhaber es mit dem Gesetz zum Alkoholausschank nicht so genau nahm, Unmengen Wein und fuhren mit mehreren Taxis zu unserer Wohnung zurück.
    Da es dort keine sauberen Gläser gab, ernannte mich Karen zur freiwilligen Spülerin.
    Während ich in der Küche Gläser unter das fließende Wasser hielt und bedauerte, vom allgemeinen Jubel und Trubel im Wohnzimmer ausgeschlossen zu sein, kam Daniel auf der Suche nach einem Korkenzieher herein.
    »Wie geht’s dir?« fragte ich. Bevor ich es selbst merkte, hatte ich ihn angelächelt, denn der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier.
    »Gut«, sagte er mit trüber Miene. »Und dir?«
    »Auch gut.«
    Eine unbehagliche Pause trat ein.
    »Ich hab dich ewig nicht gesehen«, sagte ich.
    »Stimmt«, pflichtete er mir bei.
    Erneut trat eine Pause ein. Mit ihm zu sprechen war wie der Versuch, aus einer Zuckerrübe Blut zu pressen.
    »Und ihr fahrt also nach Schottland?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Freust du dich?«
    »Ja, ich war noch nie da«, sagte er knapp.
    »Und nicht nur deswegen, was?« neckte ich ihn freundlich.
    »Was meinst du damit?« Er sah mich kalt an.
    »Du weißt schon – du wirst Karens Verwandtschaft kennenlernen und das alles.« Ich nickte begeistert. »Und wie geht’s dann weiter?«
    »Wovon redest du überhaupt?« fragte er mit zusammengekniffenen Lippen.
    »Das weißt du doch selbst am besten«, sagte ich mit unsicherem Lächeln.
    »Keine Ahnung«, blaffte er. »Es ist einfach ein verdammter Urlaub. In Ordnung?«
    »Großer Gott«, murmelte ich. »Ich kann mich an eine Zeit erinnern, als du noch Humor hattest.«
    »Tut mir leid, Lucy.« Er griff nach meinem Arm, aber ich schüttelte seine Hand ab und ging aus der Küche.
    Tränen traten mir in die Augen. Das machte mir wirklich angst, weil ich nie weinte – außer wenn ich meine Tage kriegte, und das zählt nicht. Oder, wenn im Fernsehen eine Sendung über siamesische Zwillinge lief, deren einer beim Versuch, sie zu trennen, gestorben war. Oder wenn ich alte Leute allein die Straße entlangschlurfen sah. Oder als ich ins Wohnzimmer kam und alle über mich herfielen, weil ich die sauberen Gläser nicht mitgebracht hatte. So eine Schweinebande!
     
    Obwohl Meredia, Jed, Megan, Dennis, Charlotte und Simon in meinem Leben eine so bedeutende Rolle spielten, war es unbestreitbar Gus’ Sommer.
    Von dem Augenblick an, da er nach den drei Wochen zurückgekehrt war, trennten wir uns kaum noch.
    Gelegentlich unternahm ich halbherzige Versuche, einen Abend allein zu verbringen – nicht, weil mir danach war, sondern weil ich das Gefühl hatte, das werde von mir erwartet.
    Ich mußte so tun, als wäre ich unabhängig, als hätte ich ein eigenes Leben; dabei genoß ich alles, was ich ohne Gus erlebte, mit ihm zusammen noch mehr. Und ihm ging es genauso.
    »Heute abend können wir uns nicht sehen«, sagte ich manchmal. »Ich muß Wäsche

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