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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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zweiten Schritt vor dem ersten tun.
    »Männer! « sagte ich beunruhigt. »Nach all den Katastrophen, die ich erlebt habe, soll ich mich mit einem Mann einlassen?«
    »Augenblick mal, Lucy«, sagte er. Er packte mich am Arm, als stünde ich im Begriff, auf die Straße zu rennen und mich dem ersten Mann an den Hals zu werfen, der mir über den Weg liefe. »Nicht sofort. Ich meine, irgendwann mal, nicht jetzt gleich.«
    »Aber Daniel«, jammerte ich. »Ich kann Männer so schlecht einschätzen. Du müßtest das besser wissen als jeder andere.«
    »Lucy, ich möchte doch nur, daß du die Möglichkeit in Betracht ziehst...« sagte er beunruhigt.
    »Ich kann nicht glauben, daß du meinst, ich wäre für einen Kerl bereit«, sagte ich überrascht.
    »Lucy, das meine ich doch gar nicht... Ich sag doch nur...«
    »Aber ich trau deinem Urteil«, sagte ich zweifelnd. »Wenn du meinst, daß es richtig ist, muß es wohl so sein.«
    »Es ist doch nur eine Anregung, Lucy.« Er wirkte nervös.
    Aber irgend etwas hatte sich in meinem Hinterkopf gerührt, die Erinnerung, wie schön es war, verliebt zu sein. Ich entsann mich undeutlich. Vielleicht langweilte mich nicht nur mein Elend, sondern auch das Leben ohne Mann.
    »Nein, Daniel«, sagte ich nachdenklich. »Jetzt, wo du das sagst, scheint mir die Idee gar nicht so schlecht zu sein.«
    »Augenblick, Lucy, ich hab doch nur gesagt... Wenn ich es recht bedenke, scheint es mir eine schlechte Idee zu sein, eine überaus schlechte. Es tut mir leid, daß ich die Sache überhaupt aufgebracht habe.«
    Ich hob gebieterisch die Hand: »Unsinn, Daniel, du hattest völlig recht, mir all das zu sagen. Vielen Dank.«
    »Aber...«
    »Kein Aber. Du hast absolut recht. Sobald jemand eine Party gibt, geh ich hin!« beschloß ich in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Nach wenigen Minuten des Triumphs sagte ich mit leiser Stimme: »Aber wir sehen uns doch weiter? Nicht dauernd, aber du weißt schon...«
    Entschlossen kam seine Antwort: »Klar, Lucy, selbstverständlich.«
    Keine Sekunde hätte ich daran gezweifelt, es könnte etwas anderes als bloße Nächstenliebe sein, daß er mich losließ, mir die Freiheit gab, selbst zu fliegen. Ich kam nicht auf die Idee, seine Sorge um meine Unabhängigkeit könnte damit zu tun haben, daß eine neue Freundin in den Kulissen wartete, die unruhig von einem Fuß auf den anderen trat und keinen brennenderen Wunsch hatte, als daß ich mich ein letztes Mal verbeugte und von der Bühne abging, damit sie ihren angestammten Platz im Rampenlicht einnehmen konnte. Ich zweifelte keine Sekunde lang daran, daß seine Sorge um mich ungeheuchelt, selbstlos und aufrichtig war. Nur weil ich ihm rückhaltlos vertraute, beschloß ich, seinen Vorschlägen zu folgen.

80
    D as neue Ich. Kraftstrotzend. Unabhängig. Wiedergeboren. Zurück im Leben. Zum Kampf gerüstet. Fester Händedruck. Gesellschaftliche Interaktion. Lernt andere Menschen kennen. Flirtet. Eine starke Frau. Weiß, was sie will.
    Großer Gott, es war die reinste Strapaze. Und sterbenslangweilig. Soweit ich sehen konnte, war Lernen Wieder Zu Leben gleichbedeutend damit, daß ich mich von Daniel fernhalten oder zumindest die Zeit, die ich mit ihm verbrachte, deutlich einschränken mußte. Dabei fehlte er mir so furchtbar. Niemand war so lustig wie er. Aber es war zu meinem eigenen Besten, das konnte sogar ich sehen, und Spielregeln sind dazu da, daß man sich an sie hält. Immerhin waren die Auswirkungen des Entzugs nicht ganz so entsetzlich, wie ich befürchtet hatte, denn er rief mich nach wie vor täglich an. Außerdem wußte ich, daß ich ihn am folgenden Sonntag sehen würde, weil ich ihn an seinem Geburtstag zum Mittagessen in ein Restaurant eingeladen hatte.
    Dieses Lernen Wieder Zu Leben war leichter gesagt als getan. Zu lange war ich nicht unter Menschen gewesen, und ich hatte niemanden, der sich um mich kümmerte. Einmal war ich nach Feierabend uneingeladen mitgegangen, als Jed und Meredia etwas trinken wollten. Das hatte sich als großer Fehler herausgestellt – die beiden hatten mich behandelt, als wäre ich unsichtbar.
    Am nächsten Abend war ich mit Dennis ausgegangen, der mir einen ereignisreichen Abend versprochen hatte. Auch das hatte sich als Katastrophe erwiesen. Zuerst hatte er sich geweigert, in andere als in Schwulen-Kneipen zu gehen – und dann hatte ich den ganzen Abend mit dem verzweifelten Versuch verbracht, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, während er auf seinem Stuhl

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