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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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aufhören zu wollen, aber schließlich endete er doch. Freitags ging ich gewöhnlich nach Feierabend mit Arbeitskollegen »auf ein Glas« in ein Lokal. An jenem Freitag aber fuhr ich sofort nach Hause. Ich wollte niemanden in meiner Nähe haben.
    Meine Beschämung, meine Demütigung und das Mitleid der anderen mit meiner Soloexistenz nahm ich mit. Ich hatte mehr als genug davon, daß einen Tag lang alle über mich geredet und gespottet hatten.
    Glücklicherweise gingen freitagabends auch Karen und Charlotte mit ihren jeweiligen Kollegen »auf ein Glas«.
    Da das gewöhnlich bedeutete, daß man sieben Stunden lang ordentlich becherte und sich in den frühen Morgenstunden des Samstags irgendwo in der Nähe des Oxford Circus in einem namenlosen, als Nachtclub firmierenden Kellerlokal wiederfand, wo man mit jungen Männern in billigen Anzügen tanzte, die sich die Krawatte um die Stirn gebunden hatten, bestand eine gewisse Aussicht, daß ich die Wohnung für mich haben würde. Das war mir sehr recht.
    Immer, wenn ich im Kampf mit dem Leben den kürzeren zog – was meist der Fall war –, zog ich mich zu einer Art Winterschlaf zurück. Ich versteckte mich vor den anderen und wollte mit niemandem reden. Meine Kontakte mit meinen Mitmenschen versuchte ich darauf zu beschränken, daß ich beim Pizza-Service anrief und den Boten bezahlte. Dabei war es mir am liebsten, wenn dieser seinen Sturzhelm aufbehielt, weil das für möglichst wenig Blickkontakt sorgte.
    Nach einer Weile ging auch das wieder vorüber, und nach ein paar Tagen reichte meine Kraft gewöhnlich wieder aus, mich der Welt und anderen Menschen zu stellen. Es war mir gelungen, aufs neue meine schützende Rüstung anzulegen. Sie gab mir die Möglichkeit, anderen nicht ständig etwas vorjammern zu müssen und erlaubte mir, über meine Mißgeschicke zu lachen und andere darin zu bestärken, das ebenfalls zu tun – einfach, um ihnen zu zeigen, wie umgänglich ich war.

13
    E s war bitter kalt, und als ich aus dem Bus stieg, hatte es angefangen zu regnen. Obwohl ich stumm vor Elend war und mich nach der Geborgenheit meiner Wohnung sehnte, durchstreifte ich noch eine Weile die Ladenzeile neben der Bushaltestelle, um Vorräte für die Tage meiner Abkapselung von der Welt anzulegen.
    Als erstes kaufte ich am Kiosk vier Tafeln Schokolade und eine Illustrierte, wobei ich es schaffte, mit dem Inhaber kein einziges Wort zu wechseln. (Einer der Vorzüge des Lebens in Londons Mitte.)
    Dann erstand ich im Laden nebenan mit schlechtem Gewissen eine Flasche Weißwein. Ich hatte ein unbehagliches Gefühl  – so als wüßte der Mann, daß ich sie ganz allein auszutrinken beabsichtigte. Allerdings ist mir nicht klar, warum ich mir darüber Sorgen machte, denn er hätte sich wahrscheinlich einen Dreck darum geschert, wenn mir jemand aus der Schlange ein Messer in den Rücken gerammt hätte, solange er sein Geld bekam. Aber es fiel mir schwer, meine angeborene Kleinstadtmentalität abzuschütteln.
    Als nächstes ging ich in die Imbißbude, wo ich es fertigbrachte, eine Tüte Pommes zu kaufen, ohne dabei von jemandem angesprochen zu werden, außer als es um die leicht abzuhandelnde Frage ging, ob ich Essig oder Salz dazu wollte.
    Dann marschierte ich in die Videothek, wo ich mir rasch und mit minimalem Gesprächsaufwand etwas Leichtes zur Zerstreuung besorgen wollte. Doch es sollte nicht sein.
    »Lucy!« rief Adrian, der Mann hinter der Ladentheke. Es klang so, als wäre er ganz entzückt und begeistert, mich zu sehen.
    Warum war ich auch dort hingegangen? Ich hätte mich in den Hintern beißen können, weil ich nicht daran gedacht hatte, daß Adrian auf jeden Fall mit mir würde reden wollen, denn seine Kunden waren sein ganzes Privatleben.
    »Hallo, Adrian«, lächelte ich spröde, in der Hoffnung, das werde ihn entmutigen.
    »Großartig, dich zu sehen«, brüllte er.
    Mir wäre es lieber gewesen, er hätte das gelassen. Bestimmt sahen die Leute im Laden zu mir her. Ich versuchte, mich in meinem unauffälligen braunen Mantel kleiner zu machen.
    Rasch – sehr viel rascher, als ich eigentlich gewollt hatte – nahm ich eine Kassette aus dem Regal, und ging damit zur Kasse. Adrian grinste breit.
    Wäre ich nicht so brummig gewesen, hätte ich zugeben müssen, daß er wirklich süß war. Nur ein bißchen zu begeistert.
    »Wo hast du bloß gesteckt?« fragte er mit lauter Stimme. »Ich hab dich schon seit... seit Tagen nicht gesehen!«
    Die anderen Kunden hielten beim

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