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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ich an dem Abend mit irgend jemandem mehr ein Wort wechseln, beschloß ich. Ich gelobte mir zu schweigen, doch schien es mir eher, als legte sich das Schweigen über mich.

14
    D ie Wohnung sah aus wie ein Schlachtfeld. Zwei leere Pizzaschachteln auf dem Fußboden des Wohnzimmers rochen nach Zwiebeln und Peperoni. In der Küche stapelten sich Berge von ungewaschenen Töpfen und Tellern, der Mülleimer quoll über, und auf dem Heizkörper hingen ein paar Klamotten zum Trocknen. Als ich die Kühlschranktür öffnete, um die Weinflasche hineinzustellen, schlug mir ein sonderbarer Geruch entgegen.
    Zwar steigerte all das meine Depression noch, doch brachte ich es lediglich fertig, die Pizzaschachteln in eine Mülltüte zu stecken. Wenigstens war ich zu Hause.
    Während ich mit spitzen Fingern in der Küche nach einem halbwegs sauberen Teller für meine Pommes suchte, klingelte das Telefon, und bevor ich mir klarwerden konnte, was ich tat, hatte ich abgenommen.
    »Lucy?« sagte eine Männerstimme. Zumindest hielt ich den Betreffenden einen Augenblick für einen Mann, merkte dann aber, daß es Daniel war.
    »Hallo«, sagte ich höflich. Dabei verfluchte ich mich im stillen, daß ich abgenommen hatte. Offenkundig rief er an, um sich über den Heirats-Mumpitz der Wahrsagerin zu amüsieren.
    »Na, wie geht’s?« fragte er. Es klang warmherzig und besorgt.
    »Was willst du?« fragte ich schroff. Mit meiner Vermutung hatte ich richtig gelegen: ganz offenbar beabsichtigte er, sich an meinem Elend zu weiden.
    »Ich wollte sehen, wie es dir geht« sagte er. »Und herzlichen Dank für das freundliche Willkommen.« Dabei gelang es ihm, einen durchaus glaubwürdigen überraschten Klang in seine Stimme zu legen.
    »Du willst mich ja nur aufziehen«, sagte ich eingeschnappt.
    »Aber nein«, sagte er, »Ehrenwort.«
    »Daniel«, seufzte ich, »natürlich tust du das. Immer, wenn mir was danebengeht, rufst du an, um darauf herumzureiten. So wie ich mich immer schieflache, wenn dir was danebengeht. Das ist bei uns einfach so.«
    »Eigentlich nicht«, sagte er sanft. »Ich will nicht bestreiten, daß es dir großen Spaß zu machen scheint, wenn mir was mißlingt, aber es stimmt nicht, daß ich über deine Mißgeschicke lache.«
    Nach einer Pause fuhr er fort: »Sei ehrlich: da käm ich ja aus dem Lachen überhaupt nicht mehr raus.«
    »Mach’s gut, Daniel«, sagte ich kalt und zog den Apparat näher.
    »Augenblick, Lucy!« rief er, »es war ein Witz!«
    »Großer Gott«, murmelte er dann, »du bist viel netter, wenn du deinen Humor eingeschaltet hast.«
    Ich sagte nichts, weil ich nicht wußte, ob ich das mit dem Witz glauben sollte. Ich war ziemlich empfindlich, denn immerhin pflegte mich eine Unzahl an Katastrophen heimzusuchen. Der Gedanke, daß man sich über mich lustig machte, war mir fast ebenso zuwider wie die Vorstellung, jemand könnte Mitleid mit mir haben.
    Das Schweigen dauerte an. Schade um die Telefoneinheiten, dachte ich betrübt. Dann versuchte ich mich zusammenzunehmen. Das Leben war ohnehin schon schlimm genug. Es gab nicht den geringsten Grund, mich hängenzulassen, weil tragischerweise bei einem Anruf viele Worte ungesagt blieben.
    Um die Zeit totzuschlagen, blätterte ich in der Illustrierten und stieß auf einen Artikel über Dickdarmreizung. Pfui Teufel, dachte ich, das sieht ja ekelhaft aus. Ist bestimmt gut.
    Dann steckte ich zwei Karamelbonbons mit Schokoladenüberzug in den Mund, weil mir eins nicht genügte.
    »Ich hab gehört, du heiratest jetzt doch nicht«, sagte Daniel, nachdem sich das Schweigen unangenehm in die Länge gezogen hatte.
    »So ist es. Ich heirate nicht«, stimmte ich zu. »Hoffentlich habe ich dir zu einem schönen Wochenende verholfen. Jetzt möchte ich Schluß machen. Tschüß.«
    »Lucy, bitte«, bat er.
    »Ich bin wirklich nicht in der Stimmung für so was«, fiel ich ihm müde ins Wort. Ich wollte mit niemandem reden, und schon gar nicht streiten.
    »Tut mir leid«, sagte er. Es klang bedauernd.
    »Ehrlich?« fragte ich voll Argwohn.
    »Bestimmt«, sagte er.
    »Schön«, sagte ich, »aber ich möchte jetzt wirklich Schluß machen.«
    »Du bist immer noch sauer auf mich«, sagte er, »das merke ich.«
    »Bin ich nicht«, antwortete ich matt. »Ich will einfach meine Ruhe haben.«
    »Heißt das, du geht bis nächsten Mittwoch mit ’ner Schachtel Kekse auf Tauchstation?« fragte er.
    »Möglich«, sagte ich mit leisem Lachen. »Dann also bis nächste Woche.«
    »Ich komm von Zeit zu Zeit

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