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Lucy

Lucy

Titel: Lucy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Gonzales
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einfach per Edel-Anhalter fliegen. Das habe ich in Kinshasa schon einmal gemacht.« Jenny saß zwischen den Mädchen und griff nach ihren Händen. »Keine Sorge. Das wird Spaß machen.«
    |231| Lucy merkte, wie der Taxifahrer sie im Rückspiegel musterte. »Hey«, sagte er, »bist du nicht dieses, äh, Affenmädchen?«
    »Ja. Menschenaffe, um genau zu sein.«
    »Ist doch alles dasselbe, oder?«
    »Eben nicht. Menschenaffen haben keine Schwänze. Außerdem laufen Affen auf allen vieren oben auf den Ästen. Menschenaffen schwingen sich unter den Ästen entlang.«
    »Hey, das wusste ich nicht«, sagte der Taxifahrer. »Sag mal, du bist aber ziemlich schlau dafür, dass du ein halber Menschenaffe bist.«
    »Ja, ich hab jede Menge Talente.« Lucys Laune heiterte sich langsam wieder auf, und sie sah, dass auch Jenny und Amanda mit wachsendem Vergnügen ihrem Geplänkel mit dem Taxifahrer zuhörten.
    »Wirklich? Was denn zum Beispiel?«
    »Hm, wie wär’s mit einer Wette? Ist das da auf dem Beifahrersitz Ihr Lunch?«
    »Ja, wieso?«
    »Also, wenn ich errate, was in der Tüte drin ist, dann kriegen wir die Taxifahrt umsonst. Wie wär’s?«
    »Abgemacht. Aber du musst mir auch ’n Autogramm geben.«
    »Abgemacht.« Lucy wusste bereits, was in der Tüte war, aber um der Wirkung willen schnüffelte sie noch etwas in der Luft herum. »Hmmm«, begann sie. »Mal sehen   … Heute gibt’s bei Ihnen Schinken-Käse-Sandwich mit Pumpernickel und Mayo, scharfem Senf und Zwiebeln. Außerdem ist da noch ein Becher Krautsalat drin. Ein Apfel. Und irgendwas mit Schokolade   – Moment   … Ich hab’s: Es ist ein Mars-Schokoriegel. Nur das Getränk kann ich nicht erkennen, weil es in einer Aluminiumdose ist.«
    |232| Der Fahrer schlug aufs Lenkrad und lachte laut. »Heiliger Bimbam, stimmt alles.«
    »Sehen Sie? Es zahlt sich aus, sich auf die Suche nach seinem inneren Menschenaffen zu machen.«
    Als er schließlich vor dem Terminal für Privatflugzeuge anhielt, drehte er sich mit seinem Fahrtenblock in der Hand um. »Also, krieg ich noch das Autogramm? Meine Frau wird ganz aus dem Häuschen sein. Die hat dich bei
Oprah
gesehen.«
    Dann betraten sie die Wartelounge von LaGuardia und Piloten und Passagiere musterten sie und folgten ihnen mit den Blicken, als sie durch die Halle gingen.
    »Ich glaube, du wirst erkannt«, sagte Jenny. »Das ist gut. Amanda, willst du nicht die Honneurs machen? Du kannst doch so nett und wohlerzogen sein.«
    »Ich soll was machen? Was wollen wir denn?«
    »Frag nach einem Flug nach Chicago. Irgendwer, der nach Westen fliegt, wird schon noch ein paar Plätze frei haben.«
    Nägelkauend sah Amanda sich in der gut gefüllten Lounge um. Dann packte sie Lucy am Arm, räusperte sich und sprach mit lauter Bühnenstimme. Jetzt war die Theatergruppe doch mal zu etwas gut. »Meine Damen und Herren, erkennen Sie dieses Mädchen?« Plötzlich waren aller Augen auf sie gerichtet. »Das ist Lucy Lowe. Sie haben sie vielleicht schon im Fernsehen gesehen.«
    Ein paar Leute winkten. Alle wirkten etwas verdutzt.
    Als Amanda erklärte, was passiert war, lief ein missbilligendes Murmeln durch die Menge.
    »Deshalb sind wir also hier und auf der Suche nach einem hilfsbereiten Menschen, der uns mit nach Chicago nimmt. Sie bekommen nicht nur die seltene Gelegenheit, Lucy persönlich treffen und sprechen zu können, sondern werden danach auch noch eine tolle Geschichte zu erzählen haben.«
    |233| Schweigen breitete sich aus. Niemand rührte sich. Lucy konnte die Anspannung förmlich spüren. Alle waren verwirrt und ängstlich. Die Wartelounge war ein heller unscheinbarer Raum mit einem Terrazzoboden und einer lärmschluckenden Decke, in die Neonröhren eingelassen waren. Am einen Ende der Lounge befand sich ein Serviceschalter, hinter dem zwei Frauen in Uniform standen. Schließlich stand eine alte Dame in einem dunkelroten Kostüm mit etwas Mühe auf und kam mit einer Zeitschrift in der Hand quer durch die Lounge auf sie zu. »Entschuldige«, sagte sie liebenswürdig zu Lucy, »aber wärst du vielleicht so freundlich, mir hier ein Autogramm draufzuschreiben.« Sie hatte strahlend grüne Augen und ein schönes Lächeln. »Für meine Enkelin.« An ihrem Hals blinkte ein Saphir.
    »Ja, gern«, sagte Lucy und griff nach der Zeitschrift. Es war die aktuelle
Time
-Ausgabe, mit Lucys Gesicht auf dem Cover unter der Schlagzeile: »Was macht uns zum Menschen?«
    »Wie heißt Ihre Enkelin denn?«
    »Holly.«
    Lucy schrieb ein paar

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