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Lucy

Lucy

Titel: Lucy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Gonzales
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vorstellen? Aber Luke wollte nichts davon hören. Er brauchte irgendeine Art Transportmittel, weil er all unsere Geschäfte einmal im Jahr persönlich besucht. So ist er eben. Er kaufte das Billigste, was er finden konnte, nur praktisch sollte es sein. Dies Flugzeug ist schon fast vierzig Jahre alt. Und natürlich mehrfach überholt.«
    »Darf ich Sie auch etwas fragen, Ruth?«, sagte Lucy.
    »Aber sicher.«
    »Wenn Sie nicht viel Geld ausgeben wollen, welchen Sinn |239| hat es dann, so viel zu haben? Ich bin hoffentlich nicht zu unhöflich.«
    »Nein, gar nicht. Das ist eine berechtigte Frage.« Ruth blickte hinaus in die Ferne, als könnte sie irgendwo dort draußen die Vergangenheit sehen. »Wir hatten gar nicht vor, reich zu werden. Luke war einfach nur, nun, man muss wohl schon sagen: besessen. Besessen von jeder noch so kleinen Kleinigkeit des Einzelhandels. Schon sein Vater und sein Großvater waren Einzelhändler. Und Luke wollte das Geschäft perfektionieren, in all seinen Details, wie einer, der in minutiöser Feinarbeit wunderbare Flaschenschiffe baut. Es ging nie darum, etwas zu erreichen, der Weg war immer das Ziel.« Sie verzog leicht den Mund, und Falten bildeten sich um ihren Mund und ihre Augen. »Das Geld war ein Nebeneffekt seiner Besessenheit. Inzwischen reise ich mit ihm, weil ich ihn sonst kaum zu Gesicht bekomme.«
    »Was machen Sie denn dann mit dem Geld?«, fragte Lucy.
    Ruth lachte traurig. »Ich habe eine Stiftung gegründet. Das ist unser kleiner Privatwitz. Luke verdient das Geld, und ich verschenke es.«
    »Und warum haben Sie Ihre Geschäfte Denton’s genannt?«, fragte Jenny.
    »Nach unserem Sohn.« Ruth blickte auf ihren Schoß, auf ihre ineinander verschlungenen Hände.
    »Was für eine schöne Idee«, sagte Amanda.
    Mit einem kummervollen Lächeln sah Ruth wieder auf. Dann schien sie sich an etwas zu erinnern und begann hastig in einem Beutel zu kramen, der an der Kabinenwand neben ihr hing. »Herrje, das habe ich ja fast vergessen. Wenn wir Gäste auf dem Flug haben, muss ich die Sicherheitserläuterungen machen. Es kommt mir zwar albern vor, aber das Gesetz schreibt es vor.« Sie zog eine Karte mit Instruktionen für den |240| Notfall hervor. »Es ist wirklich nicht viel. Es gibt nur diese eine Tür da. Und ein kleines Fenster im Cockpit, das man herausdrücken kann. Ich bezweifle aber, dass ich da durchkäme. Für den Fall eines Druckabfalls in der Kabine haben wir Sauerstoffmasken an Bord. Oh, und im Gegensatz zu den Verkehrsflugzeugen gibt es bei uns Kapuzen gegen Rauchentwicklung, falls ein Feuer ausbricht. Sie sind unter den Stuhlsitzen. Ich glaube, das war’s auch schon.«
    Das Flugzeug nahm inzwischen auf der Startbahn an Fahrt auf. Lucy wurde in ihren Sitz zurückgedrückt, und der Jet hob in einem schrägen Winkel vom Erdboden ab. Als sie über New York in den Himmel stiegen, fragte Ruth ihre Gäste lächelnd: »Mögen alle Thunfischsalat?«
    »Oh ja«, erwiderte Lucy. Amanda und Jenny lächelten und nickten.
    Ruth sah auf ihre Armbanduhr. »Meine Lunchzeit ist längst überschritten, mein Blutzuckerspiegel sinkt schon. Dann fühle ich mich immer so matt.« Sie nahm den Hörer des Telefons neben sich ab. »Liebling, ich bin’s. Nun ja, wer sonst sollte es auch sein? Würde es dir etwas ausmachen, den Steigflug kurz auszusetzen, damit ich uns einen Imbiss holen kann? Okay, wollt ihr beide auch etwas?« Sie hörte wieder zu und warf Lucy dabei ein Lächeln zu. »Wunderbar. Ich liebe dich auch.« Dann legte sie auf und sah Jenny an. »Es dauert nur einen Moment. Die Fluglotsen kennen ihn alle und freuen sich, wenn sie ihm einen Gefallen tun können. Es schadet natürlich auch nicht, dass Luke ihnen bei Denton’s einen 2 0-prozentigen Nachlass gewährt.«
    Das Flugzeug stieg noch ein paar Minuten länger, doch dann wurde es tatsächlich waagerecht ausgerichtet. Ruth löste ihren Sicherheitsgurt und ging nach hinten, wo sie einen Schrank öffnete. Als sie zurückkam, brachte sie in Plastikfolie |241| eingewickelte Sandwiches mit, die eindeutig selbst gemacht waren, Dosen mit Apfel- und Cranberrysaft und kleine Tüten Kartoffelchips, die das Logo von Denton’s trugen. Sie stellte alles auf den Tisch, ging noch einmal Nachschub holen und brachte dann den beiden Männern ihren Lunch ins Cockpit. Als sie wieder saß und sich angeschnallt hatte, warf sie einen Blick auf die Sandwiches. »Ich hoffe, sie schmecken allen. Ich habe den Thunfischsalat heute Morgen frisch gemacht.

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