Ludlum Robert - Covert 01
Menschheit helfen. Zumindest hoffe ich das.«
Jesse Oxnard, ein großer, robuster Mann mit Pausbacken und einem dichten Schnurrbart, war nicht überzeugt. Jetzt runzelte er die Stirn. »Dieses Serum befindet sich immer noch im Forschungsstadium, oder?«
Auf Tremonts gebräuntem Aristokratengesicht breitete sich ein verständnisvolles Lächeln aus, und als er den Kopf schüttelte, glänzte sein stahlgraues Haar im Schein des Kaminfeuers. »Die Tierversuche und auch die Tests mit Primaten haben wir bereits hinter uns und wir haben bewiesen, dass das Serum bei Affen die Virusinfektion heilt. Wie ich bereits sagte - wir haben die Produktionsstätten für die massenhafte Herstellung und die Techniken nur unter wissenschaftlichen Aspekten entwickelt. Tatsächlich verfügen wir bereits über Millionen von Dosen. Das hat uns veranlasst, das Patent zu beantragen und um die Genehmigung der Ernährungs- und Arzneimittelaufsicht im Bereich Veterinärmedizin nachzusuchen.«
Nancy Petrelli beobachtete, welche Wirkung diese Worte bei dem Generalstabsarzt hinterließen, während sie zugleich Tremonts gefällige Wiedergabe der erfundenen Geschichte bewunderte. Sie selbst hätte ihm ohne weiteres geglaubt und das erinnerte sie daran, dass sie sich absichern musste. Nie gestattete sie es sich, Victor Tremont als einen Freund zu betrachten. Zuerst war er auf ihre finanzielle Investition angewiesen gewesen, später war es ihm um ihren Einfluss als Kongressabgeordnete und dann als Gesundheitsministerin gegangen. Darauf beschränkte sich sein Interesse an ihr.
Nancy Petrelli war eine realistische Frau. Sie hatte kurz geschnittenes silbergraues Haar und trug feminine, aber auch geschäftsmäßige Strickmoden von St. John. Ein Wagnis ging sie nur ein, wenn ihre Chancen extrem gut standen. Victor Tremonts raffinierte und energische Hochstapelei unterstützte sie, weil sie glaubte, dass er es schaffen würde, die Sache durchzuziehen. Aber sie war sich auch der Tatsache bewusst, dass zu seinen sonstigen Verbrechen Massenmord hinzukam, wenn er geschnappt wurde. Daher wollte sie unbedingt den Schein wahren, nichts von seinen Taten zu wissen. Zugleich erwartete sie aber, dass er triumphierte und sie dadurch reich werden würde.
»Affen sind keine Menschen, Mr. Tremont«, sagte sie also in ihrem und in Oxnards Interesse.
Tremont blickte sie fragend an und stimmte dann zu. »Da haben Sie Recht. Aber in diesem Fall sind beide genetisch und physiologisch eng miteinander verwandt.«
»Ich will mich vergewissern, dass ich das richtig verstanden habe.« Generalstabsarzt Oxnard strich sich über den Schnurrbart. »Sie sind nicht sicher, dass das Serum Menschen heilen wird?«
»Natürlich nicht«, antwortete Tremont ernst. »Das werden wir so lange nicht wissen, bis wir es an Menschen getestet haben. Angesichts der Umstände finde ich aber, dass wir es versuchen sollten.«
Oxnard runzelte die Stirn. »Das ist ein großes Hindernis. Tatsächlich ist es gut möglich, dass wir feststellen müssen, dass das Serum Schaden anrichtet.«
Tremont faltete die Hände und blickte auf sie herab. Als er wieder aufsah, klang seine Stimme sehr ernst. »Eins scheint mir fast sicher zu sein - wenn wir kein Heilmittel gegen diesen entsetzlichen Virus finden, werden Millionen Menschen sterben.« Er schüttelte den Kopf, als quälte ihn der Kampf um eine Entscheidung. »Glauben Sie nicht, dass ich mit genau diesem Problem gerungen habe? Deshalb habe ich auch zwei Tage gezögert, bis ich meinen Vorschlag gemacht habe. Ich musste mit mir im Reinen und sicher sein, dass mein Schritt richtig ist. Meine Antwort lautet ja - ich bin überzeugt, dass wir eine sehr gute Chance haben, dass unser Serum diese entsetzliche Epidemie besiegen wird. Aber wie kann ich garantieren, dass es nicht größeres Leiden auslöst, wenn es noch nicht bei Menschen getestet worden ist?«
Alle grübelten schweigend über das Dilemma nach. Oxnard war klar, dass er Tremonts Serum ohne Tests nicht empfehlen konnte, aber zugleich begriff er, dass er als ein tapferer und entschlossener Mann dastehen würde, wenn es Millionen Menschen weltweit vor dem sicheren Tod bewahren würde.
Derweil dachte Nancy Petrelli weiterhin besorgt über sich selbst nach. Wenngleich ihr klar war, dass das Serum wirken würde, hatte sie doch auch durch schlechte Erfahrungen gelernt, dass man sich in politischen Fragen nie zu weit vorwagen durfte. Sie würde vorsichtig sein und sich zunächst auf die Seite der Minderheit
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