Ludlum Robert - Covert 01
welchem Zeitpunkt das Leben eines Menschen eine entscheidende Wendung nimmt? Randi empfand das Gefühl, ein neuer Mensch zu sein, zuerst auf Reisen, und zwar nicht nur bei denen von der West- zur Ostküste, sondern auch, als sie die mexikanische Küste am Golf von Kalifornien, das Mittelmeer und andere ferne Gegenden besuchten, von denen ihr Vater fasziniert war. Sie fand Gefallen daran, das Unbekannte zu erforschen und fremdartige Menschen kennen zu lernen. Bald schon genoss sie diese Erfahrung und dann konnte sie ohne sie nicht mehr leben.
Wegen ihrer Sprachbegabung erhielt sie ein Stipendium für Harvard, wo sie in Spanisch und Politologie ihren Bachelor machte. Anschließend erwarb sie in Columbia ihren MastersAbschluss auf dem Gebiet der internationalen diplomatischen Beziehungen. Wo immer sie auch hinreiste, nahm sie zusätzlichen Unterricht, bis sie schließlich sieben Sprachen fließend beherrschte. In Columbia war sie auch von der CIA rekrutiert worden. Mit ihren Universitätsabschlüssen, ihren Beziehungen und ihrer zigeunerhaften Reiselust war sie eine ideale Kandidatin. Aber es stellte sich heraus, dass sie nur eine mäßig interessierte Agentin war, die ihren Job zwar adäquat erledigte, aber gefährliche Aufträge mied. Das änderte sich erst, nachdem Mike in Somalia ums Leben gekommen war.
Er war nicht durch Waffengewalt gestorben, sondern durch einen unsichtbaren Virus, der ihm ein hässliches und qualvolles Ende bereitet hatte. Selbst jetzt noch schnürte ihr die Erinnerung die Kehle zu und sie spürte ein schmerzhaftes Bedauern, wenn sie daran dachte, was aus ihrem Leben hätte werden können.
Damals schien sie an der Ungerechtigkeit des Schicksals zu ersticken. Wohin sie auch blickte - die Menschen hungerten, schwebten in Gefahr, wurden angelogen oder unterdrückt. Das empörte sie. Sie war nachdenklich geworden und bald wurde ihre Arbeit zum Mittelpunkt ihres Lebens. Nach Mikes Tod zählte nur noch der Versuch, die Welt zu einem besseren und sichereren Ort zu machen.
Aber Sophias Welt hatte sie nicht sicherer gemacht. Erneut wurde sie von Trauer überwältigt. Um sich zu beruhigen, atmete sie tief durch. Sie musste sich konzentrieren. Jetzt hatte sie ein Ziel. Ihr war klar, dass sie nie fähig sein würde, Smith zu mögen, und dass sie ihm wahrscheinlich auch nie wirklich vertrauen konnte, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Sie war auf ihn angewiesen.
In ihre Decke gehüllt, stand sie schnell auf und blickte auf die schlafenden Männer. Mit ihrer Uzi kroch sie langsam zu Smith hinüber und streckte sich neben ihm aus. Jon blickte sie langsam an.
»Alles in Ordnung?«, fragte er leise.
Randi ignorierte die Freundlichkeit seines Tonfalls. »Lassen Sie uns eines klarstellen«, flüsterte sie. »Rational verstehe ich, dass sie Mike nicht töten wollten. Zuerst ist es schwierig, LassaFieber von Malaria zu unterscheiden, und er hätte sowieso daran sterben können. Aber vielleicht wäre es anders gekommen, wenn Sie rechtzeitig die richtige Diagnose gestellt und Hilfe gerufen hätten.«
»Randi!«
»Pssst! Ich weiß nicht, ob ich jemals in der Lage sein werde, Ihnen zu verzeihen. Sie haben sich zu unbekümmert und zu eingebildet verhalten und getan, als wüssten Sie alles.«
»Ja, ich war arrogant, aber noch in viel größerem Maß unwissend. Das sind die meisten Militärärzte, wenn es um seltene Tropenkrankheiten geht.« Er seufzte müde. »Es war ein Irrtum, ein tödlicher Irrtum. Aber es lag nicht an meiner Sorglosigkeit, sondern an meiner Unwissenheit. Das soll keine Entschuldigung sein, sondern eine Erklärung. Lassa-Fieber wird auch heute noch mit Malaria verwechselt. Damals habe ich versucht, Ihnen zu erklären, dass ich mich wegen Mikes Tod ans USAMRIID versetzen ließ, um dort zu einem anerkannten Spezialisten für Tropenkrankheiten zu werden. Nur so konnte ich wiedergutmachen, was passiert war, und dafür sorgen, dass dieser Fehler nie wieder einem anderen Militärarzt unterläuft. Es tut mir so Leid, dass Mike sterben musste, und ich bedaure zutiefst, was für eine Rolle ich dabei gespielt habe.« Er blickte Randi an. »Der Tod ist etwas verdammt Endgültiges.«
Sie nahm den Schmerz in seiner Stimme war und ihr war klar, dass er wieder an Sophia denken musste. Ein Teil von ihr wollte ihm vergeben und einen Schlussstrich unter die ganze Geschichte ziehen, aber sie brachte es nicht fertig. Obwohl er seinen Irrtum bereute und seinen Fehler wiedergutmachen wollte, war es durchaus
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