Ludlum Robert - Covert 03
war, und er sagte sich, dass die Vereinigten Staaten von Amerika noch nicht besiegt waren und auch nicht besiegt werden könnten.
»Wie Sie ja gehört haben, war das General Henze von der NATO«, sagte er ruhig. »Dort drüben ist alles ruhig. Seit vierundzwanzig Stunden kein Angriff.«
»Das gefällt mir nicht«, meinte Stabschef Charles Ouray. »Weshalb sollten die Leute mit dem DNS-Computer jetzt aufhören, uns unter Druck zu setzen? Uns zu bedrohen? Haben sie etwa schon alles, was sie wollten?« Ouray war Anfang sechzig und hatte ein fast faltenloses dreieckiges Gesicht und eine tiefe, barsch klingende Stimme. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte finster. »Ich bezweifle das stark.«
»Es könnte ja sein, dass unsere Gegenmaßnahmen Wirkung zeigen«, gab die nationale Sicherheitsberaterin Powell-Hill voll Hoffnung zu bedenken. Schlank und geschäftsmäßig wie immer war sie makellos gekleidet; diesmal trug sie ein DonnaKaran-Kostüm. »Wenn wir Glück haben, konnten wir sie mit unseren Reservesystemen außer Gefecht setzen.«
Lieutenant General Ivan Guerrero, der Stabschef der Army, beugte sich vor und nickte heftig. Er hielt die breiten Hände mit den klobigen Fingern zwischen den zusammengepressten Knien, blickte jetzt auf und musterte jedes einzelne Mitglied der Gruppe. Sein kühler, berechnender Blick wirkte nicht nur zuversichtlich, sondern strahlte jene Sicherheit aus, der man so häufig in militärischen Kommandostellen den Vorzug über den gelegentlich zu Zweifeln neigenden Intellekt gab. »Wir haben sämtliche Reservesysteme installiert, bis hinunter zu Zielerfassungssystemen in unseren Panzern. Ich denke, wir haben diese Mistkerle ausgetrickst, wer auch immer sie sein mögen, und nicht nur diese Mistkerle, sondern auch ihren diabolischen Molekularcomputer.«
»Der Ansicht bin ich auch«, erklärte Air-Force-General Bruce Kelly, der neben dem Kamin stand. Sein leicht gerötetes Gesicht wirkte ernst und sicher, als er zuerst General Guerrero und dann die anderen ansah. Obwohl er dem Alkohol vielleicht manchmal etwas zu häufig zusprach, war Kelly ein kluger Kopf, der nicht lockerließ, wenn er sich einmal ein Ziel gesetzt hatte.
Der Kommandant des Marine Corps, Lieutenant General Clason Oda, der erst kürzlich auf diesen Posten befördert worden war und sich daher, was seine Popularität anging, sozusagen noch in den Flitterwochen befand, äußerte sich ebenfalls zuversichtlich, dass die Gegenmaßnahmen Wirkung gezeigt und die Terroristen handlungsunfähig gemacht hatten. »Das gute altmodische amerikanische Know-how«, beendete er seine Erklärung und strahlte selbstgefällig über das Klischee.
Während weiterhin über Reservesysteme diskutiert wurde, hörte Präsident Castilla zu, ohne sich an dem Gespräch zu beteiligen, hörte sowohl die Stimmen wie auch den Regen draußen, dessen stetiges Trommeln wie ein Unheil verheißender Kontrapunkt zu ihrem Optimismus wirkte.
Als die Diskussion schließlich beendet war, räusperte sich Castilla. »Ihre Bemühungen und Ihre Gedanken ermutigen mich, Ladies and Gentlemen. Trotzdem muss ich Ihnen eine andere Erklärung zur Diskussion stellen, die Ihnen zwar sicherlich nicht gefallen wird, die wir aber ebenfalls in Erwägung ziehen sollten. Unsere Geheimdienstquellen in Übersee haben mir ein völlig anderes Szenario dargelegt. Sie glauben, dass unsere Verteidigungssysteme nicht etwa während der letzten vierundzwanzig Stunden alle Cyber-Attacken abgewehrt haben, sondern dass es einfach keine solchen Attacken gegeben hat.«
Admiral Brose, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, runzelte die Stirn. »Was folgern Sie daraus, Mr. President? Dass die Kerle sich zurückgezogen haben? Dass sie gezeigt haben, wozu sie imstande sind, und dass sie jetzt in ihre Löcher zurückgekrochen sind?«
»Ich wünschte, es wäre so, Stevens. Wirklich, das würde ich mir wünschen. Nein. Ein Teil der Erklärung mag in einigen höchst willkommenen Erfolgen seitens unserer Geheimdienstleute zu suchen sein. Es freut mich, Ihnen sagen zu können, dass wir jetzt den Namen der Gruppe kennen, die sich in den Besitz des DNS-Computers gesetzt hat. Sie nennt sich Halbmondschild. Möglicherweise haben unsere Leute für Verzögerungen im Plan dieser Gruppe gesorgt.«
»Halbmondschild?«, wiederholte Sicherheitsberaterin Powell-Hill. »Von denen habe ich noch nie gehört. Araber?«
Der Präsident schüttelte den Kopf. »Panislamisch. Bis jetzt hatte noch niemand mit ihnen zu
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