Ludlum Robert - Covert 03
grellbunt karierten Hemd zur hinteren Tür herausgerannt kam. Ein Asiat, wahrscheinlich Malaysier, und er hatte es offenbar sehr eilig. Er sagte kurz etwas zu dem Wachposten, der sich sofort nervös und wachsam geworden umsah, worauf der kleine Mann wieder ins Haus zurückeilte. Der Wachposten spähte in die Nacht, hob sein Sturmgewehr, setzte sich in Bewegung und beobachtete dabei die Büsche hinter der Villa. Irgendetwas war passiert. Suchten sie nach Jon? Hatten sie ihn gefunden?
Jetzt schneller werdend, eilte sie geduckt durch die Büsche zum westlichen Teil des Geländes, wo sie feststellte, dass die Villa einen Seitenflügel hatte. Er stach aus dem sonst völlig symmetrisch angelegten Gebäude heraus und hatte keine nach außen führenden Türen; sämtliche Fenster waren vergittert – kunstvoll gearbeitete Schmiedeeisenstangen, die so aussahen, als wären sie Jahrhunderte alt. Dieser Seitenflügel musste nur aus dem Inneren des Hauses zugänglich sein, und Randi verspürte eine plötzliche unwillkürliche Regung, in die sich Ekel und Abscheu mischten. Ihr war sofort klar, was dieser Flügel einmal gewesen war – das Frauenquartier der alten Villa, der Harem. Die vergitterten Fenster und die fehlenden Türen sollten nicht etwa Eindringlinge fern halten, sondern verhindern, dass die Frauen das Gebäude verließen, sie waren Gefangene.
Als sie sich näher heranschlich, hörte sie von irgendwo aus dem Inneren der Villa Stimmen. Sie wagte sich weiter vor und sah hinter drei Fenstern Licht. Die Stimmen kamen von dorther, und sie klangen erregt. Französisch und Arabisch. Was gesprochen wurde, konnte sie nicht verstehen, aber eine der Stimmen gehörte einer Frau. Thérèse Chambord? Wenn sie das war, würde sie sie nach dem Foto erkennen, das man ihr bei der Einsatzunterweisung gezeigt hatte. Als sie das erste Fenster erreicht hatte, streckte sie sich und spähte durch die Gitterstangen hinein.
Mauritania, Abu Auda und zwei bewaffnete Terroristen standen in dem Raum, alle mit Waffen in der Hand. Selbst von draußen konnte sie die Spannung spüren, die den Raum erfüllte. Mauritania sprach zu jemand, aber sie konnte nicht sehen, wer es war. Geduckt kroch sie zum nächsten Fenster und streckte sich wieder. Erregt erkannte sie Thérèse Chambord und deren Vater – und gleich daneben stand Jon. Aber die Freude, die drei gefunden zu haben, verwandelte sich sofort in Sorge, als ihr klar wurde, in welcher Gefahr sich alle drei vor den Waffen von Mauritania und seinen Männern befanden.
Jetzt konnte sie sehen und hören, wie Abu Auda heftig gestikulierend sagte: »Wir reden zu viel. Schafft sie hinaus, und sperrt sie in die Strafzelle. Wenn auch nur einer von ihnen entkommt, kostet das eure Augen.«
Abu Audas Männer drängten die drei zur Tür hinaus.
»Lassen Sie Chambord da«, sagte Mauritania. »Wir haben einiges zu tun, nicht wahr, Doktor? Morgen werden wir eine veränderte Welt vor uns haben und einen neuen Anfang für die Menschheit.«
Dann lachte der Terrorist, ein Lachen, das Randi eisige Schauer über den Rücken jagte. Aber nicht so eisig wie die Entscheidung, die jetzt auf sie zukam, und die sie ganz allein treffen musste. Jon und Thérèse Chambord waren weggebracht worden, und nur Mauritania und Dr. Chambord standen dicht bei einer kompliziert aussehenden Apparatur, bei der es sich möglicherweise um den DNS-Computer handelte. Sie untersuchte die Eisenstangen an den Fenstern. Sie waren so massiv, wie sie schon aus der Ferne ausgesehen hatten.
Sie wusste, was sie zu tun hatte. In Sekundenschnelle ließ sie sich die Möglichkeiten, die ihr blieben, durch den Kopf gehen. Sie hatte freies Schussfeld auf beide Männer, wogegen es ziemlich schwierig sein würde, den Apparat zu treffen. In dem Augenblick, wo sie einen der Männer tötete, würde der andere sich zu Boden fallen lassen und für sie damit nicht mehr erreichbar sein. Selbst Chambord würde wissen, dass das seine einzige Chance war. Wenn sie mehrere Schüsse in einem Feuerstoß abgab, könnte sie damit möglicherweise den Apparat beschädigen, aber sie hatte keinerlei Bestätigung dafür, dass es sich tatsächlich um den Prototyp handelte, und sie war wissenschaftlich nicht genügend bewandert, um sich selbst ein Urteil bilden zu können.
Wenn es wirklich der Computer war, dann bestand die Chance, dass Chambord ihn reparieren oder auch schnell wieder neu bauen konnte. Und damit war die logische Wahl für sie, Chambord zu töten. Andererseits
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