Ludlum Robert - Covert 03
begonnen, das Herz der Stadt wieder aufzubauen, und ein paar hundert internationale Firmen waren auch in die Stadt zurückgekehrt, doch in diesem weitgehend gesetzlosen Niemandsland einer düsteren Vergangenheit konnte man dennoch nur wenige Spuren des Fortschritts erkennen.
Jeff war bewaffnet und verkleidet und hatte den Auftrag, eine wichtige Person zu kontaktieren, deren Identität und Aufenthaltsort man in den Notizen eines Kollegen von der CIA entdeckt hatte, der bei dem schrecklichen Angriff vom 11. September auf das Pentagon ums Leben gekommen war. Seine schwierige Mission – vergleichbar dem Auffinden einer Nadel in einem mit Nadeln gefüllten Silo – war hauptsächlich wegen der neuen nachrichtendienstlichen Quellen möglich geworden, die die Regierung der Vereinigten Staaten entwickelt hatte; angefangen bei Hilfsmitteln wie den U-2-Spionageflugzeugen über die Konstellation geheimer Spionagesatelliten, die den Erdball umkreisten, bis hin zu kommerziellen Satellitenfotos und ferngesteuerten Spionagedrohnen.
Da es keinerlei Wegweiser gab, verließ Jeff sich ausschließlich auf einen speziell programmierten Palm Pilot und hoffte, dass dieser ihm den Weg zu der richtigen Höhle irgendwo im Schutt eines ehemaligen Prachtbaus weisen würde. Er suchte sich einen Schattenabschnitt und sah dort erneut auf den kleinen Bildschirm seines Palm Pilot. Man konnte darauf die Straßen und Gassen dieses Viertels live sehen; eine neu entwickelte Kategorie robotgesteuerter Flugdrohnen lieferte das Bild. Diese Wunderwerke der Technik waren imstande, über riesige Distanzen via Satellitenkommunikation Echtzeitbilder zu liefern, ein gewaltiger Fortschritt gegenüber der Zeit, wo Drohnen nur dann Informationen liefern konnten, wenn sich ein Funksignal direkt zu dem Stützpunkt zurückstrahlen ließ, von dem die Drohnen gestartet waren.
Wegen des im ständigen Wechsel begriffenen geografischen Chaos hier in Süd-Beirut konnte ein Fremder leicht die Orientierung verlieren. Aber mit dem Livebild und ständigen Richtungssignalen war es Jeff möglich, im Umkreis von etwa einem halben Kilometer verlässliche Orientierung zu finden.
Plötzlich krachten in der Nähe mehrere Schüsse, und gleich darauf vernahm er hinter sich Schritte. Sein Pulsschlag beschleunigte sich, und er hastete in den Schatten eines rauchgeschwärzten Panzers, der in einem lange Zeit zurückliegenden Gefecht ausgebrannt war. Während er lauschte, zog er seine Pistole. Er musste sein Ziel unbedingt schnell erreichen, bevor man ihn entdeckte.
Wieder sah er auf den Bildschirm seines Palm Pilot. Sein Ziel war nicht mehr weit entfernt. Aber während er sich noch die nächsten hundert Meter seines Weges einzuprägen versuchte, geschah das Undenkbare. Der Bildschirm des Palm Pilot wurde dunkel. Er starrte wie gebannt auf den plötzlich grau gewordenen Monitor und spürte ein beklemmendes Gefühl. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er war. Mit einer halblauten Verwünschung drückte er ein paar Knöpfe, worauf auf dem Palm Pilot die üblichen dort gespeicherten, jetzt nutzlosen Informationen auftauchten – Telefonnummern, Adressen, Termine. Aber von der Drohne kam keine Meldung, die ihm sagte, wie er seinen Weg fortsetzen oder zum Stützpunkt zurückkehren konnte. Die Verbindung war tot.
Verzweifelt versuchte er sich daran zu erinnern, wo die nächste Wegbiegung war. Als er sich sicher war, ging er an einem eingestürzten Gebäude vorbei, bog um die Ecke und lief auf den Trümmerhaufen zu, von dem er hoffte, dass er sein Endziel war. Als er sich auf einigermaßen ebenem Terrain befand, schaute er sich nervös nach dem Höhleneingang um. Er fand ihn nicht. Stattdessen sah er das Mündungsfeuer von vier Maschinenpistolen … und dann nichts mehr.
Fort Belvoir, Virginia
Etwas südlich von Washington D. C. stand das historische Fort Belvoir, heute ein höchst moderner Standort für an die hundert Organisationen, die sich in dem Gebäudekomplex eingemietet hatten – eine Art Who is Who des Verteidigungsministeriums. Zu den geheimsten Mietern gehörte die Hauptempfangsstation für Satelliteninformationen, das National Reconnaissance Office (NRO). Das NRO war 1960 mit dem Ziel ins Leben gerufen worden, Spionagesatelliten zu entwickeln, zu starten und zu betreiben, und wurde so streng geheim gehalten, dass die Regierungsbehörden die Existenz dieses Büros erst in den Neunzigerjahren offiziell bekannt gegeben hatten. Das Jahresbudget des inzwischen äußerst
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