Ludlum Robert - Covert 03
dem lauten Schlagen der Rotorblätter lauschte.
Der große Vogel flog nach Norden in Richtung auf die italienische Küste. Als er außer Reichweite war, änderte die Charles de Gaulle den Kurs und glitt in einem weiten Bogen lautlos durch die Wellen, zurück auf die französische Küste und Toulon zu. Dennoch blickte der Franzose weiter dem italienischen Hubschrauber nach, bis seine Lichter verblasst und der Lärm seiner Rotorblätter verstummt war.
In Wirklichkeit galt sein Interesse allerdings nicht dem Hubschrauber, sondern er grübelte über das Treffen der Generäle nach, das ihm viele neue Erkenntnisse gebracht hatte. Er hatte leise und unauffällig ganz hinten im Raum gesessen, und nichts war ihm entgangen. General La Portes zwingende Argumente für ein europäisches Militär hatten ihm gefallen und auch, dass die meisten anderen Generäle bereits recht ähnlich dachten. Aber die Andeutung des Engländers, dass La Porte über den Zusammenbruch der amerikanischen Energieversorgung mehr als allgemein bekannt war wusste, hatte ihn beunruhigt.
Bonnard ahnte Schlimmes. Er zupfte nachdenklich an seiner Unterlippe, als er an den britischen General Sir Arnold Moore dachte. Die englische Bulldogge war stur, offensichtlich den Amerikanern blind ergeben und ebenso offensichtlich paranoid. Die Ausführungen La Portes hatten seine britische Empfindlichkeit gestört, und er würde in Kürze seinem Premierminister, dem War Office und MI6 von möglichen Komplotten berichten. Es galt, schnell geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Wieder blickte der Hauptmann aufs Meer hinaus, wo die sich entfernenden Hubschrauber jetzt nur noch winzige Lichtpünktchen waren. Jemand würde sich um Sir Arnold Moore kümmern müssen. Er lächelte. Nur noch zwei Tage. Bloß zwei Tage, um alle Aspekte unter Kontrolle zu halten. Gar nicht lange, aber in anderer Hinsicht vielleicht eine Ewigkeit.
15
Toledo
Von Smith ohne das zu wissen durch das vergitterte Fenster beobachtet, legte Émile Chambord zärtlich seine faltige Wange an die Stirn seiner Tochter, schloss die Augen und murmelte etwas, vielleicht ein Gebet. Thérèse klammerte sich an ihn, als ob er von den Toten auferstanden wäre, und in gewisser Weise war er das ja auch. Er küsste ihr Haar und wandte sich dann mit wütendem Blick zu dem untersetzt gebauten Mann um, der den Raum als Erster betreten hatte.
Smith konnte Chambords Stimme deutlich durch das Fensterglas hören, als er ihn anherrschte: »Sie verdammtes Monstrum!«
»Jetzt bin ich wirklich verletzt, Dr. Chambord«, sagte der Mann, ohne dass sich dabei der freundliche Ausdruck seines runden Gesichts veränderte. »Ich dachte, Sie würden sich freuen, dass Ihre Tochter Ihnen Gesellschaft leistet, da Sie ja doch eine Weile bei uns sein werden. Sie kamen mir so einsam vor, dass ich wirklich Sorge hatte, Sie würden von Ihrer Arbeit abgelenkt werden. Und das wäre für uns alle äußerst unangenehm.«
»Verschwinden Sie hier, Mauritania! Sie sollten wenigstens den Anstand haben, mich mit meiner Tochter allein zu lassen!«
Das war es also, was Mauritania bedeutete. Dieser Mann mit dem so harmlos wirkenden rundlichen Gesicht, der immer lächelte, ohne freundlich zu sein, und den irgendeine geheimnisvolle Vision anzutreiben schien.
Mauritania zuckte die Schultern. »Ganz wie Sie wünschen. Ich bin sicher, die Dame ist hungrig. Sie hat heute Abend schon wieder vergessen, etwas zu sich zu nehmen.«
Er sah auf die unberührten Speisen auf dem Holztablett.
»Wir werden alle bald zu Abend essen. Schließlich ist das, was wir hier zu erledigen hatten, ja getan. Sie können beide mit uns essen.« Er verbeugte sich knapp, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich. Smith hörte, wie sie abgesperrt wurde.
Émile sah sich kurz um und blickte ihm wütend nach, dann trat er einen Schritt von Thérèse zurück und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Lass dich anschauen, Tochter. Es geht dir doch gut, oder? Die haben dir doch nicht wehgetan? Sonst …«
Er verstummte, als draußen Schüsse zu hören waren. Ein heftiger Schusswechsel aus Handfeuerwaffen, irgendwo draußen, vorne beim Haus. Jetzt hallten schnelle Schritte im Haus, und Türen flogen auf. In dem vergitterten Zimmer starrten Chambord und Thérèse zuerst zur Tür und sahen dann einander an. Thérèses Gesicht wirkte verängstigt, während Dr. Chambord einen eher besorgten als ängstlichen Eindruck machte. Er blickte finster auf die Tür. Der alte Mann hatte Mumm.
Smith hatte
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