Ludlum Robert - Covert 03
keine Ahnung, was da vor sich ging, aber er musste die Chance nutzen, die sich ihm unverhofft bot. Jetzt, wo er sie beide lebend gefunden hatte, musste er sie hier herausholen. Sie hatten genug durchgemacht, und ohne Émile Chambord würde der DNS-Computer für die Terroristen wohl nutzlos sein. Er wusste nicht, ob die Terroristen Chambord gezwungen hatten, seinen Molekularcomputer für sie zu bedienen oder ob vielleicht ein anderer Experte zur Verfügung stand und sie Chambord bloß entführt hatten, um zu verhindern, dass er sein Gerät ein zweites Mal baute.
Doch darüber konnte er sich später den Kopf zerbrechen, im Augenblick galt es, die Chambords aus den Händen der Terroristen zu befreien. Als er an den Eisenstangen des Fenstergitters zerrte, um festzustellen, ob vielleicht einige davon locker waren, entdeckte ihn Thérèse.
»Jon! Was machen Sie hier?« Sie rannte ans Fenster und versuchte es nach oben zu schieben. Dann drehte sie sich kurz zu ihrem Vater um. »Das ist Dr. Jon Smith, ein Amerikaner. Er ist ein Freund deines neuen Mitarbeiters Dr. Zellerbach.« Schnell wandte sie sich wieder dem Fenster zu, und ihre Augen weiteten sich erschreckt. »Der Rahmen ist festgenagelt, Jon. Ich kann es nicht öffnen.«
In der Ferne knatterten weiterhin Schüsse, und Smith gab seinen Versuch auf, eine der Gitterstangen zu lösen. Sie waren alle fest in einem Eisenrahmen montiert. »Ich werde Ihnen alles später erklären, Thérèse. Wo ist der DNS-Computer?«
»Das weiß ich nicht!«
»Hier ist er nicht«, knurrte Chambord. »Was wollen Sie …«
Doch jetzt war für Reden keine Zeit. »Treten Sie zur Seite!« Smith hob seine Sig Sauer. »Ich muss versuchen, den Rahmen zu zerschießen.«
Thérèse starrte die Waffe an. Dann wanderte ihr Blick zu Jons Gesicht und wieder zu der Waffe zurück. Sie nickte und trat zur Seite.
Doch ehe Jon feuern konnte, wurde die Tür zu dem Zimmer aufgerissen, und der untersetzte Mann, von dem Smith jetzt wusste, dass er Mauritania hieß, stand da. »Was soll das Geschrei?« Seine Augen weiteten sich, als er zum Fenster hinaussah und sein Blick auf Smith fiel. Die beiden Männer sahen einander in die Augen. Mauritania zog eine Pistole, ließ sich auf den Bauch fallen, feuerte und brüllte: »Abu Auda! Kommen Sie her!«
Smith konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken. Die Kugel zerschmetterte das Glas. Gerne hätte er das Feuer erwidert, aber wenn er blindlings in das Zimmer schoss, könnte er Chambord oder seine Tochter treffen. So biss er die Zähne zusammen und wartete, bis eine weitere Kugel durchs Fenster pfiff, richtete sich dann schnell auf und spähte mit schussbereiter Waffe in das Zimmer.
Doch es war leer, die Tür stand offen und gab den Blick auf den ebenfalls leeren Flur frei. Émile und Thérèse Chambord waren nicht mehr zu sehen. Sie waren ebenso schnell verschwunden, wie er sie gefunden hatte.
Smith rannte zu dem dritten Fenster. Vielleicht hatte man sie in dieses Zimmer gebracht …, aber in dem Augenblick, als er das Fenster erreichte und sah, dass sich dahinter so etwas wie ein Büro befand, tauchte an der Ecke des Farmgebäudes der große Fulani in dem langen weißen Gewand auf, der vorher Patrouille gegangen war. Er hielt die Waffe schussbereit in der Hand, und hinter ihm kamen drei weitere Bewaffnete in weißen Umhängen.
Smith ließ sich sofort fallen, als ihre Kugeln den Boden aufrissen, und erwiderte das Feuer, dankbar für die dichter werdende Wolkendecke, die den Mond verdeckte. Seine Kugel traf einen der Männer in den Bauch. Der Mann klappte zusammen und ging zu Boden, und die Aufmerksamkeit der drei anderen wandte sich auf ein paar Sekunden ihrem verwundeten Kameraden zu. Das war Smith’ Chance, aufzuspringen und loszurennen.
Schüsse peitschten hinter ihm, und Kugeln pfiffen an ihm vorbei, fetzten Blätter und Äste von den Sträuchern. Er rannte im Zickzack davon, rannte schneller, als er jemals in seinem Leben gerannt war. Die Kunst eines Schützen bestand aus mehr als der Fähigkeit, genau zu schießen und das Ziel zu treffen. Psychologie gehörte dazu, schnelle Reflexe und Erfahrung, um vorhersagen zu können, was das Ziel als Nächstes tun würde. Und die beste Verteidigung war ein unregelmäßiger Zickzacklauf. Smith’ müde Muskeln beklagten sich, aber er sah, dass das kleine Wäldchen nicht mehr weit entfernt war.
In einem letzten verzweifelten Spurt warf er sich zwischen die Büsche. Der faulige Geruch von verrottenden Blättern und weicher Erde
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