Ludlum Robert - Covert 03
stieg ihm in die Nase. Wieder ließ er sich abrollen, wirbelte herum, ohne sich aus seiner geduckten Haltung aufzurichten, und richtete seine Sig Sauer auf die Verfolger. Er gab eine schnelle Folge von Schüssen ab, einen wahren Kugelhagel, ohne sich groß darum zu kümmern, ob sie trafen. Der Feuerstoß reichte aus, um den Anführer der Verfolger und die anderen Deckung suchen zu lassen: Möglicherweise hatte er sogar zwei von ihnen getroffen. Aber sie waren ja schließlich auch in gerader Linie hinter ihm hergerannt, hatten ein perfektes Ziel geboten.
Smith hastete durch das Wäldchen, schlug einen Bogen auf die Vorderseite des Hauses zu, wo die Schießerei angefangen hatte. Er lauschte. Es wurde immer noch geschossen, manchmal sporadisch, manchmal intensiver. Hinter ihm zwischen den Bäumen war keine Spur der Verfolger zu erkennen.
Und dann sah er es: Vor dem Gehöft war die Hölle los. Gestalten lagen auf dem Boden, die Waffen auf das kleine Wäldchen gerichtet, wenigstens zwanzig waren das. Und jetzt sah er, wie von der anderen Seite der dicken Eiche Mündungsfeuer aufblitzte, und jemand im Hof schrie vor Schmerzen auf.
In seinem weißen Burnus kam der Anführer der Terroristen über die freie Fläche gerannt. Er kauerte neben dem Pferch nieder und schrie in lautem Arabisch Befehle zum Haus hinüber. Augenblicke später ging im ganzen Gebäude das Licht aus, und die Fenster wurden plötzlich zu kohlschwarzen Löchern. Ein an der linken Ecke unter dem Dach montierter Scheinwerfer flammte auf, tauchte den Hof in helles Licht und rotierte mechanisch, irgendwie ferngesteuert, bis der Scheinwerferstrahl sich schließlich auf die Lichtung und dort auf die Eiche konzentrierte.
Jetzt befanden sich seine Männer nicht mehr vor einem hellen Hintergrund, und ihr Anführer bedeutete ihnen, dass sie angreifen sollten.
Massiertes Feuer aus Automatikwaffen peitschte aus dem Wäldchen. Zwei Angreifer gingen fluchend zu Boden, einer hielt sich den Arm, der andere die Schulter. Die Übrigen ließen sich wieder hinfallen und stützten sich auf die Ellbogen, um das Feuer zu erwidern. Nur der Anführer der Beduinen blieb wie eine Zielscheibe deutlich sichtbar knien, feuerte aus seinem alten britischen Sturmgewehr und verfluchte die anderen in lautem Arabisch. Smith spürte, dass der Mann sich voll und ganz auf die in gnadenloses Licht getauchte Eiche konzentrierte, und riskierte es deshalb, sich etwas näher heranzuarbeiten, um zu sehen, wer da hinter dem Baumstamm kauerte.
Er schob mit den Armen ein paar Büsche auseinander und spähte durch die entstandene Lücke auf eine einzelne Gestalt, die hinter dem Baum kniete und gerade einen neuen Ladestreifen in eine Heckler-&.-Koch-MP5K-Maschinenpistole schob. Der Scheinwerferstrahl beleuchtete den Baum vorne und an den Seiten, aber die hintere Hälfte blieb dunkel. Trotzdem konnte er genug erkennen, um den dritten Schock jener Nacht zu erleiden: Es war die unattraktive dunkelhaarige Frau, die er gestern vor dem Pasteur-Institut entdeckt hatte, dieselbe Frau, die später an seinem Tisch in dem Café vorübergegangen war, aber kein Interesse an ihm gezeigt hatte.
Sie trug jetzt nicht mehr die abgetragenen, schlecht sitzenden Kleider und schlichten Schuhe wie in Paris, sondern einen schwarzen Overall, eine schwarze, über den Ohren hochgerollte Wollmütze und eng anliegende schwarze Stiefel. In diesem Outfit wirkte sie bei weitem nicht mehr so formlos, und die Kleidung passte auch wesentlich besser zu ihrer augenblicklichen Aktivität. Smith sah, dass sie sich so ruhig und selbstverständlich bewegte, als befände sie sich auf einem Schießplatz; immer wieder gab sie kurze Feuerstöße ab und bewegte dabei ihre MP5K im Halbkreis vor sich. Das war eine Präzision und zugleich eine Art von kontrollierter Sorglosigkeit, als könne sie sich voll und ganz auf ihre geschulten Instinkte verlassen. Als sie den letzten Feuerstoß nach links abgab, war wieder ein Schmerzensschrei zu hören, und sie sprang auf und rannte zurück, tiefer in das Wäldchen hinein.
Smith folgte ihr schnell und geduckt, nicht nur weil ihm klar geworden war, dass sie beide auf derselben Seite kämpften, sondern auch weil sie ihm plötzlich irgendwie vertraut vorkam, und zwar aus Gründen, die wenig mit den Ereignissen des heutigen oder gestrigen Tages zu tun hatten. Ihre ruhige, selbstbewusste Art, ihre Geschicklichkeit, ihre Figur und ihre intuitive Risikobereitschaft im Verein mit der fast roboterhaften Präzision –
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