Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)
üben.«
»Das ist gar nicht absurd«, sagte Georgie. »Wenn wir wüssten, ob der beim Militär war, kämen wir der Sache schon näher.«
»Aber er hat alles getan für mich und für meine Habilitation.« Stachelmann erinnerte sich, wie Bohming seinen Vertrag verlängert hatte, obwohl in der Fakultät Missmut laut geworden war, weil Stachelmann nicht zu Potte kam mit seiner Habilschrift. Bohming hatte ihn betreut und mit dafür gesorgt, dass er die Prüfung mit der Bestnote bestand. Er hatte besonders die schriftliche Arbeit gelobt, so sehr, dass es Stachelmann peinlich war. Und dieser Bohming sollte nun gemordet haben, damit seine Arbeit nicht erschien? »Das ist alles Quatsch. Wir sind auf dem Holzweg. Der Bohming hat vielleicht eine Affäre oder treibt irgendeinen Schmuddelkram. Aber das geht uns nichts an.«
Der Kellner kam, sie bestellten zwei Tassen Kaffee.
»Es kann doch kein Zufall sein, dass Bohming genau in dem Augenblick in diesem Internetcafé erscheint, in dem die Mail geschrieben und verschickt worden ist. Hast du sonst noch jemanden gesehen, der in Betracht käme?« Georgie war sauer. Offenbar wollte er, dass Bohming der Mörder war.
»Was hast du gegen Bohming?«, fragte Stachelmann.
»Ein aufgeblasener Schwätzer. Du solltest dich mal mit seiner Publikationsliste beschäftigen. Der macht sich ein paar geruhsame Jahre auf Steuerzahlers Kosten.«
»Ich weiß, jeder am Seminar weiß das, doch macht ihn das zum Mörder? Außerdem, wenn wir ihn fragen, was wird er wohl antworten?«
»Hm, und wenn wir zur Polizei gehen?«
»Na, die wird sich gleich an unsere Kraft-Aktion erinnern ...«
Der Kellner brachte den Kaffee. Georgie nahm Zucker und rührte.
»Wir müssen uns diesen Film noch einmal genau anschauen. Wenn es Bohming nicht war, dann ein anderer. Außerdem brauchen wir die Uhrzeit des PCs, an dem Bohming saß.«
Georgie starrte ihn an, dann schüttelte er den Kopf. »Du spinnst.« Er nahm sein Handy und wählte eine Nummer aus dem Adressbuch. »Lemmi, auf welche Uhrzeit ist der zweite PC an der Wand, von der Tür aus gesehen, eingestellt? ... Ja, ich verstehe, dass du sauer bist, die Bullen hat keiner gern an der Backe ... Nein, wir können nichts dafür, wirklich nicht ... Komm, tu mir den Gefallen, schau nach, es ist wichtig.« Er wartete, hörte zu und nickte. »Du bist ganz sicher? ... Nein, ich bin nicht bekloppt ... Ja, ich warte.« Er hob die Augenbrauen und wartete. Stachelmann trank von seinem Kaffee. »So, der ist wirklich nicht mit einem Time Server im Internet verbunden. Ja? Du bist sicher? ... Danke, du hast was gut bei mir.«
»Und was heißt das nun?«, fragte Stachelmann.
»Das heißt, das Ding geht zweieinhalb Minuten nach. Die Uhrzeit des Kamera-PCs hängt zwar auch nicht an einem Server, stimmt aber fast genau überein mit der Uhrzeit des Bohming-Computers, der Kamera-PC geht nur eine gute halbe Minute vor. Das bedeutet, dass wir gar nicht groß rechnen müssen. Womit klar wäre, dass einer der Leute, die zum fraglichen Zeitpunkt im Internetcafé waren, die Mail an Brigitte versandt hat, minus zwei Minuten, Pi mal Daumen. Wir haben den Mörder auf dem Film, im besagten Zeitraum, sagen wir zwischen 9 Uhr 29 bis 9 Uhr 35. Vielleicht geben wir jeweils noch eine Minute dazu, weil das die heutige Zeitdifferenz ist und nicht die vom 10. Mai. Es kann sich ja ein bisschen was geändert haben seitdem. Das bedeutet, wir haben den Mörder auf dem Film, wissen aber nicht, wer es ist. Bohming soll es ja nicht sein.«
Stachelmann bezahlte für beide. Sie gingen zum Philosophenturm und stiegen in den Aufzug. Als er hielt und die Türen sich öffneten, erschraken sie. Sie standen direkt vor Bohming. Auch der stutzte.
»Ich dachte, du bist zu Hause«, sagte Bohming endlich.
»Ich halte es da nicht aus«, sagte Stachelmann. Er stellte das Bein zwischen die Türen, um den Lichtkontakt zu unterbrechen und die Türen zu blockieren.
Bohming musterte erst Georgie und ließ dann seinen Blick ein paar Mal zwischen beiden hin- und herwandern.
»Aber wie soll die Polizei auf dich aufpassen, wenn du nicht zu Hause bleibst?«
»Das bringt sowieso nichts«, sagte Stachelmann. »Gegen einen Feigling, der mich aus der Ferne abknallt.« Er beobachtete Bohming genau, während er es langsam und überdeutlich sagte.
Bohming verzog keine Miene. Aber huschte da nicht Blässe über sein Gesicht? Oder bildete Stachelmann sich das ein?
»Na, dann will ich dich nicht weiter aufhalten. Du musst selbst
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