Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)
wissen, was gut ist für dich. Aber du fährst doch heute Abend nach Hause?«
Warum wollte er es wissen? Wollte er Stachelmann unterwegs erledigen? Sah er seine Chance, weil Stachelmann nicht zu Hause hockte? »Ja, ich fahre heute Abend nach Hause«, sagte er. Das hatte er in diesem Augenblick entschieden. Mal sehen, was dann passiert. Ob du mir auflauerst. Ob du es bist, der diesen Irrsinn in Gang gesetzt hat. Vielleicht klärt sich alles heute Abend. Er spürte, wie die Anspannung wuchs.
»Pass auf dich auf!«, sagte Bohming. In seiner Stimme schwang Besorgnis mit.
»Natürlich.«
Stachelmann und Georgie verließen den Aufzug, Bohming stieg ein. Ob er nach Hause fährt und das Gewehr holt? Aber er muss mich ja nicht mit dem Gewehr umbringen, da gibt es andere Möglichkeiten. Nur muss er bei den meisten dicht an mich heran. Und das traut er sich nicht. Wenn er es denn ist.
Stachelmann hob die Hand zum Abschied, die Türen schoben sich zu.
»Puuh«, sagte Georgie. »Plötzlich taucht er auf, der Teufel.«
»Mal nicht so schnell, ich glaube nicht daran. Der erschießt niemanden.«
»Dann lässt er erschießen, ein Killer«, sagte Georgie, als sie in Stachelmanns Zimmer standen und die Tür hinter sich geschlossen hatten.
Stachelmann wurde übel. Er sah Brigittes Leiche vor sich, obwohl der Schreibtischstuhl fehlte. Stattdessen stand der Besucherstuhl hinter dem Schreibtisch. Stachelmann wollte nicht in diesem Zimmer sein. Das hätte er vorher wissen können, aber Bohming und Georgie hatten ihn abgelenkt. Du musst das jetzt durchstehen.
Stachelmann hob den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer. Er wartete, ließ sich verbinden. »Tag, Herr Taut.«
»Tag, Sie schon wieder?«
»Haben Sie Professor Bohming nach seinem Alibi gefragt?«
»Sie halten uns für die schlechtesten Bullen aller Zeiten, stimmt's?«
»Niemals«, sagte Stachelmann und grinste. Dann dachte er an Brigitte, und das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht.
»Natürlich hat er eins«, sagte Taut. »Aber mehr darf ich Ihnen nicht verraten.«
»Danke für die Auskunft. Er hat wirklich für alle in Frage kommenden Taten ein Alibi?«
»Ein wasserdichtes ... ach ja, wir haben Ihr Büro freigegeben. Allerdings brauchen wir Ihren Stuhl noch. Ich glaube, die Univerwaltung hat das Zimmer reinigen lassen. Sie sollten dort nichts mehr vorfinden.«
Stachelmann dankte und verabschiedete sich. Nichts mehr vorfinden, hatte Taut gesagt. So ein Unsinn. Er würde immer diese Bilder sehen, wenn er in seinem Zimmer war. Ich muss hier weg.
Georgie hatte sich zwischenzeitlich mit Stachelmanns PC beschäftigt. »Ein bisschen Systemwartung täte ihm nicht schlecht.« Er hatte die DVD eingelegt, und sie betrachteten noch einmal den Film. Diesmal achtete Stachelmann mehr auf das Umfeld. »Es sitzen zum fraglichen Zeitpunkt außer Bohming neun Leute an PCs, zwei warten am Tresen. Es ist ein stetes Kommen und Gehen. Jetzt steht wieder einer am Tresen, elf sitzen an PCs. Kennst du einen von denen?«
Georgie schüttelte bedächtig den Kopf.
Stachelmann zeigte auf den Bildschirm. »Und wer ist sein Spezi? Schon mal gesehen?«
»Auch wenn du mich hundertmal fragst, ich kenn den Kerl nicht. Bohming hat zufällig einen getroffen, den er irgendwoher kennt, na und?«
»Aber der Typ kann die Mail auch geschrieben haben.«
»Also ein Auftragskiller«, sagte Georgie.
»Würde ein Killer sein Opfer so verstümmeln und vier Mal an mir vorbeischießen?«
»Wenn er vorbeischießen soll, warum nicht?«
»Und was für einen Sinn soll das haben?« Stachelmann schüttelte den Kopf. »Lass uns mal ein Bild von diesem Spezi ausdrucken.«
Georgie zuckte die Achseln. »Kein Problem, nur erkennen wird den niemand auf dem Bild. Schon gar nicht, wenn wir das mit deinem Laserprinter ausdrucken. Der hat doch schon auf dem Film ein völlig verschwommenes Gesicht.«
»Aber wenn Bohming es nicht gewesen sein kann wegen seines Alibis, dann vielleicht der Spezi. Der sitzt jedenfalls zum passenden Zeitpunkt an einem PC mit dem passenden Absender. Und man könnte Bohming fragen, wer es ist.«
»Wir sollten das besser nicht tun, immerhin haben wir den Film geklaut. Das überlassen wir den Bullen«, sagte Georgie. »Wir müssen denen nur den Film zuspielen, und du musst deinem Kriminalrat diese Idee stecken, weil es sonst zu lang dauern würde, bis die darauf kämen. In Sachen Internet leben die Bullen immer noch im Mittelalter.«
»Übertreib nicht.« Aber Georgie hatte recht. Sie
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