Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)
ein Stück durch die Tür nach draußen, bei der anderen ahnte man, wo die Tür lag. Immerhin konnte niemand ungesehen kommen oder gehen.
»Ja, und? Wenn einer reinkommt, den wir kennen, was hilft das?«
»Wahrscheinlich nichts. Aber hast du eine bessere Idee?«, fragte Stachelmann. »Lass mal ein Stück zurücklaufen, vielleicht eine gute Stunde.«
Georgie schnaufte, ließ den Film aber zurücklaufen.
»Und wenn der Typ Datum und Uhrzeit der Mail gefälscht hat? Ich könnte das bei meinem PC, obwohl ich kein Freak bin. Uhr und Datum umstellen, Absenderangabe löschen oder fälschen.«
»Du bist ja ein richtiger Krimineller«, sagte Georgie grinsend, während er weiter auf den Bildschirm starrte. »Hier geht das nicht, die Leute haben nur eingeschränkte Benutzerrechte, können Datum und Uhrzeit nicht verstellen, schon gar nicht die Absenderzeile ändern. Allerdings, einem Profiwürde das auch hier gelingen, wenn ihm das Personal nicht über die Schulter schaut. Hoffen wir also, dass unser Kandidat kein Profi ist. Du wolltest den Scheiß sehen, also guck hin.«
Stachelmann konzentrierte sich auf den Bildschirm. Man brauchte einige Phantasie, um die Leute zu erkennen. Ein paar Mal bat er Georgie, zurücklaufen zu lassen, weil er glaubte, jemanden erkannt zu haben. Aber es war nichts.
»Die Polizei war wohl noch nicht hier«, sagte Stachelmann. Er hatte überlegt, Lemmi zu fragen, dann aber darauf verzichtet, um ihm keine Angst zu machen.
»Nee, das hätte Lemmi bestimmt erwähnt. Ich würde ihn nicht fragen. Der Kerl ist ein Nervenbündel.«
»Und was hast du ihm eingetrichtert, damit er die DVDs herausrückt?«
»Betriebsgeheimnis«, sagte Georgie und grinste dreckig.
Stachelmann musste lachen. Grautongestalten bewegten sich über den Bildschirm wie Außerirdische. Wie soll man da jemanden erkennen? Trotzdem blickte er auf den Bildschirm, auch wenn der Zweifel wuchs, ob das eine gute Idee war, sich diese Filme anzuschauen. Außerdem, vermutlich kannten sie den Mörder nicht, dann war das alles umsonst. Aber wenn die Zeitangaben halbwegs übereinstimmten, musste der Mörder einer von den Benutzern sein, die der Film zu der Zeit zeigte, als die Mail abgeschickt worden war. Und zwar musste er an einem Computer sitzen.
»Kann man die Zeitdifferenzen nicht herausrechnen?«, fragte Stachelmann. »Also schauen, wie weit die Uhren der Webkameras abweichen von der Uhrzeit des Computers, an dem die Mail verschickt wurde?«
»Hm«, sagte Georgie. »Erstens sind das nicht die Uhrzeiten der Webkameras, sondern des Computers, der beide Kameras steuert. Das bedeutet, dass die Uhrzeiten der beiden Kameras immerhin übereinstimmen. Aber um die Zeitdifferenz herauszurechnen, brauchten wir den PC, an dem der Fritze die Mail abgeschickt hat. Ich geh jetzt mal Lemmi fragen, ob die PCs ihre Uhrzeit von einem Zeitserver aus dem Internet bekommen, was bedeuten würde, dass sie fast auf die Sekunde genau ticken. Aber so viel Glück ist uns bestimmt nicht vergönnt.«
Georgie verließ das Kabuff, und Stachelmann starrte weiter auf den Bildschirm. Georgie kehrte zurück und verzog das Gesicht. »Die Schlamper haben sich nicht die Mühe gemacht. Wozu denn?, hat Lemmi gefragt.«
»Wenn wir wüssten, an welchem Computer der Kerl gesessen hat ...«
»Also, da beißt sich die Katze in den Schwanz«, sagte Georgie. »Wir kriegen vielleicht raus, wo er saß, wenn wir uns auf die Zeitgleichheit verließen. Aber auf die können wir uns nicht verlassen.«
»Nein, wir checken die Zeiten an den Computern, an denen in einem Zeitraum von fünf Minuten vor und fünf Minuten nach der Kamerazeit Leute saßen. Dann kennen wir die Unterschiede und können Computer für Computer errechnen, welcher es gewesen sein könnte.«
»Das ist mir zu hoch«, sagte Georgie.
»Mir auch«, sagte Stachelmann.
Georgie lachte.
»Wir gucken, und wenn wir jemanden entdecken, für den wir uns interessieren, können wir ja mal schauen, wie wir das mit den Zeiten hinkriegen«, sagte Stachelmann.
Eine Weile betrachteten sie schweigend die Figuren, die vor den PCs saßen oder in den Raum kamen, sich in ihm bewegten, am Tresen anstanden, wo Lemmi sie bediente, oder den Raum verließen. Stachelmann wurde unruhig. Gleich musste der Typ zu sehen sein, der die Mail geschrieben hatte, die Brigitte in die Falle lockte. Er schaute zum Tresen, da standen fünf Leute. Verdammt, warum so viele? Er stierte sie an, einen nach dem anderen. Da, dieser eine, der kam ihm bekannt
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