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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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lasen Zeitung, und so was sprach sich herum. Er blickte ihren Freund an, der lächelte ihm zu. Sieh, diese Menschen möchten dir nichts Böses tun, obwohl du dich mies verhältst.
    Lustlos aß er noch ein paar Bissen, dann schob er den Teller weg, trank den Wein hastig aus, bezahlte und ging. Er fühlte, dass das Pärchen ihm zum Abschied winkte, aber er wollte es nicht sehen. Ihn zog es hinaus, um sich zu beweisen, und nach Hause, weil er schlafen und morgen früh gleich nach Hamburg fahren wollte, um mit Bohming zu reden. Auch wenn der nichts wusste, Stachelmann musste am Anfang beginnen.
    Außerdem wollte er Taut veranlassen, Brigitte zu suchen, nun offiziell. Gleichzeitig würde er Georgie zur Polizei schicken, damit der eine Vermisstenanzeige aufgab. Bestimmt würden sie es so erreichen, dass die Polizei etwas tat.
    Während er die Untertrave in Richtung Holstenstraße entlangging, dachte er an Brigitte und welch eigentümliche Anziehungskraft sie auf ihn ausübte. Wenn er das jemandem erzählen würde, dann würde der sagen: Haha, ich weiß, was das ist, und du weißt es auch, aber du gibst es nicht zu. Nein, so war es nicht, und er konnte es keinem erzählen. Höchstens Anne. Die verstand ihn besser als alle anderen. Warum dachte er gerade jetzt an Brigitte, während er am Holstenhafen vorbeiging und sich mühte, nicht schnell zu laufen? Nein, wenn er dich erschießen will, dann schafft er das sowieso, solange du dich nicht verkriechst. Er querte die Holstenstraße und stand bald vor der Haustür. Mit Absicht ließ er sich Zeit, den Schlüsselbund aus der Manteltasche zu holen. Na, schieß doch, wenn du dich traust. Als er die Treppen hochgegangen war und am Schreibtisch saß, um die Diskussionsgruppe aufzurufen, war er nass und seine Hände zitterten.
    Es gab keine Antwort im Forum. Feiglinge, dachte er, ich stelle mich, ihr verkriecht euch.
    Vielleicht gab es keine Antwort, weil Brigitte verschwunden war. Diese Idee drängte sich ihm auf. Womöglich hatte sie dahintergesteckt und es ihm beichten wollen, aber dann hatte sie Angst bekommen vor dem eigenen Mut und war abgetaucht. Es war ja so leicht, zu verschwinden. Irgendwie beneidete er sie. Er wäre auch gern weg.

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    8
    Als Erstes wählte er Bohmings Nummer. Aber der war noch nicht da. Stachelmann wusste, Bohming hatte am frühen Nachmittag seine Vorlesung über die Weimarer Nationalversammlung, die er schon im siebten oder achten Jahr hielt und von der Anne sagte, der Ordinarius habe sie zusammengeschnippelt aus dem, was bessere Historiker herausgefunden hätten. Die geistige Eigenleistung tendiere gegen null. Vielleicht war Bohming glücklich, dass er es so weit gebracht hatte. Er war unanfechtbar, durfte seine Vorlesung bis ans Ende aller Tage halten, und niemand würde ihn je zu fragen wagen, was er denn im Forschungssemester geforscht habe. Es ging das Gerücht um, der Professor beschäftige sich in dieser eigentlich der Wissenschaft zu widmenden Zeit am liebsten mit dem Rumpf seiner Neun-Meter-Yacht, die in Blankenese im Hafen liege. Aber das sei in Ordnung, weil Bohming bereits alles wisse, was ein Historiker wissen könne, und jede weitere Wissensaufnahme nur gesicherte Erkenntnisse löschen würde. Allein mit Hilfe der Meditation durch die Bootsrumpfpflege sei es einer Koryphäe wie ihm möglich, das geistige Gleichgewicht zu erhalten, ohne das ein Genie wie er sofort auf das Niveau eines angelernten Dozenten vom Kaliber, sagen wir mal, eines Stachelmann herabstürzte. Das jedenfalls verbreiteten mit wissendem Lächeln die »Männer«, unter welchem Oberbegriff man die beiden unzertrennlichen wissenschaftlichen Assistenten Lehmann und Ostermann aus praktischen Gründen subsumierte.
    Der Ausflug ins Absurde seiner Umgebung amüsierte ihn, er lächelte und fühlte sich einige Augenblicke leichter. Aber die Schwere kehrte gleich zurück. Er rief das Diskussionsforum auf, wieder keine neuen Einträge. Ob Brigitte den thread allein bestritten hatte? Man konnte sich ja verschiedene Decknamen zulegen und dann mit sich selbst diskutieren.
    Er begann in seiner Habilschrift zu lesen in der Hoffnung, etwas zu finden, das ihm half. Aber die Zeilen verschwammen vor seinen Augen.
    Er rief Taut an.
    »Ja, Herr Dr. Stachelmann.« Der Polizist klang ungeduldig.
    Er berichtete von seiner Suche nach Brigitte Stern und unterrichtete den Leiter der Mordkommission, dass Georgie eine Vermisstenanzeige erstatten würde.
    »Gut«, sagte Taut.
    »Sie müssen sie

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