Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)
Gefühl zu verdrängen, das ihn erstaunte. Er mochte sie, je besser er sie kennen lernte. Auch wenn es auf diesem seltsamen Weg war.
Er kramte eine Weile weiter. Immer stärker drängte sich ihm das Gefühl auf, er sei auf dem Holzweg. Alles, was ich bisher getan habe, um diesen Fall aufzuklären, ist dilettantisch. Ich stochere herum, ich habe keinen Plan, verschwende meine Zeit. Dann muss es eben eine Weile unter Polizeischutz gehen, und Brigitte sollen die suchen, die dafür bezahlt werden und es auch besser können. Was getan werden konnte, hatte er getan. Eher mehr.
»Es bringt nichts«, sagte Stachelmann.
Georgie lehnte sich zurück und legte die Hände ums Genick. »Ich finde hier auch nichts. Die Leute, die was wissen könnten, habe ich angerufen oder wir haben sie besucht. Vielleicht lügt irgendeiner von denen, vielleicht nicht. Vielleicht hat Gitte einem gesagt, he, ich gehe jetzt hierhin oder dorthin, ich brauche meine Ruhe, mich nervt hier alles, will nachdenken, also verpfeif mich nicht. Und wir Idioten krempeln den ganzen Laden um.« Er zeigte auf den Schreibtisch. »Nichts, was weiterhilft. Gar nichts.« Er setzte sich aufs Bett. »Und dieser Kraft, das ist ein Spinner, aber der hat sie bestimmt nicht in seiner Badewanne in Salzsäure aufgelöst.«
In Stachelmanns Kopf spukte ein Gedanke herum, eine Weile schon, aber erst jetzt konnte er ihn greifen. Was hatte Frankie gesagt? Brigitte habe seine Arbeit im Kopierraum gefunden. Wer hat die da noch finden können? Wer hatte Motive, sich über die Arbeit zu erregen? Wer bedrohte den Schmid Verlag?
»Hat sie mal was gesagt, wer hinter der Bedrohung des Schmid Verlags stecken könnte?«
Georgie schüttelte den Kopf.
Stachelmann dachte, er müsse zurück zum Anfang dieser Sache. Schließlich war er Historiker.
»Und in der Gruppe wurde nicht darüber gesprochen?«
»Worüber?«
»Na, über die Erpressung.«
Georgie schüttelte den Kopf und starrte Stachelmann an, als wäre der geisteskrank.
»Ruf doch mal dieses Internetforum auf.«
Georgie starrte ihn wieder an, dann wandte er sich dem PC zu, nach wenigen Sekunden war der thread auf dem Bildschirm. Es waren keine neuen Beiträge verzeichnet.
»Kann ich da auch einen Beitrag posten?«
»Klar«, sagte Georgie.
»Machst du das für mich?«
Georgie zögerte eine Weile, dann sagte er: »Hm. Schieß los.«
Stachelmann diktierte: »Ich bin der Historiker, gegen den die Kampagne läuft. Und einer hat auf mich geschossen. Vielleicht findet sich angesichts dessen jemand, der versteht, warum ich folgende Fragen beantwortet haben möchte, und vielleicht weiß dieser oder jener etwas, das zur Aufklärung beitragen könnte: Erstens, wer hat geschossen? Zweitens, weiß jemand, wer meine Habilitationsschrift in Umlauf gebracht hat? Drittens, wer hat genau was an dieser Arbeit auszusetzen? Bitte Kritik mit Zitat oder Verweis auf Textstellen. Viertens, wer weiß, wer den Schmid Verlag erpresst?« Er überlegte einen Augenblick, ob er Schmid gefährden würde, wischte den Gedanken aber gleich wieder weg. Der war selbst schuld, wenn er jetzt Ärger bekam. Und wo stand, dass Stachelmann die Vertragsauflösung verschweigen sollte? In dem Auflösungsvertrag nicht. Außerdem hatte Stachelmann den Vertrag bisher nicht unterschrieben, und er zweifelte, ob er es tun würde. »Und das bitte mit Klarnamen unterschreiben. Meine Mail-Adresse kannst du auch angeben.« Er nannte sie. Georgie tippte, dann schaute er Stachelmann an. »Du bist dir sicher?«
»Ja.« Natürlich war er sich nicht sicher. Es konnte den Ehrgeiz des Schützen verstärken, ihn umzubringen.
Georgie drückte die Maustaste. »Jetzt ist es passiert.«
Stachelmann stand auf. »Ich glaube, ich habe alles falsch gemacht.« Er ging ein paar Schritte umher. Georgies Augen folgten ihm.
»Tschüs, bis später.« Stachelmann trat in die Diele, zog seinen Mantel an und verließ die Wohnung. Es war ihm egal, dass Georgie nun wahrscheinlich gar nichts mehr verstand. Georgie sagte ihm auch nicht alles, warum sollte er alles erzählen?
Du musst von vorn anfangen, ganz von vorn. Und dann eines nach dem anderen. Arbeiten wie ein Historiker. Wozu hast du es gelernt, wenn du es dann nicht anwendest? Du hast nach dem ersten Zipfel gegriffen, der dir hingehalten wurde. Das hat nicht viel gebracht. Morgen würde er mit Bohming sprechen. Dann mit Schmid. Er würde den Auflösungsvertrag nicht unterschreiben, wenn Schmid nicht alles erzählte. Und dann vielleicht auch
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