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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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Sodbrennen. Was bringt Unglück?«
    »Feiern«, erwiderte Lula. »Jede Art von feiern.«
    Mister Stanley sagte: »Lula, wenn Sie Ihre Einbürgerung beantragen und zu der Befragung gehen, tun Sie mir einen Gefallen. Sagen Sie nicht, dass es Unglück bringt, in ein teures Restaurant in Manhattan zu gehen und das Glas auf eine positive Veränderung Ihres Einwandererstatus zu erheben. Und die Rechnung jemand anderem zu überlassen. Das ist zutiefst unamerikanisch.«
    »Tut mir leid. Ich weiß. Ich bin ja dankbar. Ich kann nur nicht fassen, dass Sie und Mr. Settebello das tun würden. Ich meine, zusätzlich zu …«
    »Bitte«, sagte Mister Stanley. »Wir freuen uns für Sie. Ja, und wie wäre es mit einem kleinen Bonus, falls Sie sich etwas kaufen wollen, um es bei diesem Essen zu tragen? Nur wenn Sie das wollen … nur wenn … Ich würde nie …«
    »Vielen Dank«, sagte Lula. »Das ist sehr nett von Ihnen. Ich werde diese Woche in die Stadt fahren.«
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte Mister Stanley. »Passen Sie auf.«
    Hatte Mister Stanley einen Geheimtipp von Don bekommen? Gab es eine Art Verbrechenswelle? War die Alarmstufe zu Ehren von Halloween auf Rot angehoben worden? Lula und Zeke hatten gesehen, wie die Alarmstufe für Terrorangriffe vor allen Feiertagen erhöht wurde, als ob Selbstmordattentäter glaubten, sich am Presidents Day in die Luft zu sprengen, würde sie auf die Überholspur zu den Gärten der Märtyrer bringen. Lula erzählte Zeke oft, wie sehr es Regierungen gefiel, die Leute in Angst und Schrecken zu halten, wie Enver Hoxha all diese Bunker gebaut hatte, damit sich die Menschen verteidigen konnten gegen einen Angriff von … wem eigentlich? Den Griechen? Den Serben? Den Vereinigten Staaten? Das wurde einem nie gesagt. Darauf kam es nicht an. Das Einzige, worauf es ankam, war Furcht. Die Bunker hatten sich als unzerstörbar erwiesen, genau wie der Diktator versprochen hatte, was bedeutete, dass immer noch siebzigtausend Kuhfladen aus Beton entlang der Straßen und in den Vorgärten der Einwohner verstreut waren.
    Lula war am 11. September in Tirana gewesen und hatte alles auf einem unscharfen Fernseher gesehen, wobei ihr die Tränen über die Wangen liefen. Dunia und sie hatten wieder geweint, als sie auf dem Podest über Ground Zero standen. Dunia hatte behauptet, daheim wäre so ein Loch mitten in der Stadt schon längst zum Picknickplatz geworden. Picknickplatz, Giftmüllhalde. Shit happens , hatte Dunia gesagt. Lula und Dunia hatten darin gewetteifert, amerikanischen Slang aufzuschnappen.
    An der Gedenkstätte hatte Dunia versucht, einen gut aussehenden Polizisten anzubaggern. Doch mit dem Spaß war es schnell vorbei gewesen, als er ihnen erklärte, seine Schicht früher zu beenden, würde die Erinnerung an die Toten entehren. Als Lula Mister Stanley gefragt hatte, wo er an 9/11 war, hatte er geantwortet: »Tja, wie Sie wissen, arbeite ich dort in der Nähe. Zuerst hat man viel darüber geredet, aber dann habe ich es bleiben lassen, und ich merke, dass ich nicht mehr davon sprechen will.«
    »Warum soll ich vorsichtig sein?«, fragte Lula jetzt.
    »Ich weiß nicht«, sagte Mister Stanley. »Passen Sie einfach nur auf.«
    Obwohl weder Mister Stanley noch Zeke argwöhnten, dass Lula am Vortag drei Albaner zu Besuch gehabt hatte, war sie erleichtert, als am nächsten Morgen Estrelia zum Putzen kam.
    Anfangs war Lula froh gewesen, als Mister Stanley sagte, Putzen gehöre nicht zu ihren Aufgaben. Estrelia sei schon seit Ewigkeiten bei ihnen; sie komme jeden Dienstag. Don Settebello habe Estrelia, ihrem Mann und ihrem Sohn sehr geholfen.
    Die pummelige Estrelia verströmte Liebenswürdigkeit, hatte aber nicht viel Englisch gelernt, vermutlich weil sie ihre Tage in leeren Häusern verbrachte. Hatte sie mit Ginger gesprochen? Lula verfügte über keine Sprache, in der sie das hätte fragen können. Sie mochte Estrelia, zog es aber vor, nicht im Haus zu sein, während sie putzte. Es war ihr unangenehm, herumzustehen und zu sehen, wie Estrelia den Kopf über die Stapel von Zeitungen und Zeitschriften schüttelte, die zu lesen Mister Stanley keine Zeit fand, die Papiere und Bücher, über die Zeke den Überblick verloren hatte, die zerknüllten T-Shirts und einzelnen, in die Ecke gekickten Sneakers. Estrelia ordnete die Stapel und sammelte die Hemden und die Schuhe ein, mit schuldbewusstem Blick zu Lula, deren Schulterzucken bedeuten sollte, du kannst ja nichts dafür.
    Estrelias Staubsauger summte, und

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