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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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eine Waffe für sie aufzubewahren, und dir verboten zu fragen, warum.
    Hinter Dons Rundungen sah Lula einen Kinderkopf auf einem Teller. Dons Tochter hatte ihren Kopf auf den Teller gelegt, um auszudrücken, wie sehr es sie anödete, zuschauen zu müssen, wie ihr blöder Vater seine blöden Gäste begrüßte.
    »Hi, Abigail«, sagte Zeke.
    Abigail streckte ihre winzige rosa Zunge heraus und leckte den leeren Teller ab.
    »Abigail!«, sagte Don Settebello. »Benimm dich, bitte.«
    »Wie nett, Sie zu sehen«, leierte Abigail.
    Don und Mister Stanley ließen sich etwas zurückfallen, während sich Lula und Zeke dem Tisch näherten. Lula hörte, wie ihr Anwalt zu ihrem Chef sagte: »Betsy muss mich für reichlich blöd halten, ihr zu glauben, dass man noch in letzter Minute Opernkarten für Samstagabend bekommt. Sie wartet mit Vorliebe, bis es zu spät ist, einen Babysitter zu bekommen, damit ich nicht ausgehen und all die schweinischen, chauvinistischen Missetaten begehen kann, die ich mir ihrer Meinung nach die ganze Woche über verkniffen habe. Abscheuliche Machoverbrechen gegen das weibliche Geschlecht, die ich selbstverständlich nicht verüben kann, wenn ich Abigail dabeihabe.«
    »Wenigstens ruft Betsy dich an«, sagte Mister Stanley. »Im Gegensatz zu Ginger.« Hatte er nicht eben im Auto gesagt, Ginger habe angerufen? Lula witterte hier einen Wettstreit, wessen getrennt lebende Ehefrau wen mehr zur Verzweiflung trieb. Mister Stanley bewunderte Don, aber sie waren wie Brüder aufgewachsen, und zwischen ihnen herrschte eine gewisse brüderliche Rivalität, ein seltsamer Ton, der sich in Mister Stanleys Stimme schlich, wenn er sich laut darüber Sorgen machte, dass Don sein Glück strapazierte, weil er bei all seinen Fällen gegen Washington kämpfte. Es war nicht ganz klar, was Don seiner Befürchtung nach zustoßen könnte, wenngleich er mehrfach erwähnt hatte, wie schockierend es sei, sich vorzustellen, dass sein Freund vielleicht würde leiden müssen, weil er ein Gewissen hatte und aus seiner Meinung kein Hehl machte.
    »Wie sollen wir uns platzieren?«, fragte Don. Abigail dachte nicht daran, von der Mitte der Bank zu weichen. Zeke rutschte neben sie hinein, Don setzte sich an ihre andere Seite, Mister Stanley neben ihn. Lula blieb nur der hinterste Platz, um ihrer Feier vom Rand der Kinderecke beizuwohnen. Obwohl sie Lula mochten, wollten die Männer sich lieber miteinander unterhalten.
    »Natürlich gewinnst du«, sagte Don zu Mister Stanley. »Ginger hat immer den Kuchen gekriegt.« Lula konnte nicht fragen, was Don mit dem »Kuchen« meinte, da Zeke und Abigail zuhörten.
    Lula hatte sich vorgenommen, nicht zu viel zu trinken, egal, wie gut der Wein war. Die wässrigen Mojitos hatten ihre Trinkfestigkeit vermutlich bis zu dem Punkt geschwächt, an dem sie vielleicht etwas sagte, das keinen Sinn ergab oder aber mehr Sinn, als ihr lieb war. Aber die Sitzordnung machte sie missmutig und aufmüpfig. Wenn man sie an den Kindertisch setzte, war sie immer das schlimmste Kind gewesen. Als der Ober mit dem Wein kam, strahlte Lula ihn an und bedeutete ihm pantomimisch, die Flasche in ihr Glas zu leeren. Humorlos füllte er es bis zu der präzisen Höhe, die er beim Rotweinlehrgang gelernt hatte. Das La Changita hatte einen Rum-Sommelier, einen Congaspieler, dessen Englisch so schlecht war, dass er vorgeben konnte, einen Rum vom anderen unterscheiden zu können.
    »Auf Lula und ihr neues amerikanisches Leben!«, sagte Don, und alle bis auf Abigail hoben die Gläser.
    »Auf Frieden in unserer Zeit«, sagt Mister Stanley.
    »Amen!«, sagte Don. »Auf dass unsere Truppen aus dem Irak zurückkehren!«
    »Das wird nicht passieren«, sagte Lula.
    »Auf unsere kleine albanische Pessimistin«, sagte Mister Stanley.
    »Realistin«, murmelte Zeke.
    »G’zoor« , sagte Lula.
    »G’zoor« , sagten Mister Stanley und Don.
    »Auf was auch immer«, prostete Zeke. Er hatte das Wasserglas schon an den Lippen, als Lula seinen Arm packte.
    »Mit Wasser zuzuprosten bringt Unglück!«
    »Und was soll ich jetzt tun?«, fragte Zeke entsetzt über die Aufmerksamkeit.
    Lula tröpfelte ein wenig Wein in sein Glas, ohne auf Mister Stanleys unwirschen Blick zu achten. Zwei Tropfen. Warum konnte er nicht wie sonst auch von ihren wunderlichen Bräuchen aus der Alten Welt entzückt sein, statt sich zu sorgen, dass er sie dafür bezahlte, aus seinem Sohn einen hoffnungslosen Trinker zu machen? Aber dann fiel bei Mister Stanley doch noch der

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