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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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früh würde sie sich überlegen müssen, was sie sagen sollte. Mister Stanley, ich habe ein paar neue Freunde. Ich war so glücklich, Albaner kennenzulernen, und einer von ihnen war so süß, dass ich mich bereit erklärt habe, ihre Waffe aufzubewahren. Und dann wäre da noch die Kleinigkeit, dass sie ins Haus einbrechen, wenn wir nicht da sind. In meinem Bad duschen. Bye-bye, Job, adieu, Greencard, leb wohl, neues amerikanisches Leben.
    Sie drehte sich auf die Seite und verschränkte die Arme vor der Brust wie eine Mumie. Als sie um halb acht wieder aufwachte, waren beide Arme taub.
    Im Morgenlicht war ihre importierte Seife trocken und glatt, ihr Duschvorhang geöffnet. Vielleicht hatte sie das alles nur geträumt. Kein Grund, Mister Stanley zu erschrecken, vor allem, wenn das Haar Alvo gehörte, was vermutlich der Fall war. Es war eindeutig seine Haarfarbe. Vielleicht gehörte Stalking zu seinem Balzverhalten, ein Fortschritt aus der Neuen Welt gegenüber der altmodischen Brautentführung. Sie überlegte, ob sie Alvo wohl eines Tages danach fragen oder auch nur einen Witz daraus machen könnte. Falls sie ihn jemals wiedersah, außer sie erwischte ihn beim Herumschleichen.
    Es war Sonntag, ihr Tag, Frühstück für Mister Stanley und Zeke zu machen. Sie zog die Kleidung vom Vorabend aus, in der sie geschlafen hatte, schrubbte die Badewanne, spülte sie aus und füllte sie erneut. Dann rutschte sie bis zum Kinn unter Wasser und ließ sich von dem heißen, dampfenden Schaum die Schmerzen lindern. Als sie aus der Wanne stieg, war es wie an jedem anderen Sonntag. Einem Sonntag mit Kopfschmerzen.
    Lula warf sich Jeans und ein Sweatshirt über und eilte nach unten, wo sie Mister Stanley Kaffee trinkend am Esszimmertisch vorfand, den Kopf über die Sonntagszeitung gebeugt. Lula machte einen raschen Rundgang, suchte nach zersplitterten Fenstern, eingetretenen Türen, nach allem, um den Weg von Alvo, oder sonst jemandem, nachzuvollziehen. Aber da war nur die übliche Unordnung, der übliche traurige Mister Stanley. Wie froh sie war, ihn zu sehen. Mister Stanley war nicht verletzt und hatte offenbar nicht mal bemerkt, dass etwas Ungewöhnliches passiert war.
    Vielleicht konnte sie die ganze Sache in einen der Kulturvergleiche verwandeln, die Mister Stanley und Don so gefielen. Wenn in ihrem Land, während des Kommunismus, jemand in dein Haus einbrach und nichts mitnahm, bedeutete das, du warst in Schwierigkeiten. Wohingegen sich nach dem Kommunismus niemand die Mühe gemacht hätte einzubrechen, falls er nicht etwas klauen wollte. Während des Kommunismus gab es nichts zu klauen. Jeden Abend sah sie sich mit Zeke eine Sendung an, in der das Weiße Haus darauf bestand, Privatbürger müssten stärker überwacht werden. Die Leute taten zu Recht schockiert, auch wenn das naiv war. In Europa gaben die Leute zu, dass das Verlangen, die Nachbarn zu bespitzeln, zur menschlichen Natur gehörte … Darüber konnte sie eine theoretische Diskussion führen, doch es würde nicht lange dauern, bis Mister Stanley aufging, dass Lula auf etwas Bestimmtes hinauswollte.
    Mister Stanley sagte: »Entschuldigen Sie, Lula. Ich habe es gestern Abend übertrieben.«
    »Wofür wollen Sie sich entschuldigen?«, fragte Lula. »Ist doch nichts Schlimmes passiert.«
    »Die Heimfahrt kann kein Vergnügen gewesen sein«, sagte er. »Mich schaubert’s … Schaubert? Mich schaudert’s, wenn ich daran denke, was hätte passieren können. Ich werde das nie wieder tun, das verspreche ich Ihnen, nie …«
    Warum erwartete er ausgerechnet von Lula, ihm zu vergeben? Weil außer ihr niemand da war. Sie wollte ihm tröstend die Schulter tätscheln, aber sie berührte Mister Stanley nie, und sie wollte jetzt nicht damit anfangen, da sie beide an Körper und Geist geschwächt waren, vielleicht nach einer Erleichterung für den Schaden suchten, den der Alkohol ihren Körpern zugefügt hatte. Mister Stanley gehörte nicht zu jenen Typen, die das Kindermädchen anbaggerten, aber jeder Mann war nur einen Kater weit davon entfernt, so ein Typ zu sein. Selbst ein freundlicher Schulterdruck war eine Tür, die man am besten ungeöffnet ließ. Trotzdem brachte eine Woge von Zuneigung Lula fast dazu, ihm von ihrer Dusche, ihrer Seife, ihrem Verdacht zu erzählen. Ihre Besorgnis mit ihm zu teilen, wäre eine Erleichterung. Und war es nicht ihre Pflicht als seine Angestellte? Der Impuls schwebte in der Luft, wirbelte wie ein Rauchring herum. Lula ermahnte sich: Niemand ist in

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