Luegen auf Albanisch
stellte sich dann auf seine kurzen Hinterbeine und kläffte so durchdringend, dass Lula die Hand über Charmy Puppys Maul legen musste.
Was für ein reizendes Geschenk! Sie hoffte, es war kein Dankeschön-Geschenk. Danke, dass du auf meine Knarre aufgepasst hast. Lula hechtete zur Kommode. Sie wickelte den Revolver aus, um sicherzugehen. Hatte Alvo geahnt, dass das Ding bei ihrer Unterwäsche schlief? Sollte er sich darüber doch Gedanken machen. Sie zählte ihr Geld. Alles da. Sie schaltete das Hündchen aus, legte sich aufs Bett und das Spielzeug neben ihr Kissen. Bewacht von ihrem mechanischen Schoßtier, schlief Lula ein.
8
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In den folgenden Tagen probte Lula, wie sie Alvo für Little Charmy Puppy danken würde. Das war angenehmer, als sich zu überlegen, was sie sagen könnte, wenn Mister Stanley entdeckte, dass Albaner in seinem Haus herumschlichen. Als sie merkte, dass sie den mechanischen Hund nicht anschauen konnte, ohne zu seufzen, steckte sie ihn in eine Schublade, als wäre es Charmy Puppys Schuld, dass Lula auf einen Kerl abfuhr, der ihr lieber nachstellte, als sich mit ihr zu treffen. Aber dann nahm sie den Plüschhund wieder heraus und ließ ihn seine Kunststücke vorführen.
Durch das Zusammenleben mit Verwandten auf engstem Raum hatte Lula schon vor langer Zeit gelernt, eine unsichtbare Wand zwischen sich und der aufdringlichen Kusine zu errichten, die beim Zähneputzen ins selbe Becken spuckte. Einen unsichtbaren Ziegelstein auf den anderen, zog sie eine solche Mauer zwischen sich und Zeke hoch, mit dem sie nach wie vor einkaufen fuhr, aß und fernschaute, obwohl es jetzt war, als lebten sie in zwei getrennten Häusern. Bestimmt spürte Zeke ihre Frostigkeit. Doch diesmal war es Lula egal. Sie würde die unsichtbare Mauer erst einreißen, wenn Alvo auftauchte. Zeke konnte nichts dafür, dass Alvo nicht vorbeigekommen war, aber Zeke war der Einzige hier, dem sie die Schuld dafür geben konnte. Sie ging auch Mister Stanley aus dem Weg, bis auf den kurzen abendlichen Dialog, um ihm zu versichern, dass sein Sohn noch am Leben war.
Zum Zeitvertreib schrieb Lula eine wahre Geschichte über einen Nachbarsjungen, in den sie sich verknallt hatte und dem sie Zettel unter der Tür durchschob, nie aber den Nerv gehabt hatte, irgendwas draufzuschreiben, daher hatte sie nur auf dem Papier herumgekritzelt und gehofft, er würde wissen, dass es von ihr kam. Kurz danach war er mit seinen Eltern aus dem Wohnblock ausgezogen, und später hörte Lula, sie hätten Angst gehabt, die Geheimpolizei würde sie mit verschlüsselten Nachrichten quälen, die nichts besagten.
Eines Abends erzählte ihr Mister Stanley, Don Settebello habe gefragt, ob er zum Thanksgiving-Dinner kommen könne. »Die kleine Abigail ist dann bei ihrer Mom. Ich glaube, deshalb möchte Don bei uns sein. Seiner zweiten Familie.«
»Ich brate einen Truthahn«, sagte Lula.
»Haben Sie je einen Truthahn gebraten?«, fragte Mister Stanley.
»In Albanien sehr oft«, log Lula. Das peshest ihrer Großmutter, zerkrümeltes Maisbrot, eingeweicht in Truthahnsoße und an den Rändern kross gebraten, war legendär. Aber man brauchte ja nur den Sender Food Network einzuschalten, bei Tag oder Nacht, und erfuhr das Truthahn-Geheimrezept irgendeines Starkochs. Immer wieder hörte Lula einen komischen Ausspruch: ein erfolgreicher Truthahn . Wie erfolgreich konnte der Truthahn denn sein, tot und verspeist?
Aber um Lula entweder die Mühe zu ersparen oder weil sie ihr nicht zutrauten, dieses nationale Ritual für den Magen des dankbaren Pilgervaters auf den Tisch zu bringen, einigten sich Don und Mister Stanley darauf, sich die Kosten für einen Partyservice zu teilen, der auf Festessen spezialisiert war und phantastisch sein sollte, wie Don gehört hatte. Lula bemühte sich, nicht gekränkt zu sein. Für sie bedeutete es weniger Arbeit. Weniger Arbeit war sehr amerikanisch, also konnte sie es ebenso gut genießen.
Niemand kochte in diesem Land, wenngleich alle von jedem Bissen besessen waren und befürchteten, er könne ihnen schaden. Lula und Zeke verband der Stolz, den sie im Markt zwischen den mit Gut-für-dich-Zitrusfrüchten und Blattgemüse überfüllten Einkaufswagen empfanden, während sie ihren Leck-mich-Wagen durch die Gänge schoben, leer bis auf Pizzateig und tiefgefrorene Hamburger. Obwohl sich vielleicht nur sie beide einbildeten, dass jemand es bemerkte. Lula kam der dumpfe Verdacht, ihre Bereitschaft, sich Zekes Ernährungsweise
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