Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
Vom Netzwerk:
scheint uns aufgegeben zu haben und verschwunden zu sein.«
    Mister Stanley blickte stirnrunzelnd zu Lula. War sie nicht für Zeke zuständig?
    Zeke bürdete ihnen eine lange, angespannte Wartezeit auf, bis sie seine Schritte hörten.
    »Schön, dass du wieder bei uns bist«, sagte Savitra.
    »Greift schon mal zu«, sagte Lula. »Fangt an zu essen. Ich habe vergessen, die Soße zu machen. Dauert nur zwei Minuten.«
    Savitra rief ihr nach: »Sind Sie sicher, dass ich nicht helfen kann?«
    »Ja«, sagte Lula. »Bitte.« Doch Savitra, die ihren eigenen Kopf hatte, folgte Lula in die Küche, wo sie wie eine Tempelgöttin posierte, die eine Hüfte vorgeschoben und den Ellbogen an der Kühlschranktür. Soße zu machen, war kniffelig genug, auch ohne dass Savitra sagte: »Darf ich Ihnen mal eine persönliche Frage stellen?«
    »Klar.« Lula war froh, sich darauf konzentrieren zu können, Mehl im Bratfett zu verquirlen.
    Savitra nahm einen Schluck Wein. »Haben Sie irgendwann mal mit Don gevögelt?«
    »Natürlich nicht!«, sagte Lula. Wie angenehm es war, die Wahrheit zu sagen, und wie falsch es klang. »Er ist mein Anwalt.«
    Savitra sagte: »Das behauptet Don auch. Ich brauchte nur eine Realitätsprüfung. Wir waren schon zwei Wochen zusammen, bevor er damit rausrückte, dass er verheiratet ist und eine Tochter hat. Dieser Typ ist ein Menschenrechtsheld, aber wenn es um Frauen geht …«
    »Er lebt getrennt, glaube ich.«
    »Er ist verheiratet. Rechtskräftig verheiratet. Ich weiß, was rechtskräftig bedeutet.«
    »Don ist ein guter Mann«, sagte Lula.
    Savitra sagte: »Sie sind Schriftstellerin, wie ich höre.«
    »Schauen Sie«, sagte Lula. »Die Soße ist fertig.«
    Nachdem Lula und Savitra aus der Küche zurückgekehrt waren und sahen, dass die anderen mit dem Essen begonnen hatten, wechselten sie erstaunlich freundliche und bedeutungsvolle Blicke. Beide dachten sich, dass ein amerikanisches Mädchen auf die unhöflichen amerikanischen Männer sauer gewesen wäre. Aber Lula und Savitra stammten aus älteren Kulturen, in denen die Männer als Erste aßen, nachdem sie bedient worden waren, wie Fürstlichkeiten oder Babys. Sie waren nicht so dumm, vorgespielte Ritterlichkeit von diesen gierigen Schweinen zu erwarten, doch der Blick, den sie sich zuwarfen, besagte: Wir sind jetzt Amerikanerinnen. Die gierigen Schweine hätten warten sollen.
    Mister Stanley erzählte eine Geschichte über einen Kollegen, der mit einem motorisierten Roller zur Arbeit fuhr, was alle im Büro richtig cool fänden, doch letzte Woche sei der Mann von seinem Segway gefallen und habe sich das Schlüsselbein an zwei Stellen gebrochen. Zeke und Don gefiel Mister Stanleys Geschichte nicht, beiden aus unterschiedlichen Gründen. Als sich Lula und Savitra die Teller füllten, schauten alle drei Männer zu.
    »Savitra! Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Don.
    »Alles bestens«, antwortete Savitra mit sanftem Druck auf Dons Arm.
    »Was machen die Geschäfte, Stan?«, fragte Don. »Wer hätte gedacht, dass mein Kindheitsfreund zum Herrn des Universums aufsteigen würde?«
    Mister Stanley zuckte wortlos die Schultern. Zu sehen, wie Savitra Don berührte, hatte seinen Lebensgeistern anscheinend einen solchen Dämpfer versetzt, dass ihm jeglicher Wille zur Konversation abhanden gekommen war.
    Schließlich sagte er: »Also, es würde mich nicht überraschen, wenn mit dem Markt dasselbe passiert wie mit dem Segway von diesem Heißsporn. Die Immobilienblase, die Derivate, die zweitklassigen Kredite …« Alle sahen seine bleichen Finger wie einen Roller am Tisch entlanggleiten und über den Rand abstürzen.
    »Machst du Witze?«, fragte Don.
    »Ich verfüge nicht über deinen Sinn für Humor«, sagte Mister Stanley. »Den hatte ich nie.«
    »Bitte«, sagte Don. »Lass …«
    Mister Stanley sagte: »Bedeutet das Wort Enron irgendjemandem hier noch etwas? Ist unser Gedächtnis so schlecht? Wenn ich ein Durchschnittsbürger wäre, würde ich mir meine Rente auszahlen lassen, Gold kaufen und es in meiner Matratze verstecken.«
    Lula schaute sich um und wollte sehen, wie die anderen reagierten. Da sie einige Erfahrung mit wirtschaftlicher Kernschmelze hatte, wollte sie ihnen sagen: Glaubt nicht, dass es hier nicht passieren kann. Aber Don und Savitra blickten Mister Stanley so verständnislos an, als hätte er gerade erwähnt, sie könnten Gefahr laufen, dass der Kartoffelbrei ausging. Ihr Ausdruck veränderte sich auch dann nicht viel, als Mister Stanley

Weitere Kostenlose Bücher