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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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dauerhaften Schaden zugefügt, aber manchmal, wenn sich ein Toilettenschloss verklemmte, kam das alles zurück. Sie wollte Zeke versichern, dass er erwachsen, glücklich und geliebt werden würde. Heute war sie für seine Schwester und seine Mutter gehalten worden, und im Moment fühlte sie sich wie beides, wünschte sich, sie könnte ihn vor so vielem beschützen, das sich ihrer Kontrolle entzog. Vielleicht war es das, was Familie bedeutete: den Menschen, die du liebst, helfen zu wollen und es nicht zu können. Früher hatte sie sich gewünscht, ihren Eltern einen schöneren Platz zum Leben beschaffen zu können als das Zimmer in der Wohnung ihrer Tante in Tirana. Die größte Wohnung in dem Block, praktisch eine Villa, wurde von der Familie des hübschesten Mädchens in Lulas Klasse bewohnt, einem Mädchen, das sich früh in seinem Leben einen Parteibonzen als Zuhälter gesucht hatte.
    Mister Stanley sagte: »Jemand sollte informiert werden. Man kann nicht … Ich bin sicher, das College …«
    »Ich geh da nicht hin, selbst wenn sie mir Geld dazugeben. Ich will nach Hause. Und wenn du irgendjemandem davon erzählst, bewerbe ich mich nirgends mehr. Ich ziehe an die Westküste und arbeite in einem Copyshop. Ich ziehe zu Mom nach Arizona.«
    »Mach mal halblang, Junge«, sagte Mister Stanley.
    Die Kellnerin kam wieder. »Kann ich dir was bringen, Herzchen?«
    »Ameisen- und Küchenschabengift«, sagte Zeke.
    »Kinder«, sagte die Kellnerin über die Schulter. »Gott liebt sie.«
    »Das war ungehörig«, sagte Mister Stanley. »Was du da gerade zu der Kellnerin gesagt hast. Mein Gott, Zeke.«
    »Das ist ein Song«, sagte Zeke. »Ein Song von den Sweat Bees. Weißt du denn gar nichts, Dad? Okay. Miss? Wenn Sie Zeit haben? Ich hätte gerne einen Cheeseburger Deluxe und Fritten und einen Schokoladenmilchshake.«
    »Sollst du haben«, sagte die Kellnerin.
    Zeke verschlang sein Essen und bestellte sich noch eine Portion Fritten. Lula und Mister Stanley tranken mehrere Tassen Kaffee. Mister Stanley versuchte Zeke zu überreden, die anderen beiden Colleges zu besuchen, aber Zeke sagte, auf keinen Fall, nicht jetzt.
    Mister Stanley sagte: »Sieh es mal positiv. Alle leben noch, niemand ist krank oder in Gefahr, und in den anderen beiden Colleges kann es nur besser laufen.«
    Danach schwieg er.
    Zeke bestellte ein Stück Blaubeerkuchen. Langsam besserte sich seine Stimmung. Mister Stanley sagte: »Im Motel gibt es Filme auf Bestellung. Du kannst lange aufbleiben und dir jeden Film ansehen, den du möchtest.«
    »Ich hoffe, es ist ein Flachbildschirm«, sagte Zeke.
    Mister Stanley nickte.
    Am nächsten Morgen trafen sie sich in der Motellobby und fuhren im Regen nach Hause. Mister Stanley weigerte sich, das Auto anzulassen, bevor Zeke sich nicht angeschnallt hatte. Als sie auf den Highway bogen, sagte Mister Stanley: »Um das klarzustellen, wir hatten uns nicht darauf geeinigt, dass du dir einen Film über achtzehn ansehen kannst.«
    Zeke sagte: »Du hast geschnarcht, Dad. Die an der Rezeption sagten, es würde nicht auf der Rechnung auftauchen.«
    »Und du hast denen geglaubt?«, fragte Lula.
    Zeke sagte: »Dad hat mir versprochen, es wäre ein Flachbildschirm, und es war keiner. Also, wer ist hier der Lügner?«
    Mister Stanley sagte: »Tut mir leid, Zeke. Aber das ist eine moralische Diskussion, für die mir im Moment die Kraft fehlt.«
    »Gut«, sagte Zeke. »Mir auch.«
    Die Reifen des Minivans schienen auf der nassen Straße schade, schade, schade zu flüstern. Und wenn Zeke nun nicht aufs College ging? Konnten sie für immer so weitermachen, Jahr um Jahr zu einem Geistertrio altern, das in Mister Stanleys Haus herumspukte? Mister Stanley hätte es sich gut überlegen sollen, bevor er sich so aus der Fassung bringen ließ, weil sein Sohn von zu Hause fortging. Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. Sei vorsichtig mit deinen Ängsten.
    Als sie zu Hause ankamen, war es später Nachmittag. Zeke knallte die Tür seines Zimmers zu. Mister Stanley setzte sich an den Esszimmertisch und sah die Post durch. Lula fragte ihn, ob er Hunger habe, und als er verneinte, ging sie nach oben.
    Ihr Zimmer roch schwach nach Zigaretten. Auf ihrer Decke lag eine kleine rote Pappschachtel. »Little Charmy Puppy« stand in Buchstaben darauf, die irgendwie chinesisch wirkten. Lula nahm den plüschigen Dalmatinerhund heraus und drückte auf den Knopf an seinem Bauch. Sie setzte das Hündchen auf den Boden. Es bellte und wackelte mit dem Po,

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