Luegen auf Albanisch
Absatz, in dem der Bauunternehmer seiner Frau erklärt, warum sein Wunsch nach einem Haus erfordert, sie lebendig zu begraben, und als sie sich weigert, schiebt er sie in den Kriechkeller und mischt weinend den Zement. Lula war so in ihre Geschichte vertieft, dass sie das Klingeln der Türglocke als Scheppern der Schaufel wahrnahm, mit der der Ehemann den Zement glatt klopfte. Sie rannte nach unten und öffnete die Tür, vor der Ledermantel stand.
»Kleine Schwester, warum so traurig?« Ledermantel – Genti – blickte immer wieder über seine Schulter. Das unbarmherzige Winterlicht ließ seine narbigen Wangen hervortreten. Lula bat ihn herein, worauf er sich noch unwohler zu fühlen schien. War er gekommen, um sich hinter Alvos Rücken mit ihr zu verabreden? Reichte Alvo sie an seinen Freund weiter, eine miese männliche Angewohnheit, von der sie zwar gehört, die sie aber noch nie selbst erlebt hatte? Hielten sie Lula für einen Lammschlegel, den man dem Nächsten am Tisch zuwerfen konnte? Eher war Genti wohl wegen des Revolvers gekommen. Sollte er doch im Flur stehen und vor sich hin nuscheln.
»Wie bitte?«, fragte Lula.
Nuschel, nuschel.
»Ich versteh dich nicht!«
»Nuschel nuschel Weihnachtsabend? Mein Boss? … Noch nichts vor am Weihnachtsabend? Er möchte wissen, ob du mit ihm ausgehen willst?«
Warum kam das alles als Fragen? Genti klang wie eine verschüchterte Fünfzehnjährige. Allmählich begriff sie. Der Kerl spielte Cupido! Lula konnte sich kaum beherrschen, ihn nicht in die Arme zu schließen und an sich zu drücken, bis sein Ledermantel quietschte. Wie rührend, dass Alvo nicht persönlich einen Korb riskieren wollte. Andererseits, wie gedankenlos und selbstgefällig von ihm anzunehmen, sie hätte keine Pläne. Bis zum Weihnachtsabend waren es nur noch zwei Wochen, und sie hatte keine Pläne.
Was würde mit Ledermantel passieren, wenn sie ihn bat, Alvo auszurichten, sie habe bereits was anderes vor? Wahrscheinlich würde der Bote nicht getötet werden, wenn es um schlechte Nachrichten wegen einer Verabredung ging. Als ob es Alvo wichtig genug wäre, seinem Freund dafür das Leben schwer zu machen. Er würde einfach einen seiner G-Men losschicken, um ein anderes Mädchen zu fragen.
Lula sagte: »Richte ihm aus, ich würde mich freuen.«
»Er wird dann um acht hier sein? Er sagte, nett anziehen?«
»Nett anziehen?«, wiederholte Lula. »Ich zieh mich immer nett an. Im Gegensatz zu was?« Wie konnte Alvo es nur wagen! Aber vielleicht ging es gar nicht um männliche Arroganz. Vielleicht ging es nur um die Formulierung. Vielleicht bedeutete nett eher festlich , sich festlich kleiden, vielleicht wollten sie Lula die Peinlichkeit ersparen, zu einer offiziellen Veranstaltung in T-Shirt und Jeans zu erscheinen. Natürlich würde sie sich festlich anziehen. Schließlich war es der Weihnachtsabend. Doch bevor sie nach Einzelheiten fragen konnte, schüttelte ihr Genti die Hand und ging. Nachdem der Auftrag ausgeführt war, konnte er sich wieder in den vielbeschäftigten Typen verwandeln, der anderswo wichtige Geschäfte zu erledigen hatte.
Zwei Wochen bis Weihnachten. Die Wintertage waren zu kurz und blutleer, um den gewichtigen Gedanken standzuhalten, mit denen sich die Bedeutung von »nett anziehen« ergründen ließe. »Nett« nach Dunias Maßstäben? Oder albanisch nett: zu glänzend, zu eng, zu synthetisch und vor allem zu sehr Leopard. Nett wie die toupierten Sängerinnen, die mit ihren schmalzlockigen Manager-Ehemännern auf dem Balkan herumreisten? Dazu war Alvo viel zu cool. Er würde das meinen, was Lula mit »nett« meinte.
Jetzt hatte Lula Geduld und Wohlwollen im Überschuss, vor allem für Zeke. Auf ihren Fahrten zum Good Earth vermischten sie metaphysisches Highschoolgerede über den Sinn des Lebens (Lula versicherte ihm, dass das Leben einen Sinn hatte) mit dem üblichen Geplauder über das Autofahren und die anderen Fahrer, die laut Zeke immer verrückter und aggressiver wurden, je näher die Feiertage kamen.
»Was wünscht du dir zu Weihnachten?«, fragte Lula.
»Ich weiß nicht. Nichts. Warte. Da gibt es eine DVD , diesen klassischen Vampirfilm Nosferatu .«
»Schreib es auf«, sagte Lula, die nicht vorhatte, Geld für Zekes Vampirbesessenheit auszugeben. Sie hatte ihm bereits einen Ledergürtel am St. Marks Place gekauft, gespickt mit Nieten und Ösen, und einen iPod Nano für Mister Stanley.
Gegen besseres Wissen hatte sie Zeke zum Markt fahren lassen, selbst wenn das
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