Luegen auf Albanisch
Parfüm besprüht hatte, die, wie sie durch Versuch und kostspieligen Irrtum gelernt hatte, erotisches Interesse vermittelte, ohne zu aggressiv zu sein, war sie zwanzig Minuten zu früh fertig.
Was ein Glück war, denn auch Alvo kam zu früh. Ihr Handy zirpte, und eine SMS erschien. Parke draußen. Kurz, auf den Punkt, und jetzt war seine Nummer auf Lulas Kontaktliste.
Sie hatte ihren Abgang geprobt, und alles ging so glatt wie geplant. Sie griff nach ihrem Mantel und ließ die Haustür mit einem »Fröhliche Weihnachten!« sanft zugleiten. »Bis bald«, fügte sie noch hinzu, um ihnen zu versichern, dass sie nicht für immer verschwand. Während sie den Weg hinunterging, drückte ihr Ritter in seinem glänzenden schwarzen Streitross auf die Hupe – hup, hup, hallo. Der Typ hatte manchmal seine ungehobelten Seiten. Vielleicht war er nervös.
Lula rutschte über den Sitz und küsste Alvo auf die Wange.
»Fröhliche Weihnachten«, sagte er.
Dunias mühevoll errungene olfaktorische Forschungsergebnisse wurden augenblicklich durch die unvorhergesehene Variable von Alvos starkem Eau de Toilette über den Haufen geworfen. Trotz des Vermögens, das Dunia ausgegeben hatte, ließ Lula frohgemut zu, dass sich der Duft der längst vergangenen Frühlingsabende kampflos Alvos Pfauenpheromonen ergab. Zum Glück gehörte zu seinen Abendvorbereitungen nicht das glänzende Synthetik, auf das so viele albanische Jungs standen. Sein schwarzes Hemd hob sein rotes Haar hervor, und in dem schwarzen Jackett und den schwarzen Jeans hätte er als einer der Typen durchgehen können, die ihre Treuhandfonds bei Rumdrinks im La Changita verprassten. Lula hatte mit diesen Typen nicht ausgehen wollen, also warum wollte sie jetzt, dass Alvo wie einer von denen aussah? Weil sie keine von den Klugscheißerinnen sein wollte, die ihren gerade erst angekommenen Freund in Mode und Gebräuche des Landes ihrer Wahl unterwiesen.
Sie fuhren schweigend, verstummt durch die Erkenntnis, dass sie ihren Duft füreinander geändert hatten. Das musste etwas bedeuten, wenn auch nur die Wahrscheinlichkeit, dass Alvo einkalkuliert hatte, heute Abend noch flachgelegt zu werden. In Lulas Magen flatterte es. Dunia und ihre tollen Ideen. Wie viel schwieriger es durch das Parfüm wurde, so zu tun, als handle es sich hier nur um einen freundschaftlichen platonischen Geschwisterabend, wenn Älterer Bruder und Kleine Schwester wie ein Paar Lustmolche stanken.
»Wo fahren wir hin?«, fragte Lula.
»In die Bronx«, sagte Alvo. »Wohin sonst?«
Sie überquerten die George-Washington-Brücke, die sich an ihren glänzenden Stahlseilen auf erstaunliche Weise über den silbrigen Flusslauf spannte. Weit unten waberten glitzernde Nebelschwaden um die Straßenlaternen an den verschneiten Ufern des Hudson.
Alvo fragte: »Und wie verbringen dein Chef und sein Sohn ihre fröhlichen Weihnachten?«
»Schauen sich das Julscheit im Fernsehen an«, sagte Lula.
Alvo sagte: »Trostlos. Sehr trostlos.«
»Bitte. Mir reicht mein schlechtes Gewissen schon so«, sagte Lula.
Alvo nahm die Ausfahrt zum Whitestone Parkway. Dann fragte er: »Bist du sicher, dass du nicht mit deinem Chef bumst?«
»Großer Gott!«, sagte Lula. »Wie oft muss ich dir noch …«
»Entschuldige«, sagte Alvo.
Lula sagte: »Was soll dieses ganze Weihnachtsgetue überhaupt? Zu Hause hatten wir nie Weihnachten.«
»Aber jetzt schon«, sagte Alvo. »Jetzt ist es eine beliebte Reisesaison für Albaner. Alle kommen hierher. Was sie hier wollen, weiß ich nicht. Zu Radio City gehen. Auf Santas Schoß sitzen. Im Moment schlafen drei Vettern aus Vlora auf meinem Schlafzimmerboden.«
Das war’s dann wohl mit der Aussicht, den Abend in Alvos Wohnung zu beenden. Aber seit wann musste Lula es in einem richtigen Bett machen? Sie war so altjüngferlich und konservativ geworden, seit sie mit ihren Liebhabern in die Bunker des Diktators geschlichen war und sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib gerissen hatten.
Alvo sagte: »Ich frag mich, ob es je eine Erhebung gegeben hat, wie viele Jungs und Mädchen ihren ersten Sex in einem Bunker hatten.«
»Hast du gerade meine Gedanken gelesen, oder was?«, fragte Lula.
»Ehrlich?«, sagte Alvo. »Das ist toll.« Ohne seine Hände vom Steuer zu nehmen, stupste er sie mit dem Ellbogen an. »Weißt du was? Einer meiner Vettern hat mir dieses kleine Fläschchen mit Wasser aus einer Quelle irgendwo in Bosnien mitgebracht. Männerwasser nennen sie es. Soll das Viagra des
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