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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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doch alle gleich mies«, sagte sie, und Sonja gab ihr Recht, obwohl sie selber noch niemals gearbeitet hatte. Sie studierte schon seit Urzeiten Jura und wurde von ihrem gut betuchten Papa großzügig versorgt, und das obwohl sie immer noch Lichtjahre vom ersten Staatsexamen entfernt war. Einmal hatte ich sie gefragt, ob ihr Vater ihr denn nicht irgendwann mal den Geldhahn abzudrehen gedenke, nach dem zwanzigsten Semester vielleicht oder nach ihrem dreißigsten Geburtstag, aber Sonja hatte selbstsicher geantwortet: »Nee, erst, wenn er stirbt. Und dann gehört mir sowieso alles.«
    »Du hast ja so ein Glück«, sagte Vivi. »Meine Eltern würden mir nicht mal dann was zahlen, wenn sie was hätten. Ein richtiges Mistleben ist das!«
    »Das stimmt«, sagte Sonja. »Ich meine, Windpocken mit dreißig! Das Schicksal meint es wirklich nicht gut mit uns.«
    Lorenzo servierte uns aufs Stichwort einen Drink namens »The Last Judgement«, den er selber kreiert hatte. Er bestand aus Wodka, Gin, Limettensaft und etwas, das aussah wie zerstoßener WC-Frischestein und auch so schmeckte. Vivi, die nicht besonders trinkfest war, fing bereits an zu nuscheln.
    »All’s Mis’, ’s ganze Leb’n«, sagte sie noch einmal.
    Ich behielt die Uhr im Auge. Um Mitternacht wollte ich auf jeden Fall zu Hause sein, um Boris68 im Testchat zu treffen. Zugegeben, mehr aus persönlicher Neugierde als aus beruflichem Pflichtgefühl. Da Birnbaum für das »Liebe-online-Special« einen Redaktionsschluss bis nächste Woche Freitag festgesetzt hatte, musste ich meine Story sowieso völlig frei erfinden, ganz gleich, was aus mir und Boris vielleicht mal werden würde.
    »Wenn ihr einen Mann neu kennen lernt, was checkt ihr da so als Erstes ab?«, fragte ich. »Ich meine, um der totalen Panne vorzugreifen.«
    »Ob er eine eigene Waschmaschine hat«, sagte Sonja spontan. »Nichts ist schlimmer als Männer, die noch bei Mutti waschen lassen.«
    »Ob er dieselben Filme mag wie ich«, sagte Carla. »Ob er mal Kinder haben will. Und natürlich, ob er beschnitten ist.«
    »Ich frage ihn, wer seine Traumfrau ist«, sagte Sonja. »Wenn er dann nicht sagt, du natürlich, sondern Heidi Klum oder so was, dann ist er ja selbst zum Lügen zu blöd.«
    »Tell me lies, tell me sweet little lies«, sang Vivi und setzte ernsthaft hinzu: »Ich kann die vorher fragen, was ich will, es wird doch immer die totale Panne.«
    »Am besten macht man mit den Typen gleich beim ersten Date diesen Partnerschaftstest, den ihr neulich in Annika hattet«, schlug Sonja vor. »Wie gut passen Sie wirklich zusammen?«
    »Das ist eine gute Idee«, sagte ich anerkennend.
    »Das sollte ein Witz sein, Hanna«, sagte Sonja.
    »Oh, ach so.« Es war aber trotzdem eine gute Idee.
    »Vergiss es«, sagte Carla und wandte ihren Blick vorübergehend von dem Typ in der Ecke ab. »Niemand kann bei diesem Test mehr als ein Viertel der Punktzahl erreichen, das kannst du mir glauben. Hundert von vierhundert Punkten ist schon ein Rekord, und dann bist du immer noch in der Kategorie Katastrophenalarm. Der Mann ist nichts für Sie . Na ja, als ob man nicht schon vorher gewusst hätte …«
    »So einen Test müsste es auch für Chefs geben«, überlegte Vivi. »Damit würde man eine Menge Ärger vermeiden können.«
    Das war ein lustiger Gedanke, Partnerschaftstest statt Vorstellungsgespräch, vielleicht konnte man da mal eine Kolumne draus machen. Wir entwarfen bei einem weiteren Drink den dazu passenden Fragenkatalog, und so wurde der Abend doch noch ganz lustig.
    Pünktlich um halb zwölf verabschiedete ich mich aber trotzdem von Lorenzo und meinen Freundinnen und machte mich, auf einem Stückchen WC-Frischestein kauend, zu Fuß auf den Heimweg. Carla hatte immer noch nicht die Telefonnummer von dem Typ in der Ecke, und sie hatte die anderen beiden mit einem weiteren Drink bestochen, damit sie noch etwas bei ihr blieben.
    Lorenzos Drinks hatten es in sich gehabt, und ich war trotz der frischen, kühlen Februarluft alles andere als nüchtern, als ich zu Hause ankam.
    Zur selben Zeit bog der Mercedes meines Stiefvaters in die Einfahrt.
    »Gut, dass es dunkel ist«, sagte meine Mutter, als sie die Beifahrertür öffnete. »Dann sieht mich niemand aus diesem Spießerschlitten steigen. Oh, hallo, Hanna, mein Schätzchen.«
    »Hallo, Mama. Ist dir nicht kalt?«
    »I wo!« Mama trug trotz der niedrigen Temperaturen keinen Mantel. Sie hatte ein bauchfreies Top an, eine geblümte Hüfthose mit Schlag und

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