Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)
Ihnen?«
»Ich denke auch, dass unsere Leserinnen so ein Lesben- und Schwulenmist nicht interessiert.« Marianne setzte sich aufrecht hin und warf Leroy ein charmantes Lächeln zu. »Obwohl ich persönlich natürlich nichts gegen Homosexuelle habe, Leroy. Ich bin übrigens Marianne Schneider.«
»Marianne Schneider«, wiederholte Birnbaum. »Die Verfasserin des Artikels Schluss mit dem Schwiegermutterterror! Zwanzig tolle Tipps, wie Sie den alten Drachen in seine Schranken verweisen können .«
Marianne nickte leicht verunsichert.
» Ihr Mann hat eine andere?«, fuhr Birnbaum fort. » Zwanzig Tipps, mit denen Sie ihn zurückerobern . Auch von Ihnen?«
»Es gibt eine Menge Sechzehn- bis Sechsundzwanzigjährige, die verheiratet sind«, beeilte sich Marianne zu ihrer Verteidigung hervorzubringen. »Ich zum Beispiel war auch mit sechsundzwanzig schon verheiratet.«
Und mit dreißig erst wieder geschieden, ergänzte ich in Gedanken. Mariannes Exmann hatte es erstaunlich lange mit ihr ausgehalten.
»Und wann kommt Ihr Baby?«, fragte Birnbaum.
Wir zuckten alle zusammen, am meisten natürlich Marianne. Eigenen Angaben zufolge hatte sie vor zwanzig Jahren mit einer Diät angefangen und noch nicht wieder damit aufgehört. Trotzdem oder gerade deshalb gehörte sie zu den Frauen, die den ganzen Tag besorgt an sich hinunterschauen und irgendwelche Fettpolster entdecken. Birnbaums Frage stürzte sie sofort in eine tiefe persönliche Krise.
»Wieso … wie kommen Sie denn darauf …«, stotterte sie. In ihren Augen funkelten keine Tränen, sondern pure Mordlust, und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie sich nach ihrer Handtasche gebückt und das Pfefferspray herausgeholt hätte, das sie dort gegen tätliche Angriffe in der U-Bahn bereit hielt.
Birnbaum schien es nicht zu bemerken. »Wegen Ihres letzten Artikels: Kann Schwangerschaft anstecken? Zwanzig Prominente und ihre Babybäuche .« Er sah sich seufzend um. »Ich wollte nur einen Witz machen.«
Überflüssig zu sagen, dass keiner lachte. Nur Cordula vom Kosmetikressort lächelte, aber darüber wurde ja, wie gesagt, in einem Schadensersatzprozess verhandelt.
»Ha ha«, knurrte Marianne.
»Ihre Vorschläge«, erinnerte Birnbaum sie.
Marianne sammelte sich wieder: »Also, ich hab ganz ähnliche Erfahrungen gemacht wie Herzchen. Das heißt, meine Freundinnen haben dieselben Erfahrungen gemacht wie Herzchens Freundin. Diese Dating-Lines sind zum Teil wirklich, also, da trifft man auf die unmöglichsten Typen. Ich könnte Ihnen einen Haufen Horrorgeschichten erzählen, von dem, was meine Freundinnen da so alles mit fetten, glatzköpfigen und dummdreisten Männern erlebt haben. Aber da wir ja keine Horrorgeschichten wollen, nicht wahr, habe ich gestern schon mal angefangen, alle Internetadressen zusammenzutragen, die die Suchmaschinen ausgespuckt haben. Meine Idee: eine Art Guide für Dating-Lines und den Umgang mit Blind-Dates, damit wir unseren Leserinnen leidvolle Erfahrungen sparen können.«
»Ich verstehe«, sagte Birnbaum anerkennend. » Hier lernen Sie Ihren Traummann kennen: Die zwanzig besten Adressen für einen heißen Flirt . Oder: So vermeiden Sie Enttäuschungen: Zwanzig Fragen vor dem ersten Date.«
Marianne lächelte. Sie hatte ihm seinen »Witz« eingangs offensichtlich verziehen. »Genau. Ich mag die Zahl 20. Das ist mittlerweile so etwas wie ein Running-Gag, mein Markenzeichen.«
»In Ordnung«, sagte Birnbaum und wandte sich ohne weiteren Kommentar an mich. »Johanna Rübenstrunck, richtig?«
Wie immer bei der Erwähnung meines Nachnamens kicherte Marianne schrill auf. Die meisten Menschen finden den Namen ja etwas seltsam, aber nach einer Weile spätestens haben sie sich daran gewöhnt. Nicht so Marianne. Die tat jedesmal so, als hörte sie ihn zum ersten Mal. Ich persönlich hatte nichts gegen meinen Namen, im Gegensatz zu meinen Schwestern. Verena hatte unserem Stiefvater niemals vergeben, dass er uns mit der Adoption auch seinen Namen aufgedrängt hatte, und Toni hatte nichts Eiligeres zu tun gehabt als zu heiraten. Ohne zu zögern hatte sie den Namen Knobloch angenommen, obwohl ich fand, dass sie damit vom Regen in die Traufe gekommen war.
Warum hatte Birnbaum sich eigentlich ausgerechnet meine Person merken können? Wahrscheinlich war es die Kombination merkwürdiger Name plus rote Haare plus Hintern wie Mähdrescher. Unverwechselbar.
Ich sah ihn abwartend an. Was würde jetzt kommen? Ein Witz über meinen Namen oder die roten Haare
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