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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Suppe kochen …«
    »Hopp, hopp, in die Turnschuhe, du Rübe!«, rief Carla. »Denk an Boris!«
    »Tut mir Leid«, sagte ich zu Toni, die mit hängenden Armen und Mundwinkeln die Treppe herabkam. »Ich muss jetzt leider gehen. Aber das Putzwasser ist noch warm …«
    »Ja, danke«, sagte Toni zerstreut. »Vielleicht kann ich ja später noch baden. Jetzt muss ich aber erst mal den verfluchten Hamster finden. Du hast ihn nicht zufällig irgendwo gesehen?«
    Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »In der Kammer riecht es komisch. Vielleicht hat er sich ja da versteckt?«
    »Nein«, sagte Toni. »Der Gestank kommt von der Flasche Milch, die dort ungefähr an Weihnachten ausgelaufen ist. Ein verwester Hamster riecht anders, das kannst du mir glauben. Außerdem ist er ja erst seit heute verschwunden. Ach, Hanna, kannst du nicht noch ein bisschen bleiben? Ich würde so gern mal mit einem erwachsenen Menschen reden.«
    »Tut mir Leid, das geht nicht«, sagte ich. »Ich muss wirklich …«
    »Schon klar«, sagte Toni und machte ein unbeschreiblich trauriges Gesicht. »Wir würden ja eh kaum sitzen, da würde schon wieder einer schreien, also, geh ruhig. Wenigstens einer von uns beiden sollte noch einen schönen Abend haben.«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass ich keinen schönen Abend mehr haben würde, aber ich ließ Toni trotzdem allein. Auf den Stufen vor ihrem Haus prallte ich beinahe gegen Justus, ihren Mann. Gott sei Dank! Jetzt würde sie doch nicht alleine sein müssen.
    Justus küsste mich erfreut auf die Wange. »Hallo, Hanna, altes Karriereweib! Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.«
    »Das sagt Toni auch von dir«, sagte ich. Ich würde mich besser fühlen, wenn ich den Schwarzen Peter an ihn weitergereicht hätte.
    »Ja, ich weiß. Aber zur Zeit ist in der Kanzlei die Hölle los«, sagte Justus.
    »Da drinnen auch«, sagte ich. »Wann hast du deine Kinder eigentlich das letzte Mal in wachem Zustand erlebt?«
    Justus lachte. »Die kleinen Racker sind doch permanent wach! Damit ich am Morgen nicht vollkommen erledigt bin, schlafe ich zur Zeit im Gästezimmer. Aber auch da hört man das Gebrüll! Ich sage dir, mit so vielen Kindern wird es nie langweilig. Ich kann’s nur weiterempfehlen.«
    »Meinst du nicht, Toni würde auch gern mal eine Nacht durchschlafen?«
    »Natürlich würde sie das gerne mal«, sagte Justus. »Aber im Augenblick ist daran gar nicht zu denken.«
    »Es sei denn, du würdest mal für sie aufstehen«, sagte ich. Herrgott noch mal.
    »Würde ich ja machen, aber ich kann nun mal nicht stillen. Und im Gegensatz zu Toni muss ich für den nächsten Tag fit sein. Ich verdiene nämlich unseren Lebensunterhalt, und drei Kinder kosten eine Menge Geld. Vor allem, weil sie ja auch mal groß werden und eine solide Ausbildung erhalten sollen.«
    »Ja«, sagte ich. »Weißt du, ich frage mich, ob Toni wirklich so ein Glück mit dir gehabt hat. Wahrscheinlich fragt sie sich das auch.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Justus. »Um ehrlich zu sein, ich glaube nicht, dass Toni sich überhaupt viele Fragen stellt. Ständig beschwert sie sich darüber, dass sie keinen erwachsenen Gesprächspartner hat, und wenn man dann mit ihr über etwas Weltpolitisches reden will, zum Beispiel über Scharon, fragt sie, wo das liegt.«
    »Besser, als wenn sie fragen würde, in welchem Film er mitgespielt hat.« Mein Handy piepste. Carla hatte mir eine SMS geschickt: »hopp, hopp, hopp, alte Ruebe, in die Turnschuhe mit dir!«
    Ich musste los. »Such den Hamster«, sagte ich zu Justus und ging zu meinem Auto. Vom Beifahrersitz lachte mir die Kiste mit dem Kohl, den Zwiebeln, dem Stangensellerie und den Tomaten entgegen.
    Ja, das Leben war herrlich und der Abend noch jung.
    Zu Hause saßen Helena, Philipp und Mama um den Küchentisch herum und hatten Tarot-Karten ausgelegt. Tarot-Karten waren Mamas Leidenschaft. Sie war überzeugt, ein echtes Medium zu sein.
    »Wie schön, ihr lernt!«, sagte ich, während ich meinen Karton auf der Arbeitsplatte abstellte. »Wann schreibst du noch mal deine Klausur über obskure Zukunftsvoraussagetechniken, Philipp?«
    »Pschschscht«, machte meine Mutter. »Ich muss mich konzentrieren.« Und dann sagte sie etwas von drei Schwertern in der Vergangenheit, die auf Helenas schwere Kindheit hindeuteten, und dem Hohepriester, der ihre Eltern und deren seelische Blockaden symbolisierte.
    »Deine Mutter hat’s echt voll drauf, ey«, flüsterte Helena begeistert. »Das ist alles genau

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