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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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ist Ihnen das mal aufgefallen?)
    Als ich gehen wollte, kam gerade meine Mutter mit einer Auflaufform zur Tür hinein. »Das ist vom Mittagessen übrig geblieben. Tofuauflauf mit Blattspinat und gerösteten Sonnenblumenkernen. Damit Philipp mal wieder was in den Magen bekommt.« Letzteres sollte wohl ein versteckter Vorwurf sein, aber er traf mich nicht: Es ist immer noch besser, nichts zu essen als etwas von dem, was meine Mutter gekocht hat.
    Ich sah auf die braun-grünliche Masse in der Auflaufform und sagte: »Da wird er sich aber unheimlich drüber freuen, Mama.«
    Meine Mutter betrachtete mich von Kopf bis Fuß. »Du hast dich ja so fein gemacht. Gehst du zu den Weightwatchers?«
    »Ja, wenn du Sonja, Carla und Vivi so nennen willst«, sagte ich.
    Mama legte mir eine Hand auf den Arm. »Weißt du, ich finde das wunderbar, dass du abnehmen willst, Schätzchen. Natürlich lieben wir dich alle so wie du bist, ganz gleich, wie du auch aussehen magst. Aber wenn du dich mit zehn, zwanzig Kilo besser fühlst, dann stehen wir dir nicht im Weg. Und es ist auch völlig in Ordnung, dass du im Augenblick nur an dich selber denkst, auch wenn dein Bruder deine Hilfe weiß Gott nötig hätte. Wirklich, ich habe dafür vollstes Verständnis, und ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich dir Vorwürfe gemacht habe. Du hast jetzt eine Menge aufzuarbeiten: Warum du überhaupt so dick geworden bist und welcher Teil deiner Persönlichkeit dafür verantwortlich ist. Weißt du, es ist gut möglich, dass du diese Last noch aus einem früheren Leben mit dir herumschleppst. Du warst schon als Baby so verfressen. Goldig, aber verfressen. Wenn ich dich gelassen hätte, hättest du den ganzen Tag an meiner Brust gehangen … Möglicherweise hast du in einem früheren Leben Hunger gelitten und beschlossen, das nie wieder erleben zu müssen. Du solltest eine Rückführung machen, um der Sache auf den Grund zu gehen.«
    »Ja, sicher«, sagte ich. »Wenn ich mal Zeit habe, komme ich gerne darauf zurück.«
    Rosito war kein Vier-Sterne-Restaurant, aber schon eines der gehobeneren Kategorie. Die Tischdecken waren blütenweiß, Besteck und Gläser blinkten stets makellos, und die Blumenarrangements waren geschmackvoll und teuer. Carla hatte einen Tisch im vorderen Bereich reserviert, von dem aus man sowohl die Tür als auch die anderen Tische gut im Blick hatte. Carla, Vivi und Sonja saßen schon dort, und sie hatten mir den besten Platz freigehalten.
    »Boris ist noch nicht da«, sagte Carla, als sie meinen prüfenden Blick sah, jenen gewissen Rundum-Schwenk, der sonst ihre Spezialität war. »Hier gibt es nur Paare oder Greise, und die lesen alle nur die Speisekarte.«
    »Schön, dass ihr alle gekommen seid«, sagte ich.
    »Ich bitte dich, das war doch Ehrensache«, sagte Sonja. »Du siehst gut aus. Hast du schon was abgenommen?«
    »Ich finde auch, du siehst schon schlanker aus«, sagte Carla. »Schade, dass du keine Waage hast, dann wüssten wir’s genau.«
    »Schwarz macht schlank«, sagte Vivi. »Und die hohen Absätze strecken ungemein. Solltest du öfter anziehen.«
    Ich war froh, dass sie offenbar beschlossen hatte, wieder mit mir zu sprechen. »Was macht dein neuer Job?«, fragte ich sie, und ihr Gesicht verdüsterte sich.
    »Ich habe heute den Vertrag unterschrieben«, sagte sie. »Und Montag fange ich an. Ich werde per Telefon lauter tolle Männer in Overalls, die ihre Bierbäuche wunderbar zur Geltung bringen, quer durch die Stadt dirigieren, von einem verstopften Klo zum nächsten. Es ist ein sehr verantwortungsvoller Posten, den ich ganz alleine dir zu verdanken habe, Hanna.«
    »Ich finde, allmählich ist genug Asche über mein Haupt gestreut worden«, sagte ich. »Mehr als entschuldigen kann ich wirklich nicht. Ich hätte wissen müssen, dass dein Wecker nicht funktioniert.«
    »Schon gut«, seufzte Vivi. »Ich habe dir ja längst verziehen. Es ist eben mein Schicksal, Single zu bleiben und miese Jobs zu machen. Und ab und an mit meinem Exfreund zu schlafen. Obwohl, ich bin mir nicht sicher, ob Max sich noch mal melden wird: Beim letzten Mal war ich so pleite, dass ich ihm kein Geld leihen konnte.«
    »Keine Sorge, wenn Max hört, dass du wieder einen Job hast, wird er schon wieder auftauchen«, sagte Sonja tröstend.
    Der Kellner kam, und ich bestellte ein Mineralwasser und ein Glas Rotwein.
    »Nein«, sagte Carla und lächelte den Kellner entschuldigend an. »Sie nimmt keinen Rotwein. Sie hat vergessen, dass sie gerade

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