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Luegen haben huebsche Beine

Luegen haben huebsche Beine

Titel: Luegen haben huebsche Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nell Dixon
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doch wären wir in der Lage, es so einzurichten, dass du dir das Schloss und die Ländereien am Wochenende ansehen könntest, wenn du magst.«
    Ich stieß einen erleichterten Seufzer aus, weil Charlie mir mit ihrer Antwort zuvorkam. Ich hatte meiner Schwester noch nicht viel darüber erzählt, doch machte ich mir langsam Sorgen, dass der Blitzschlag, den ich ein paar Wochen zuvor erlitten hatte, irgendetwas Komisches mit mir angestellt hatte. Seither schien ich nicht mehr in der Lage zu sein, etwas anderes zu sagen als die Wahrheit. Das konnte sich in unserem Arbeitsfeld äußerst nachteilig auswirken. Bei dem Streit in der Damentoilette hatte ich erstmals versucht, das Thema Charlie gegenüber anzuschneiden.
    Ich nehme mal an, aus heiterem Himmel auf einer belebten Hauptstraße eine gewischt zu bekommen könnte als Naturkatastrophe gewertet werden. Vielleicht sogar als eine Art von Bestrafung für all die Verbrechen, die ich begangen hatte. Ich kann versichern, dass es überhaupt nicht angenehm war, wieder zu Bewusstsein zu kommen und einen uralten, stinkenden Taxifahrer dabei zu erwischen, wie er bei mir unter den Augen von jeder Menge Schaulustigen eine Mund-zu-Mund-Beatmung vornahm. Mein goldener Ohrring, mein Lieblingsohrring, war geschmolzen. Ich hatte eine merkwürdige Narbe an meinem Hals, und mein Kopf fühlte sich an, als hätte jemand mein Hirn gekocht.
    Charlie war nicht begeistert gewesen, als mein Foto in sämtlichen Zeitungen erschien. Sogar in den Abendnachrichten hatten sie einen kurzen Bericht gebracht. Die Handtasche, die ich an dem Tag bei mir gehabt hatte – und das meiste von dem, das sie enthielt –, gehörten einer Person, die wir für unseren letzten Job erfunden hatten. Für die Öffentlichkeit war das Opfer des Blitzschlags Henrietta Jones gewesen, eine zweiundzwanzigjährige Kunstrestauratorin.
    Just in diesem Augenblick verspürte ich ein sonderbares Prickeln auf meiner Kopfhaut. Ein sicheres Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmte. Während Charlie weiterhin damit beschäftigt war, die Vorzüge von Großonkel Edwards Schloss darzulegen, ließ ich meine Augen durch den Raum schweifen, um nach dem Grund der Warnung zu suchen. Ein großgewachsener Mann stand am Ende der Bar und hatte eine Flasche Bier vor sich stehen. Er sah gut aus, aber nicht so gut, dass man sich den Hals nach ihm verrenkte. Unsere Blicke trafen sich, und mir rann ein Schauer über den Rücken.
    Er verzog die Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln, hob dabei die Flasche und führte sie an seine Lippen. Er war von der Polizei, das konnte ich riechen, und attraktiv oder nicht, Polizei war immer gleichbedeutend mit Stress. Zeit zu verschwinden. Charlie und ich benutzten abgesprochene Phrasen, um einander zu warnen, wenn wir den Eindruck hatten, dass etwas nicht stimmte.
    Ich unterbrach ihre langatmigen Ausführungen mit: »Verzeihen Sie, Lady Charlotte, aber ich glaube, Ihr Vetter Nigel wird Ihnen heute noch einen Besuch abstatten.«
    Sie ging sofort auf den Hinweis ein, indem sie auf ihre winzige goldene Armbanduhr blickte und einen leicht bestürzten Ton von sich gab. »Oh, wie konnte ich das nur vergessen? Du wirst mich entschuldigen, Freddie, nicht wahr? Du weißt, dass ich es wiedergutmachen werde.« Sie machte einen Schmollmund wie ein Schulmädchen – eines ihrer Markenzeichen – und fuhr dabei verführerisch mit der Hand über seinen Arm. »Ich rufe dich später wegen der Einzelheiten für deinen Besuch in Manytown an.« Sie stellte ihr leeres Glas auf den Tisch und erhob sich.
    Freddie stand sofort auf, und sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange, wobei sie eine winzige Spur ihres tiefroten Lippenstifts hinterließ. Der Mann an der Bar beobachtete unser kleines Drama mit einem Hauch von Erheiterung in den Augen, als wisse er genau, warum wir so plötzlich aufbrachen. Ich hatte das unbehagliche Gefühl, dass er jedes Detail unserer Begegnung in seinem Hirn abspeicherte, damit er es schon bald als Beweismittel gegen uns verwenden konnte.
    Charlie zog die Aktenmappe mit den Einzelheiten über das Schloss aus Freddies fetten kleinen Händen und gab sie mir zurück. Es brachte keinen Segen, Dinge zurückzulassen, erst recht keine Dinge, auf denen möglicherweise unsere Fingerabdrücke zu finden waren. Freddie begleitete uns zum Haupteingang, wo der Portier eines der bereitstehenden Taxis herbeiwinkte. Charlie gelang es, einem »Mitten-auf-den-Mund«-Abschiedskuss von Freddie seitlich auszuweichen, und wir

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