Lügen haben hübsche Beine
Cloe.«
Craig grinste. »Nun, ich vermute mal sie hatte es wirklich verdient.«
»Trotzdem, ich hätte mich besser beherrschen sollen«, gab Jill reumütig zu und erzählte ihm kurz, wie Cloe sich seit ihrer Ankunft aufgeführt hatte und was am Nachmittag zuvor passiert war. »Ich will sie nicht anschwärzen, aber gestern war das Maß einfach voll.«
»Ich verstehe dich, vermutlich hätte ich das Gleiche getan. Aber Harriet hat dich jetzt auf dem Kieker, und du darfst dir nichts mehr erlauben«, betonte er ernst. »Wenn wieder etwas vorfällt, weiß ich nicht, ob ich dich nochmal beschützen kann.«
Entgeistert starrte Jill ihn an, begriff, dass sie es offensichtlich ihm zu verdanken hatte, dass sie nicht rausgeflogen war.
»Aber – du sollst dich nicht für mich einsetzen, das will ich doch gar nicht«, sagte sie unglücklich.
»Ich weiß, aber ich tue es trotzdem.«
Für ein paar Sekunden schaute er sie mit einem seltsamen Lächeln an, dann wandte er sich ab und begann in Richtung Ufer zu schwimmen.
»Wer zuerst am Strand ist«, rief er ihr über die Schulter zu, und kopfschüttelnd versuchte Jill ihn einzuholen.
Am nächsten Morgen setzte Harriet wieder ein Lauftraining an. Unerbittlich trieb sie die Mädchen an, die sich alle Mühe gaben, so elegant wie möglich auf den Highheels dahin zu schreiten und nicht zur Zielscheibe von Harriets spitzen Kommentaren zu werden.
Auch Jill strengte sich zum ersten Mal richtig an, sie wollte nicht, dass Craig noch einmal in die Verlegenheit kommen würde, für sie Partei zu ergreifen. Zwar war ihr in keinster Weise daran gelegen, das nächste »Super-Model« zu werden, aber sie wollte ebenso wenig ausscheiden.
Gegen Mittag gönnte Harriet ihnen eine kurze Pause, dann war wieder Joggen angesagt. Unter Ächzen, Stöhnen und Jammern machten sich die Mädchen auf den Weg und Jill war dankbar, dass sie genug Kondition besaß, um die Trainings ohne große Anstrengung zu überstehen. Es dauerte nicht lange, bis sie sich von der Gruppe abgesetzt hatte und ein Stückchen vorausgelaufen war. Nach einer Weile hörte sie Schritte hinter sich, und noch bevor er bei ihr war, wusste Jill, dass es Craig war.
»Hey«, lächelte er, als er auf ihrer Höhe war, »wie sieht es mit einem kleinen Wettlauf aus?«
»Dass ihr Männer euch ständig beweisen müsst«, zog Jill ihn auf. »Na gut – wer zuerst an der Villa ist?«
»In Ordnung – ein Abendessen für den Gewinner?«
Jill nickte und sie zogen ihr Tempo ein bisschen an, allerdings nicht zu sehr, da ihnen klar war, dass sie noch ein gutes Stück Weg vor sich hatten. Irgendwann lag Craig ein paar Schrittlängen vor ihr, drehte sich während des Laufens immer mal zu ihr um und grinste. »Schwächelst du schon?«
»Ich will dich nur in Sicherheit wiegen.«
An einer Wegbiegung war Craig gerade um die Ecke verschwunden, als plötzlich ein Stechen durch Jills Wade fuhr.
»Ah, verdammt«, fluchte sie und blieb stehen, rieb sich ihr schmerzendes Bein.
Sekunden später war Craig wieder bei ihr. »Hast du dir weh getan?« fragte er besorgt.
»Nein, nur ein Krampf.«
»Setz dich hin«, befahl er, und Jill humpelte gehorsam an den Wegrand, ließ sich dort ins Gras fallen. Craig kniete sich hin und begann ihre Wade zu massieren, und tatsächlich löste sich der Schmerz langsam auf.
»Daran ist nur die blöde Lauferei in diesen Stöckelschuhen schuld«, murrte Jill, »Ich hasse diese Dinger.«
»Nun, das kommt ganz auf die Beine an, die darin stecken«, lächelte er und lockerte seinen anfänglich festen Griff, ließ ihn allmählich in ein fast sanftes Streicheln übergehen.
Jill hielt die Luft an, es fühlte sich an als würden tausend kleine Ameisen von seinen Fingern aus über ihr Bein nach oben krabbeln. Für einen Moment schloss sie die Augen, genoss das Gefühl seiner Hände auf ihrer Haut.
Irgendwann drang das leise Getrappel von Schritten in ihr Bewusstsein, und erschrocken zog sie ihr Bein weg.
»Es geht schon wieder«, sagte sie hastig.
Craig hatte es offenbar auch gehört, er war im gleichen Augenblick aufgestanden.
»Komm!« Er reichte ihr die Hand, zog sie vom Boden hoch, und kurz darauf setzten sie in gemächlichem Tempo und schweigend ihren Weg fort. Jill wagte es nicht, ihn anzusehen. Sie hoffte, dass er nicht bemerkt hatte, welche Gefühle seine Hände in ihr ausgelöst hatten; sie wollte nicht, dass er sich über sie lustig machte.
Nach einer Weile kamen sie an der Villa an.
»Na gut, ich würde sagen ‚Unentschieden‘«,
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