Lügen haben hübsche Beine
Fensterplatz ein paar Reihen hinter Sophie und Emily. Kurz darauf trudelte auch die Crew ein, und der Bus fuhr los.
Jill sah eine Weile aus dem Fenster, dann schloss sie die Augen, dachte an Craig und träumte vor sich hin. Plötzlich klingelte ihr Handy und riss sie aus ihrer Trance.
Hektisch kramte sie in ihrer Tasche, bis sie das winzige Gerät endlich gefunden hatte.
»Ja?«, meldete sie sich zögernd, als sie auf dem Display die Nummer ihrer Mutter sah.
»Jill«, tönte die Stimme von Alice Moore aufgeregt an ihr Ohr, »es ist ja wirklich nicht leicht, dich mal zu erreichen.«
»Hi Mom«, sagte sie leise. »Tut mir leid, aber ich habe das Handy meistens aus.«
»Du könntest dich ja ruhig auch mal melden«, sagte Alice Moore vorwurfsvoll.
»Ich weiß, es tut mir leid.«
»Na wie auch immer, auf jeden Fall wollte ich hören, wie es dir geht. Ich habe mir gestern Abend die Sendung angeschaut – wie konntest du mit diesem Schauspieler denn bloß so herumknutschen?«
»Das war doch kein richtiger Kuss«, versuchte Jill sie zu beschwichtigen.
»Du brauchst es gar nicht abzustreiten«, ereiferte ihre Mutter sich weiter. »Dieser Kerl hat dir die Zunge in den Mund geschoben, und dir schien es sogar Spaß zu machen. Ich habe es genau gesehen.«
»Mom, er hat mir nicht die Zunge in den Mund geschoben«, verteidigte Jill sich heftig, und wurde dabei ungewollt etwas lauter.
Sie bemerkte, dass Craig, der eine Reihe vor ihr auf der anderen Seite saß, sich zu ihr umdrehte und belustigt grinste.
Demonstrativ drehte sie ihm den Rücken zu, und fuhr leiser fort: »Und es hat mir auch keinen Spaß gemacht, was glaubst du, warum ich ihn in den Pool geschubst habe?«
»Dieser widerliche Kerl, er hat es nicht anders verdient«, kommentierte ihre Mutter schadenfroh Pats Vollbad. Dann kam sie auf das nächste Thema. »Und überhaupt – dieses Wochenende in Las Vegas, was dir da alles zustoßen kann. Die Stadt ist ein Sündenpfuhl, dort wimmelt es nur so von zwielichtigen Gestalten. Wie kann man denn drei junge Frauen da einfach alleine hinschicken?«
»Wir sind nicht alleine, Mom. Die Jury und noch zwei andere Crewmitglieder sind ebenfalls dabei. Uns wird schon nichts passieren.«
»Die Jury, pah. Wenn ich nur diesen Drachen Harriet sehe – diese Frau geht doch über Leichen, die würde ihre eigene Großmutter verkaufen. Und die beiden Kerle sind mir auch nicht sympathischer, allein diese lüsternen Blicke von diesem feisten Mick.«
Angesichts dieser sehr charakteristischen Beschreibung ihrer Mutter gelang es Jill nur mit Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.
»Und dieser dunkelhaarige, unrasierte Schönling ist bestimmt ebenfalls hinter jedem Rock her – nimm dich bloß vor ihm in acht«, fuhr Alice Moore jetzt ungerührt fort, und Jill zuckte zusammen.
»Ja Mom, das werde ich«, seufzte sie dann, während sie sich fragte, was ihre Mutter wohl sagen würde, wenn sie wüsste, welche Gefühle ihre Tochter für diesen »Schönling« hegte. Aber glücklicherweise würde sie das nie erfahren.
»Diese Typen wollen alle immer nur das Eine«, lamentierte Alice weiter, »Ich mache mir solche Sorgen um dich.«
»Mom, entspann dich, ich werde mich mit niemandem einlassen«, betonte Jill. »Ich muss jetzt Schluss machen, ich sitze im Bus und wir sind gleich am Flughafen.«
»Jill, willst du nicht doch lieber nach Hause kommen?«
»Das geht nicht. – Also Mom, machs gut.«
Sie musste noch versprechen, sich nach dem Wochenende zu melden, dann beendete sie das Gespräch und atmete erleichtert auf. Ihre Mutter meinte es sicher gut, aber diese dauernden Diskussionen waren äußerst nervig.
Als sie das Handy zurück in die Tasche steckte, sah sie, dass Craig nach wie vor schmunzelte, und ihr war klar, dass er jedes Wort mitbekommen hatte.
Sofort fiel ihr der wohlmeinende Ratschlag ihrer Mutter wieder ein, und im gleichen Augenblick wurde ihr bewusst, dass es dafür längst zu spät war.
Wenig später erreichten sie den Flughafen, gaben ihr Gepäck auf, und nach der üblichen Wartezeit wurde ihr Flug aufgerufen und sie gingen an Bord.
Es war eine kleine Maschine, mit jeweils zwei Sitzen rechts und links des Gangs. Sie hatten ihre Plätze alle auf einer Seite. Mick platzierte sich sofort neben Harriet, Joel und Ewan setzten sich dahinter. Aufgeregt und kichernd ließen sich Emily und Sophie hinter ihnen nieder, also setzte Jill sich auf den Fensterplatz in der nächsten Reihe. Ein paar weitere Passagiere liefen an ihnen vorbei, dann erschien
Weitere Kostenlose Bücher