Lügen haben hübsche Beine
die Wohnung, Jill schloss die Tür und folgte ihr dann ins Wohnzimmer.
Sofort ging die übliche Litanei wieder los. »Du hattest mir doch versprochen, mich nach dem Wochenende in Las Vegas anzurufen – ich habe mir solche Sorgen gemacht. Dir hätte ja weiß Gott was passieren können.«
»Es tut mir leid, ich hab‘s vergessen. Aber wie du siehst, geht es mir gut, und es ist auch nichts passiert«, betonte Jill, und setzte den Satz in Gedanken fort: »… außer dass ich mit dem unrasierten Schönling im Bett gelandet bin.«
»Ich hatte schon die schlimmsten Bilder im Kopf«, lamentierte Alice Moore weiter. »Überfallen, entführt, ausgeraubt, vergewaltigt …«
»… dabei brauchte er gar das gar nicht, ich habe es ganz freiwillig getan«, dachte Jill sarkastisch.
»Und überhaupt, diese Sendung gestern war ja schrecklich. Diese Ledersachen, und dann hattest du noch nicht mal etwas drunter außer diesem winzigen, durchsichtigen BH. Ich fand die Fotos scheußlich.«
»… aber dem Schönling haben sie gefallen«, schoss es Jill durch den Kopf, und im gleichen Moment fragte sie sich, ob sie gerade anfing durchzudrehen.
»Mom, können wir es kurz machen? Ich habe nicht so viel Zeit«, versuchte sie sich wieder auf ihre eigentliche Mission zu konzentrieren.
Alice Moore runzelte die Stirn. »Wieso? Hast du etwas vor?«
»Ich … ich muss noch einkaufen, mein Kühlschrank ist komplett leer.«
»Hätte ich gewusst, dass du kommst, hätte ich das tun können. Aber du kannst doch auch bei mir essen, du weißt, wie gerne ich für dich koche.«
»Das geht nicht«, wehrte Jill hastig ab, »ich muss eine spezielle Diät machen.«
»So ein Unfug, du bist so dünn, was willst du denn mit einer Diät?«, regte ihre Mutter sich sofort auf. »Haben diese Fernsehfritzen dir das eingeredet? Von denen soll mir bloß mal einer über den Weg laufen.«
»… was hoffentlich nicht heute geschehen wird«, betete Jill stumm.
»Nein«, sagte sie laut, »es geht nur um bestimmte Nährstoffe für meine Kondition. Also Mom, wie wäre es, wenn wir morgen telefonieren, und ich erzähle dir alles in Ruhe?«
Misstrauisch schaute Alice ihre Tochter an. »Willst du mich etwa loswerden?«
»Quatsch, natürlich nicht«, wehrte Jill ab, und fügte im Stillen hinzu: »Ich möchte nur, dass du jetzt schnell wieder gehst.«
»Mom, wie gesagt, ich bin ein bisschen in Eile«, betonte sie dann nochmals.
»Na gut, wie du willst«, sagte ihre Mutter gekränkt. »Ich weiß nicht, was mit dir los ist, seit du in dieser Show mitmachst, bist du total verdreht.«
»… wohl eher total verliebt«, korrigierte Jill insgeheim, und brachte ihre Mutter zur Tür.
»Also Mom, wir hören uns morgen.«
»Ach Kind, ich mache mir solche Sorgen«, seufzte Alice noch einmal und umarmte Jill.
»Das brauchst du nicht, es ist alles in bester Ordnung.«
Jill gab ihr einen Kuss auf die Wange, schob sie dann behutsam hinaus und drückte die Tür zu.
Auf wackeligen Beinen stolperte sie zurück ins Wohnzimmer, ließ sich auf die Couch fallen und atmete ein paar Mal tief ein und aus.
»Okay Jill, entspann dich, du hast es geschafft«, murmelte sie erleichtert vor sich hin. »Sie ist weg, und du kannst in Ruhe dein Wochenende mit Craig genießen. Morgen rufst du sie an, beruhigst sie ein bisschen, und alles ist gut.«
Immer noch leicht aufgelöst stand sie wieder auf, ging in die Küche und nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Sie riss den Deckel von der Dose und kippte in hastigen Zügen die Hälfte davon herunter. Den Rest ließ sie auf dem Küchentisch stehen und tappte dann zurück ins Wohnzimmer.
»Puh, das tut gut«, seufzte sie zufrieden, als sie kurz darauf spürte, wie der Alkohol sich warm in ihr ausbreitete.
Allmählich entspannte sie sich etwas, und sie begann, sich auf das Wochenende mit Craig zu freuen.
»Wir könnten ins Kino gehen«, überlegte sie, »oder uns die Kunstausstellung im Museum anschauen.« Aber dann fiel ihr ein, dass man sie mit Sicherheit erkennen würde, und dass sie nicht zusammen gesehen werden durften. »Auch gut, dann eben gemütlich auf der Couch kuscheln, oder im Bett …«
Die Türglocke riss sie aus ihren Träumen, und voller Vorfreude eilte sie in den Flur und öffnete.
Wie erwartet stand Craig vor ihr und lächelte sie an. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen, doch dann dachte sie an Mrs. Atkins. Bestimmt hatte sie gesehen, wie er das Haus betreten hatte, und klebte jetzt mit Sicherheit am Türspion, also zog sie ihn rasch nach
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