Lügen haben hübsche Beine
saßen sie im Auto von Mandys Freund Oliver und fuhren in Richtung Lakeside.
Jill wurde direkt vor ihrer Haustür abgesetzt. Nachdem sie mit Mandy noch eine Uhrzeit für die Rückfahrt am Sonntag vereinbart hatte, stieg sie aus und betrat vergnügt das gepflegte Appartementhaus. Die Aussicht auf ein ruhiges Wochenende in ihren vier Wänden erschien ihr himmlisch, und sie summte leise vor sich hin. Ihre gute Laune verschwand jedoch schlagartig, als sie ihre Wohnungstür aufschloss und im gleichen Moment hörte, wie gegenüber die Tür von Mrs. Atkins aufging.
»Ach, da ist ja das aufstrebende Mannequin«, begrüßte die Nachbarin sie scheinheilig, »Ich freue mich ja so, dich zu sehen.«
Am liebsten hätte Jill ihr gesagt, dass diese Freude keineswegs auf Gegenseitigkeit beruhte. Doch ihre Mutter und Phyllis Atkins waren schon seit vielen Jahren befreundet, und sie hatte es Mrs. Atkins Fürsprache zu verdanken gehabt, dass sie diese Wohnung hier bekommen hatte. Also verkniff sie sich eine patzige Bemerkung und lächelte ebenso scheinheilig zurück.
»Hallo Mrs. Atkins.«
»Seit ich weiß, dass du an diesem Wettbewerb teilnimmst, schaue ich mir jede Sendung an«, versuchte die Alte das Gespräch zu vertiefen.
»Darauf möchte ich wetten«, dachte Jill sarkastisch.
»Das freut mich«, sagte sie dann laut, »Aber ich habe jetzt leider nicht viel Zeit mich zu unterhalten, ich muss dringend auf die Toilette.«
»Wie schade, ich hätte so gerne erfahren, wie du dich fühlst, so spärlich bekleidet vor all den Kameras und Zuschauern«, fuhr Mrs. Atkins fort.
»Das dachte ich mir«, murmelte Jill, die insgeheim schon darauf gewartet hatte, dass die Nachbarin dieses Thema ansprechen würde. »Wie gesagt, ich muss ganz dringend …«
»Natürlich, dann vielleicht ein anderes Mal. Und du wirst doch bestimmt deine Mutter besuchen, grüß sie schön von mir.«
»Das wirst du alte Klatschtante sicherlich gleich selbst erledigen«, schoss es Jill durch den Kopf.
»Ja sicher, das mache ich«, nickte sie höflich, und verschwand blitzartig in ihrer Wohnung.
»Puh«, schnaufte sie, während sie ihren Koffer abstellte und die Schuhe auszog, »die hat mir gerade wieder gefehlt.«
Ihr war klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihre Mutter hier auftauchen würde, denn dass Mrs. Atkins sie jetzt sofort anrufen würde, war so sicher wie das Amen in der Kirche.
Seufzend ging sie ins Schlafzimmer, tauschte Jeans und Shirt gegen eine alte, aber bequeme Jogginghose und ein ausgeleiertes Sweatshirt, und streifte dann noch ein Paar dicke Wollsocken über die Füße.
»Gemütliches Wochenende, ich komme«, rief sie übermütig, und ging in die Küche, um sich einen Tee zu machen. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, warf sie einen raschen Blick in den Kühlschrank. Sie stellte fest, dass dieser bis auf eine tiefgefrorene Familienpizza, ein paar Dosen Bier und Cola und einem Glas Marmelade gähnende Leere vorwies. Ihr fiel wieder ein, dass sie vor ihrer Abfahrt in die Villa alles ausgeräumt und entsorgt hatte, und sie zuckte unbekümmert mit den Schultern.
»Egal, dann gibt es eben Pizza, einkaufen gehen kann ich morgen.«
Heute würde sie nichts anderes tun, als faul auf der Couch herumzuliegen, ein wenig lesen und sich vom Fernseher berieseln zu lassen.
In der hintersten Ecke des Küchenschranks fand sie noch eine angebrochene Packung Schokoladencookies. Sie klemmte sich die Schachtel unter den Arm, nahm ihren Tee und machte es sich im Wohnzimmer auf dem Sofa bequem.
Keine fünf Minuten später klingelte ihr Handy.
»Das wird bestimmt Mom sein«, dachte sie unbehaglich, und stellte sich innerlich bereits auf eine Reihe von Vorwürfen ein. Sie kramte das Gerät aus ihrer Tasche und nahm den Anruf an, ohne einen Blick auf das Display zu werfen.
»Bevor du mir jetzt wieder den Kopf abreißt – ich hätte dich sowieso noch angerufen«, sprudelte sie heraus. »Aber mir war ja klar, dass dieser Drachen Atkins dir garantiert gleich berichtet, dass ich zu Hause bin.«
Einen Augenblick war es still in der Leitung, dann hörte sie ein sonores Lachen.
»Schön, dass du mich anrufen wolltest, ich dachte schon, du hättest dich einfach so aus dem Staub gemacht.«
»Craig«, entfuhr es ihr überrascht.
»Höchstpersönlich. – Du bist also zu Hause.«
»Ja, ich dachte, es würde mir guttun, mich mal ein bisschen von dem ganzen Trubel zu erholen«, sagte sie zögernd.
»Da hast du sicher recht«, stimmte er zu, »Obwohl diese nette
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